Sibylle Bergs Roman "GRM - Brainfuck" rangiert seit seines Erscheinens auf den Bestsellerlisten. Die deutsch-schweizerische Autorin ist mit ihren düsteren Zukunfts(?)bildern allerdings nicht allein. Klimakatastrophen, Kriege, Überwachungsstaaten: Ein dystopischer Grundton durchzieht derzeit viele Romane. Ein Einblick in die schöne Zukunft.
In einem Song der Hamburger Band Tocotronic heißt es: "Es sei ja auch schwierig, so von heute auf morgen. Man habe ja auch noch den Hund zu versorgen". Können diese Zeilen in Bezug auf gegenwärtig politische Nicht-Eintscheidungen nicht aktueller denn je gelesen werden? Insbesondere das Thema Klimapolitik scheint eine jüngere Generation um- und anzutreiben. Die Politik strauchelt indessen, und verliert sich im Versuch, zeitgemäßige Antworten zu finden. Welch ein Hund muss hier noch versorgt werden? Und sind die geäußerten Ängste gerechtfertigt?
Klima
Natürlich finden sich die mit dem klimatischen Wandel im Zusammenhang stehenden Katastrophen auch in der Literatur wieder. In "Die Mauer" von John Lanchester beispielsweise, ist beinahe die gesamte Erde zu einem Ozean geworden. Lediglich Grossbritannien hat sich vor den Fluten retten können, indem eine riesige Mauer um die Hauptinsel herum errichtet wurde. Der von außen her drohende, sichere Tot, ist ein ausgezeichneter Nährboden für eine diktatorische Regierung im Inneren. Britannien ist ein zu einem Sklavenstaat geworden, der von einer kleinen Elite beherrscht wird.
Digitalisierung
Unweit vom Klimawandel entfernt liegt das Thema der Digitalisierung. Denn wie der Soziologe Harald Welzer einmal anmerkte, regnen die Ressourcen, die benötigt werden um all die tollen Geräte herzustellen, nicht aus Apple-Fabriken. Der digitale Wandel birgt allerdings auch andere Gefahren. In Sibylle Bergs "GRM - Brainfuck" spielt das Thema der kypernetischen Diktatur, wie sie in China bereits an der Tagesordnung ist, eine wichige Rolle. Auch hier am Beispiel Großbritanniens, dessen Bewohner sich im Gegenzug zu einem Grundeinkommen einen Chip implantieren lassen können/müssen und rund um die Uhr bewacht werden. Wer sich weigert, landet auf der Straße. Auch dies ist nur eine kleine Überspitzung der gegenwärtigen Situation. Versuchen Sie mal auf Handy und Laptop verzichtend einen geeigneten Job zu finden. Gegenwärtig scheint dies unter Umständen noch möglich zu sein, in Zukunft wohl undenkbar.
In Marie Darrieussecqs Buch "Unser Leben in den Wäldern" ist der technische Fortschritt ebenfalls auf die Spitze getrieben. Hier lebt eine Psychotherapeutin in einer Welt aus Robotern und Klonen. Menschmaschienen und Menschen sind kaum mehr zu unterscheiden. Schließlich erkennt die Frau ihre unmenschliche Umgebung und beschließt in die Wälder zu fliehen. Was geschieht mit uns, wenn wir uns voll ganz von Technologien abhängig machen? "Unser Leben in den Wäldern" versucht eine Antwort zu geben.
Gläserne Städte und Fallobst
Auch Eckhart Nickel beschreibt in "Hysteria" eine Welt voller unheimlicher Szenarien. Künstliche Tiere und Pflanzen werden in Labors herangezüchtet, die Menschen dürfen sich nurmehr von erzeugten Produkten ernähren. Zunehmend wird immer klarer, dass es den Herrschenden am liebsten wäre, wenn der Mensch voll und ganz von der Bildfläche verschwindet.
Das die stetig steigende Macht der IT-Konzerne dringend von politischer Seite her kontrolliert werden müsste, ist das Thema des Romans "Die Hochhausspringerin" von Julia Lucadou. Ähnlich wie in Bergs "GRM-Brainfuck" wird das Leben der Menschen hier von Algorythmen diktiert und vorgeschrieben. Das Ziel dieser vorprogrammierten Lebensweise: Ein Verhalten erzeugen, dass möglichst großen ökonomischen Nutzen bringt.
Zukunft oder Realität?
Was genau droht dort über uns hereinzubrechen? Welche Probleme sind die dringlichsten? Dystopische Erzählungen versuchen diesen Fragen fallbeispielartig auf den Grund zu gehen, und treffen somit den existenziellen Kern des Menschen. Die Angst vor Untergang der Auslöschung ist eine jahrtausendealtes Phänomen. Sind wir tatsächlich so weit den Beschreibungen dieser Romane entfernt?