Anfang des 20. Jahrhunderts avancierte Else Lasker-Schüler zur führenden Dichterin des Expressionismus. Weltbekannt sind nicht nur ihre Gedichte, sondern auch die Briefwechsel, unter anderem der mit dem Maler Franz Marc. Nun wurden weitere Briefe Schülers bekannt; gerichtet an den Verleger Franz Glück.
"Ich frage Sie, wie schöpfen Sie den Mut, meine Gedichte korrigieren zu wollen?". Else Lasker-Schüler ist als temperamentvolle und in Gesellschaft oft auffallende Dichterin bekannt. Auch in dem nun entdeckten Breifwechsel mit dem Verleger Franz Glück bestätigt sich dieses Bild der Dichterin. Die Briefe selbst erzählen dabei eine ganze Geschichte: Glück wurde im Jahre 1932 damit beauftragt, das letzte in einem deutschen Verlag (Rowohlt) erschienende Buch Schülers "Konzert" zu rezensieren. Statt des Buches bekam Glück allerdings die Druckfahnen zugeschickt, die er während des lesens prompt korrigierte. Die korrigierten Druckfahnen gingen an Else Lasker-Schüler zurück, die sich, wie aus den Briefen hervorgeht, verwundert und verärgert darüber zeigte, dass Glück den Stift ansetzte. Dies führte nun zum ersten Brief, aus dem letztendlich eine Brieffreundschaft hervorging.
"Sie dümmster aller Dummköpfe"
Bis zur Freunschaft war es allerdings ein weiter Weg, der zunächst mit Abfälligkeiten gepflastert war. "Sie dümmster aller Dummköpfe", schreibt Else Lasker-Schüler beispielsweise über Franz Glück. Oder: "Sie ekstatisches Dorfschullehrerlein". Die Druckfahnen selbst, die Anstoß zu diesem, für die Dichterin üblichen, Temperamentsausbruch gaben, sind ebenfalls erhalten. Beim lesen wird schnell klar: Franz Glück hatte bei weitem nicht so stark in den Text eingegriffen, wie aus den "Beschimpfungen" hervorgeht. Lediglich Satzzeichen und Interpunktionen wurden verändert, hie und da ein Fragezeichen an den Textrand gesetzt. Allein: Der Ausbruch Lasker-Schülers zeigt die Reaktion einer selbstbewussten Dichterin, die sich der Qualität ihrer Arbeit sicher war. Glück lässt seine Frau auf den Brief antworten, die in ihrem Schreiben wohl versichert (die Antworten sind nicht erhalten), wie sehr der Verleger die Arbeit der Dichterin schätzt und bewundert.
Die letzlich erschienene Rezension Glücks fällt außerordentlich positiv aus. Lasker-Schüler antwortet via Telegramm "Bezaubernde Kritik...". Nach und nach kommt es dann im Zuge des Austausches zu einer Freundschaft zwischen Verleger und der gelobten Dichterin. Der Briefwechsel wurde im Literaturarchiv Marbach sortiert und katalogisiert und ist somit in der Datenbank abrufbar.
Topnews
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Karl Ove Knausgård: Das dritte Königreich
Romanverfilmung "Sonne und Beton" knackt Besuchermillionen
Asterix - Im Reich der Mitte
Rassismus in Schullektüre: Ulmer Lehrerin schmeißt hin
14 Nominierungen für die Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues"
"Die Chemie des Todes" - Simon Becketts Bestsellerreihe startet bei Paramount+
Michel Houellebecq und die "Aufstachelung zum Hass"
Heiner Goebbels und David Bennent im SWR2: "Gegenwärtig lebe ich allein ..."
US-Autorin Louise Glück erhält den Literaturnobelpreis 2020
Suhrkamp: Neuerscheinungen im September
Suhrkamp: Geburtstag und Neuerscheinungen im Juli
"Ingeborg-Bachmann-Preis" auf 3sat: Die wichtigsten Infos im Überblick
Denn, die Sprache stirbt nicht
Drei literarische Doku-Tipps fürs Wochenende!
Europa feiert den 250. Geburtstag des Dichters Friedrich Hölderlin
Schriftsteller Günter Kunert im Alter von 90 Jahren gestorben

Elke Heidenreich empfiehlt Bettina Flitners "Meine Schwester"
Vom Verstummen...
SPIEGEL Bestseller Update: Starke Einstiege auf der Belletristik-Liste
Übersetzungsstreit um Amanda Gormans Gedicht "The Hill We Climb" - Wer darf was?
Verstoßene und Flaneure: Das bringt Suhrkamp im März
Trotz Corona: Literarischer Herbst in Leipzig!
Aktuelles
Abschied: Peter von Matt ist tot
„Hoffe: Die Autobiografie“ von Papst Franziskus – Was sein Leben über die Welt von heute erzählt
„Hunger und Zorn“ von Alice Renard – Was der stille Debütroman über Einsamkeit und Empathie erzählt
»Gnade Gott dem untergeordneten Organ« – Tucholskys kleine Anatomie der Macht
Ein Haus für Helene

Claudia Dvoracek-Iby: mein Gott

Claudia Dvoracek-Iby: wie seltsam

Marie-Christine Strohbichler: Eine andere Sorte.
