Drei Monate sind seit der sogenannten Ibiza-Affäre vergangen, die in Österreich zum Bruch der Regierungskoalition geführt hatte. Nun haben die SZ-Journalisten Bastian Obermayer und Frederik Obermaier, die maßgeblich an der Enthüllung beteiligt gewesen waren, ein Buch geschrieben, in dem sie den Hergang genauer beleuchten.
Prahlen auf Wodka Red Bull: Buch über die Ibiza-Affäre erschienen
„Die Ibiza Affäre“ - so lautet der schlichte Titel des knapp 270-Seiten starken Buches, in dem zwei Journalisten der Süddeutschen Zeitung den Österreich-Skandal aufrollen. Wie der Unterttitel des Buches verrät, handelt es sich dabei vor allem um die "Innenansichten eines Skandals", der mittlerweile weltweit bekannt geworden ist, und Österreich binnen kürzester Zeit in eine regelrechte Krise stürzte.
Die Ibiza Affäre
Begonnen hatte alles mit einem von der Süddeutschen Zeitung und Spiegel Online am 17. Mai 2019 veröffentlichten Videoausschnitt. Darin sind der damalige Vizekanzler der Bundesregierung unter Kurz und Parteivorsitzende der FPÖ, Heinz-Christian Strache, sowie der - ebenfalls bis dahin - Nationalratsabgeordnete und FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus zu sehen. Das Video zeigt ein Treffen der beiden Politiker mit einer angeblichen Nichte eines russischen Oligarchen in einer Villa auf Ibiza. Deutlich wird dabei die Bereitschaft der FPÖ-ler zur Korruption. Strache und Gudenus versuchen die Oligarchennichte dazu zu bringen, ihr Schwarzgeld in die FPÖ zu invesiteren. Wer die Aktion inszeniert und gefilmt hat, ist bis heute unbekannt und wir auch in dem nun erschienenen Buch nicht geklärt.
Videoquelle weiterhin unbekannt
Spannend zu lesen ist es dennoch. Denn hier wird der - insgesamt etwa 10 Monate lang andauernde - Prozess bis hin zur Veröffentlichung des Videos näher beleuchtet. Die Aufnahme selbst dauert über sieben Stunden, bekannt sind davon lediglich sieben Minuten. In dieser kurzen Zeit sehen wir einen prahlenden und Wodak Red Bull trinkenden Heinz-Christian Strache, der sein skrupelloses Verhalten später als "b’soffene G’schicht" runterspielen wird. Die Ausführungen der Journalisten widerlegen Straches Argument, es handelte sich bei seinem Auftreten nur um ein maschohaftes Aufspielen. Sie zeigen: Den gesamten Abend über hatte der Politiker vehement auf seinem Anliegen bestanden: Die Oligarchin soll die österreichsiche Kronen Zeitung kaufen und der FPÖ durch entsprechende Berichtserstattungen dabei helfen ins Bundeskanzleramt einzuziehen.
Im Buch wird der Verlauf des Abends als eine Zeitspanne geschildert, in der Strache immer wieder auf die Oligarchin einredet, sich vorsichtig auf sie zubewegt, Angebote macht, dann wieder zurückweicht. An Prahlerei ist er dabei wohl kaum zu übertreffen. Beziehungen hier, Geschäfte dort. Ein Namedroping-Marathon der Skrupellosen, ein unausgesetztes Wichtigmachen seiner Person. Unter seinen Partnern nennt Strache auch den Pistolenfabrikant Gaston Glock. Alle genannten Personen haben eine nähere Beziehung zum FPÖ-Politiker bereits zurückgewiesen.
Die vermeidliche Investorin spielt ihre Rolle als Lockvogel währenddessen wunderbar. Immer wieder weicht sie zurück und fragt, mit welchen Gegenleistungen sie rechnen könne, wenn die FPÖ denn endlich in der Regierung sei? Strache erwiedert kurz, als Eigentümerin der Kronen Zeitung sei sie ohnehin eine der mächtigsten Frauen im Land. Auf diesen "Krone-Deal" wird Strache, der sich merkwürdigerweise durch das erscheinen des Buches entlastet sieht, später nicht mehr eingehen.
Kurze Zeit nach dem Auftauchen des Videos traten sowohl Heinz-Christian Strache, als auch Johann Gudenus von ihren damaligen politischen Positionen zurück.
Hier bestellen
Topnews
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Karl Ove Knausgård: Das dritte Königreich
Romanverfilmung "Sonne und Beton" knackt Besuchermillionen
Asterix - Im Reich der Mitte
Rassismus in Schullektüre: Ulmer Lehrerin schmeißt hin
14 Nominierungen für die Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues"
"Die Chemie des Todes" - Simon Becketts Bestsellerreihe startet bei Paramount+
Michel Houellebecq und die "Aufstachelung zum Hass"
Das Geheimnis eines Kindes
Die Bestie im Brombeerwald
Die Jagd nach dem Hexenhaar
Mit Einsteins Hilfe auf der Alm
Hauke Rabauke: Räuber mit Herz!
Ein Rachefeldzug, quer durch die Medien
"Agentterrorist": Zeilen aus der politischen Gefangenschaft
Ian McEwan: Wie eine Kakerlake zum Regierungschef wird
Der Alptraum im "Weißen Haus"
Robert Mensasse - Ein Engagierter Europäer
Panama Papers: Die Kanzlei der Bösen
Tauben mit Superkräften
Schweinehund, Zimtzicke und Co
Mit "Mücke-Power" durch die Arktis
Das Geheimnis der Engelsschwestern
Aktuelles
„Nebel und Feuer“ von Katja Riemann – Wie vier Frauen inmitten der Krisen unserer Zeit Gemeinschaft, Mut und Sinn finden
Der Pinguin meines Lebens – von Tom Michell - Buch & Filmstart 2025: Rezension einer besonderen Freundschaft
„Mama, bitte lern Deutsch“ von Tahsim Durgun – TikTok trifft Literatur
"The Loop – Das Ende der Menschlichkeit“ von Ben Oliver: Was passiert, wenn Künstliche Intelligenz den Wert des Lebens bestimmt?
„Déjà-vu“ von Martin Walker – Brunos siebzehnter Fall und die Schatten der Geschichte
„Der Besuch der alten Dame“ – Wie Dürrenmatts Klassiker den Preis der Moral entlarvt
„Der Hundebeschützer“ von Bruno Jelovic – Wie aus einem Fitnessmodel ein Lebensretter für Straßenhunde wurde
Für Martin Suter Fans: „Wut und Liebe“ -Wenn Gefühle nicht reichen und Geld alles verändert
„Rico, Oskar und die Tieferschatten“ – Warum Andreas Steinhöfels Kinderbuchklassiker so klug, witzig und zeitlos ist
Abschied: Peter von Matt ist tot
„Hoffe: Die Autobiografie“ von Papst Franziskus – Was sein Leben über die Welt von heute erzählt
„Hunger und Zorn“ von Alice Renard – Was der stille Debütroman über Einsamkeit und Empathie erzählt
»Gnade Gott dem untergeordneten Organ« – Tucholskys kleine Anatomie der Macht
Ein Haus für Helene

Claudia Dvoracek-Iby: mein Gott
Rezensionen
„Der Gesang der Flusskrebse“ – Delia Owens’ poetisches Debüt über Einsamkeit, Natur und das Recht auf Zugehörigkeit
„Der Duft des Wals“ – Paul Rubans präziser Roman über den langsamen Zerfall einer Ehe inmitten von Tropenhitze und Verwesungsgeruch
„Die Richtige“ von Martin Mosebach: Kunst, Kontrolle und die Macht des Blicks
„Das Band, das uns hält“ – Kent Harufs stilles Meisterwerk über Pflicht, Verzicht und stille Größe
„Die Möglichkeit von Glück“ – Anne Rabes kraftvolles Debüt über Schweigen, Schuld und Aufbruch
Für Polina – Takis Würgers melancholische Rückkehr zu den Ursprüngen
„Nightfall“ von Penelope Douglas – Wenn Dunkelheit Verlangen weckt
„Bound by Flames“ von Liane Mars – Wenn Magie auf Leidenschaft trifft
„Letztes Kapitel: Mord“ von Maxime Girardeau – Ein raffinierter Thriller mit literarischer Note
Good Girl von Aria Aber – eine Geschichte aus dem Off der Gesellschaft
Guadalupe Nettel: Die Tochter
„Größtenteils heldenhaft“ von Anna Burns – Wenn Geschichte leise Helden findet
Ein grünes Licht im Rückspiegel – „Der große Gatsby“ 100 Jahre später
"Neanderthal" von Jens Lubbadeh – Zwischen Wissenschaft, Spannung und ethischen Abgründen
