Am 1. Mai fand das traditionelle Tischtennisturnier im Garten statt. Das Wetter war mittelmäßig, die Erwartungen klein, das Pokal “schon besorgt und macht sich in unserer Vitrine ganz gut”, wie der mittlere Sohn des Hofsiegers vergangener Jahre schon am Tag zuvor schalkhaft sagte. Jemand äußerte im Vorfeld halblaut, man könnte mit der Tradition langsam brechen, denn es gab ernstzunehmende Anzeichen der Lustlosigkeit: die Kinder mochten zum ersten mal keine Plakate malen und ich bereitete zum ersten mal kein Kartoffelsalat zu, auch keinen Hefekuchen.
Und dann kam alles anders. Fünf Minuten vor zehn klingelte es, der Freund unseres Sohnes kam, wie jedes Jahr durch die halbe Stadt gesprintet, denn er hat schon wieder die Straßenbahn verpasst; die Auslosung der Spieler um zehn Uhr wollte er aber auf keinen Fall verpassen. Der Garten füllte sich plötzlich mit vielen netten Nachbarn. Der Initiator war verblüfft und musste seinen vorbereiteten Spielplan neu berechnen. Mehrere Kannen mit Tee und Kaffe wurden über den Zaun gereicht, auch Blechkuchen mit Puderzuckerbildern von gekreuzten Schlägern und mit fantasievollen Pokalen aus Zuckerperlen drauf. Der Magnolienbaum stand in voller Blüte und gab dem Morgen etwas sehr Feierliches.
Das Turnier, in der Vergangenheit immer ehrgeiziger betrieben, verlief in diesem Jahr leicht und lustig wie beim allerersten Mal. Natürlich flogen auch die Schläger zu Boden und zerbrachen, aber es waren nur zwei, und dann auch nur von Kindern, die noch nicht gelernt hatten, gute Verlierer zu sein.
Das Finale zum Hofmeister bestritt ein Paar, die Frau gewann, der Mann wurde Vize-Meister. Nicht nur ihre beiden Söhne jubelten! Dabei stellte es sich heraus, dass die beiden Sieger gar nicht miteinander verheiratet sind. Darüber entbrannte eine interessante Diskussion über die Zufriedenheit, Gesundheitszustand und Lebensdauer verheirateter Partner. Von “Sie leben hoch!”-Rufen ging man über zu “Sie leben länger!” und “Heiraten jetzt!”
Der Abend wurde lang, länger als das Turnier gewesen ist, und zum Schluss flogen die Tischtennisschläger allen um die Ohren, sodass die im Baum noch vorhandenen Magnolienblüten allesamt bald den Boden bedeckten. Der Garten sah aus, als hätten Blumenkinder Blüten gestreut, bei einer Hochzeit.
Oben im Haus öffnete jemand das Fenster und fragte, ob er die Polizei zur Hilfe rufen soll.
Daraufhin gingen alle in ihre Wohnungen zurück, das Fest war vorbei. Als ich später in der Nacht unseren Kater nach Hause rief, sah ich den Pokal vergessen auf dem Tisch stehen, umgeben von ein paar halbleeren Sektkelchen. In einem schwamm wie ein Boot ein Blütenblatt der Magnolie.
Mir gefällt es gut, verheiratet zu sein... Als Ehefrau habe ich viel mehr Möglichkeiten, mein Leben zu verändern. Ich kann mich zum Beispiel scheiden lassen. Und wenn mein Mann sich über mich ärgert, kann ich immer sagen “lass dich doch scheiden!” Und niemand sagt mir, nur weil ich gut kochen kann “du kannst heiraten gehen!” Dass ich diesen Spruch nicht mehr hören muss, dass allein verlängert mein Leben. Um mindestens eine Stunde!