Zu Hause lebt es sich gefährlich, wollen Versicherungen suggerieren. Doch die Leipziger Autorin Yvonne Kuschel weiß: Ungemach lauert auch vor der eigenen Haustür.
"Die meisten Unfälle passieren zu Hause!", sagte der Versicherungsvertreter, der an meiner Tür klingelte.
Das will ich mal prüfen, sagte ich und überschlug all meine eigenen, bis dato erlebten Unfälle:
Als Vierjährige rutschte ich nachts im Schlaf vom elterlichen Bett auf den Fußboden und brach mir den Arm, was aber erst am Morgen bemerkt wurde. Das war eindeutig ein Unfall in der Wohnung.
Als die Zeugnisse der 3. Klasse verteilt waren, rannte ich die Treppe in unserem Mietshaus hoch in die Wohnung im 4. Stock und brach mir bereits auf der 7. Stufe das rechte Bein (was ich den Eltern verschwieg, denn am nächsten Tag ging es für 3 Wochen ins Ferienlager, und da wollte ich unbedingt hin).
3 mal fiel ich draußen vom Kirschbaum runter und brach mir immer den rechten Daumen.
1 mal hat mich jemand auf dem Schulweg aus dem vollen Bus auf den Gehsteig geschubst und ich brach mir dabei den Unterkiefer.
1 mal flog ich als Beifahrerin (beim Autofahren) durch die Frontscheibe, bei einem Frontalzusammenstoß wegen vereister Fahrbahn (auf die vielfältigen Verletzung möchte ich hier lieber nicht eingehen).
1 mal segelte ich im hohen Bogen vom Motorrad, weil mir jemand die Vorfahrt nahm, erlitt aber nur Prellungen.
1 mal bekam ich Physiotherapie verschrieben, wegen beginnender Osteoporose, brach mir während einer Übung die Hand und prellte mir den Rücken.
1 mal wischte der Hausmeister bei -14 Grad Celsius die steinerne Treppe unseres repräsentativen Treppenaufgangs feucht, worauf sie sich sofort mit dünner Eisschicht überzog und mich, die der hausmeisterlichen Fehlleistung ahnungslos die Wohnung verlassend das Treppenhaus betrat, stürzen liess. Monatelange Schmerzen des geprellten Rückens und Hinterns waren die Folge. Zum Glück keine Brüche.
1 mal lief ich ein Buch lesend die Straße entlang und stieß mit einem Straßenverkehrsschild zusammen, was Gehirnerschütterung verursachte.
Mehr körperliche Schäden an meiner Person fallen mir nicht ein.
Ganz eindeutig stimmt die Versicherungsstatistik in meinem Falle nicht, sagte ich zu dem Versicherungsvertreter. Guten Tag noch, und passen Sie auf der Treppe auf, ich sah dort heute einen Kirschkern liegen, gab ich ihm mit auf seinen Weg, doch da flog er bereits die Stufen runter und landete direkt vor der Tür eine Etage tiefer. Äußerlich unverletzt zum Glück, aber er war sicher gut versichert, gegen Unfälle am Arbeitsplatz.