Immer häufiger trifft man in den sozialen Medien auf unterhaltsame Literaturblogs. Junge Menschen teilen ihre Leseerlebnisse, empfehlen und rezensieren Bücher, und/oder berichten von ihren eigenen Schreiberfahrungen. Wir wollen wissen: Was treibt sie an? Wohin soll der Weg gehen? Und welch einen Stellenwert hat die Literatur auf Plattformen wie Instagram und Twitter? In unserem ersten Interview sprechen wir mit Belle, die Betreiberin des Blogs "belle.novelle" ist.
Lesering: Hallo Belle! Du bist Betreiberin des Blogs "belle-novelle". Kannst du uns kurz erklären, um was für ein Projekt es sich dabei handelt?
Belle: Als ich den Blog vor gut einem Jahr erstellte, verfolgte ich die Intention, meinen Weg als Schriftstellerin zu dokumentieren. Ich wollte Kurzgeschichten und Lyrik zum Lesen zur Verfügung stellen und erhoffte mir ein Feedback. Durch Instagram (belle.novelle) wurde ich jedoch auch dazu inspiriert Buchrezensionen zu verfassen. Gegenwartsliteratur, die man direkt beim Betreten eines Buchladens erblickt, Lyrikbände, Biografien und Klassiker … Auf meinem Blog findet man Bücher, die mein Interesse erweckt haben.
Lesering: Wann und wie wurde diese Begeisterung für Literatur geweckt?
Belle: Die erste Berührung mit Literatur war sehr holprig und ich muss sogar gestehen, dass ich Bücher als meinen Feind angesehen habe. In der Schule machte sich bereits zu Beginn eine Lese- Rechtschreibschwäche bemerkbar. Ich verdrehte Buchstaben und konnte Worte nur mit großer Mühe lesen. An einem Nachmittag, es war in der sechsten Klasse, sortierte ich die Bücher meiner Mutter. Ein Lyrikband von Goethe ließ mich verharren und ich schlug ihn auf. „Der Zauberlehrling“ begeisterte mich. Ich schrieb das Gedicht in ein kleines Notizbuch. In den darauffolgenden Wochen ergänzte ich mein Büchlein um weitere Gedichte und lernte sie auswendig. Das war wahrscheinlich der kleine Beginn meiner großen Leidenschaft für Lyrik und später auch – zwei bis drei Jahre mussten aber noch vergehen – meiner Liebe zu Romanen.
Lesering: Am Anfang sprachst du von deinem Weg als Schriftstellerin. Du bist also als Autorin tätig?
Belle: Ja. Dieses Jahr habe ich meinen ersten Roman geschrieben, der nun ein Zuhause bei einem Verlag sucht. Das Schreiben ist, genau wie das Lesen auch, ein großes Abenteuer und eine absolute Leidenschaft von mir.
Lesering: In der Vergangenheit war häufig von einer immer inkonsistenter werdenen Leserschaft die Rede. Auch die Präsidentin des deutschen PEN, Regula Venske, plädierte kürzlich für mehr Leseförderung. Du hast – nehmen wir mal an – viel Kontakt zu jungen Leser*innen. Wie ist dein persönlicher Eindruck bezüglich der Leselust junger Leute?
Belle: Tatsächlich sind die Leser meines Blogs eher mittleren Alters, daher kann ich nur das beurteilen, was ich auf anderen Blogs und in meinem privaten Umfeld beobachte. Bei jüngeren Leuten fällt mir vor allen Dingen auf, dass sie nach der Schule gerne Serien schauen. Nach einem langen, anstrengenden Tag möchten sie gerne abschalten und sich nur noch berieseln lassen, was ich sehr gut verstehen kann. Ich sehe daher die Verantwortung in der Politik, Schulen mehr freie Gestaltungsmöglichkeiten im Deutschunterricht zu ermöglichen. Die üblichen Bücher, wie beispielsweise „Faust“ und „Tauben im Gras“, sollten gelesen werden, doch die Gegenwartsliteratur fällt momentan komplett durchs Raster. Das ist fatal, denn besonders Bücher, die verfilmt werden, sind sehr beliebt bei jungen Menschen. Erst das Buch lesen und anschließend zur Belohnung ins Kino oder Zuhause die Serie anschauen. Die Leselust ist da, jedoch fehlt momentan häufig der Raum dafür.
Lesering: Das erinnert mich an eine Aussage Roger Willemsens der einmal meinte, die Auseinandersetzung mit Literatur sei vor allem – und im Gegensatz zu vielen Fernsehprogrammen - „Überforderung“. Glaubst du man wird sich solch einer Überforderung auch in einer immer schneller werdenen Welt zukünftig noch aussetzen?
Belle: Ja, das glaube ich. Durch die immer bessere und schneller werdende Technik hat sich vieles auf der Welt verändert. Arbeiten, die früher einen ganzen Tag gebraucht haben, können heute innerhalb weniger Minuten verrichten werden. Der Mensch versucht mit der Technik mitzuhalten und auch immer mehr und mehr in kurzer Zeit zu bewerkstelligen, doch vergisst dabei, dass der Tag immer noch nur 24 Stunden hat. Die Technik schenkt dem Menschen beispielsweise die Möglichkeit mehr Homeoffice zu machen. Ich glaube, dass wir uns momentan in einer Umbruchsphase befinden. Der Mensch wird wieder zu mehr Ruhe finden, er wird mehr Freizeit haben, mehr Interesse an Bildung und dann ist der Griff zum Buch auch wieder eine Selbstverständlichkeit.
Lesering: Lieblingsautor*innen- Bücher- Genres?
Belle: Texte der Avantgarde inspirieren mich, Hermann Hesses Lyrik lässt mich träumen, Joseph Roths Romane bereiten mir unglaublich viel Freude, Kant lässt mich grübeln und die Gegenwartsliteratur unterhält mich.
Lesering: E-Book oder lieber das gute alte Buch?
Belle: Unbedingt das gute alte Buch. Es gibt nichts schöneres, als gefüllte Bücherregale, der Duft von einem alten Buch und das Gefühl von Papier zwischen den Fingern. Bücher sind voller Erinnerungen.
Lesering: Sind bereits weitere, literarische Projekte in der Planung? Ein Youtube-Kanal oder ähnliches?
Belle: Letztes Jahr verschenkte ich zu Weihnachten eine Weihnachtsgeschichte von mir an tausend Menschen in Köln. Das war eine wunderbare Erfahrung, die ich zukünftig gerne wiederholen würde. Vielleicht auch mit anderen Autoren zusammen. Ideen sind viele da, daher bin ich gespannt was die Zukunft mit den Büchern bringen wird.
Lesering: Wir hoffen das Beste! Belle, vielen Dank für das kurze Interview, und weiterhin viel Lesespaß- und vor allem Erfolg!