Gottfried Benn schrieb, sie sei "die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte." An diesem Montag wäre die deutsch-jüdische Dichterin Else Lasker-Schüler 150 Jahre alt geworden. Zur Erinnerung
Das Ende des zweiten Weltkrieges, und somit das Ende des Regimes, welches sie aus Deutschland vertrieb, hatte Else Lasker-Schüler nicht mehr miterlebt. Nach einem Herzanfall am 16. Januar starb die Dichterin am 22. Januar in Jerusalem. Was geblieben ist, ist eine von eigenen Sagen umwobene Persönlichkeit, deren Gedichte, Prosawerke und Theaterstücke zu den originellsten schriftstellerischen Unternehmungen der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zählen.
Brief und Vers
1902 erschien ihr erster Gedichtsband "Styx", 1905 der Zweite mit dem Titel "Der siebente Tag". Else Lasker-Schüler schlug in ihren Werken einen ungewohnten Ton an, der nicht unbemerkt blieb. Schriftsteller wie Karl Kraus und Gottfried Benn schätzten die junge Poetin enorm. Ebenso unbemerkt blieb das Auftreten der Dichterin, denn die "ewig vierzehnjährige" verstand es, ihr poetisches Ich exotisch in Szene zu setzen. Oftmals zog sie alle Blicke auf sich, sobald sie die öffentlichen Cafés betrat.
Hinzukommt ihre Liebe dafür, Grenzen auszutesten und zu übertreten. In den unzähligen Briefen, die sie häufig mit "Prinz Jussuf von Ägypten" oder "Der schwarze Schwan" unterzeichnete, lassen sich Fehler und Auslassungen entdecken. Während in ihren lyrischen Versen jedes Wort abgewägt und wie sanft gesetzt erscheint, scheint sich die schriftstellerische Hand im Schreiben der Briefe verselbstständigt zu haben. Ein wahrer Wörterschwall der Korrespondenzen, der nichts und niemand auszulassen schien.
Jerusalem
Am 11. Februar 1869 wird Else Lasker-Schüler als Tochter einer jüdischen Familie in Elbfeld geboren. Die damals unter deutschen Juden übliche Assimiliation verweigert sie. Diese Verweigerung ist insofern von Bedeutung, als das sie bis nach Palästina reichte. Doch nach ihrer insgesamt dritten Palästina-Reise 1938, kehrte die Dichterin nicht mehr zurück. Ihr eigentliches Exilland, die Schweiz, verweigerte die Rückkehr, da ihr die Nazi-Regierung zu diesem Zeitpunkt bereits die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen hatte.
Aus der jungen, aufbegehrenden Dichterin ist mitlerweile eine von psychischen Zerrüttungen gezeichnete Frau geworden. "Ich glaube, so hat Niemand barfuß sein Herz durch die Menge gehen lassen wie ich", schreibt sie über ihre Spaziergänge durch die Straßen Jerusalems.
Von hier aus erscheint auch ihr letzter Gedichtband "Mein blaues Klavier". Das war zwei Jahre vor ihrem Tod. Sieben Jahre nach ihrem Tod, 1952, widmete Gottfried Benn ihr ein Epitaph in dem es heißt: "die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte. Ihre Sprache war ein üppiges, prunkvolles, zartes Deutsch. Darin vermochte sie ihre leidenschaftlichen Gefühle auszudrücken, ohne das Geheimnisvolle zu entschleiern und zu vergeben, das ihr Wesen war.“
Jürgen Becker: 90 Jahre etwaige Spuren

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