Ganz Deutschland diskutiert über "Deutschland im Blaulicht" von Polizistin Tania Kambouri - doch was steckt wirklich hinter dem Buch?
Wider dem Patriarchat
Tania Kambouri gibt sich selbst überrascht, wie viel Aufmerksamkeit sie mit ihrem Spiegel-Bestseller "Deutschland im Blaulicht - Notruf einer Polizistin" erregt hat. Dabei fing alles zunächst im kleinen Rahmen an. Im November 2013 hatte Kambouri einen Leserbrief an die Zeitschrift "Die Polizei" geschrieben, der unter den Lesern breite Zustimmung auslöste.
Mehr als 120.000 Exemplare sind bereits verkauft
Nach Veröffentlichung ihres Buchs folgten zahlreiche Talkshow-Auftritte und öffentliche, teils hitzige Diskussionen. Die Erkenntnis: Sowohl etliche Kritiker als auch Sympathisanten hatten "Deutschland im Blaulicht - Hilferuf einer Polizistin" offensichtlich überhaupt nicht gelesen. Trotzdem wurden mittlerweile nach Verlagsangaben mehr als 120.000 Exemplare verkauft. Was ist also dran an einem Buch, das derart polarisiert?
Tania Kambouri stellt zunächst fest, dass auffallend viele Gewalttaten und Verbrechen mittlerweile von Tätern mit muslimischen Hintergrund begangen werden. Insbesondere beschreibt sie die zunehmende Aggressivität und Gewaltbereitschaft der Jungen bereits von Kindesalter an. Kambouri begründet dies mit der stark auf die Ehre des Mannes ausgerichtete, patriarchalische Familienstruktur in strenggläubigen Familien. Bereits von Kindesalter an würden die Jungen zum Pascha erzogen, während die Mädchen früh in ihre Rolle der sich unterwerfenden Ehefrau gezwungen werden. Aus dieser Struktur heraus ergebe sich häufig zwangsläufig, dass auch die Jungen bei strenger Auslegung des Islams und des sich daraus ergebenden Ehrbegriffs oft gar nicht aus ihrer vorgegebenen Rolle als allmächtiges Familienoberhauptes ausbrechen könnten.
Islamische Paralleljustiz: Keine Chance für Frauen
Tania Kambouri beschreibt außerdem, wie sich aufgrund des Misstrauens gegen die "ungläubige" Gesellschaft im Allgemeinen und gegen die Polizei im Besonderen eine islamische Paralleljustiz entwickelt. Sogenannte "Friedensrichter", die ohne speziell formulierte Voraussetzungen zwischen muslimischen Großfamilien ernannt werden, übernehmen die Rechtsprechung, ohne Polizei und Behörden bei Straftaten einzuschalten. Frauen hätten von diesem ausschließlich von Männern beherrschten System keine Chance, beispielsweise bei häuslicher Gewalt Recht zu bekommen.
Während Tania Kambouri Gewaltverbrechen mehr bei muslimischen Tätern verortet, sind osteuropäische Kriminelle auf Trickdiebstähle, Einbrüche und Betrügereien spezialisiert. Die Polizistin erläutert einige typische Vorgehensweisen wie den Klemmbrett-Trick, zieht aber gerade bei den mittlerweile grassierenden Einbrüchen eine frustrierende Bilanz: "Schützen Sie sich selbst."
Banden bestreiten Kautionen aus der Beute
So seien Einbrüche derart blitzschnell abgewickelt, dass nur eine stärkere Objektsicherung etwa durch Schlösser oder Alarmanlagen die Täter abschrecken kann. In der polizeilichen Praxis kommt es nach Schilderung der Polizistin dann zu grotesken Situationen: Die im Beamtendeutsch als "mobile ethnische Minderheit" bezeichnete Gruppe kann häufig überhaupt nicht verurteilt werden, da sie sich gegen eine Sicherheitsleistung freikaufen können, die mangels Nachweisbarkeit oft sogar aus dem entwendetem Bargeld bezahlt wird.
Forderung nach Konsequenz
Der Hilferuf der Polizistin geht entsprechend nicht nur in Richtung verbesserter Ausrüstung oder mehr Personal. Tania Kambouri kritisiert vor allem die mangelnde Durchsetzung bereits geltenden Rechts. Häufig könnten außerdem Straftäter überhaupt nicht wirksam verurteilt werden, da zahlreiche Verfahren wegen Geringfügigkeit oder praktischen Erwägungen eingestellt würden. Diese Lücken, so Kambouri, würden von Kriminellen ganz gezielt genutzt - im Übrigen von deutschen wie von ausländischen gleichermaßen.
Kambouris Buch ist ein Appell, bestehende Gesetze ohne Ansehen der Nationalität und ohne typisch deutsche Befindlichkeiten konsequent anzuwenden. Im Zusammenhang mit den Strukturen des frauenfeindlichen Patriachats plädiert die Polizistin außerdem für die gezielte Durchsetzung der Schulpflicht. Insbesondere die Bemühungen, Mädchen von Bildung fernzuhalten, sei ein Grundbestandteil der von Männern dominierten islamischen Gesellschaft.
Gleichwohl ist die Autorin nicht in die Emanzen-Schublade zu stecken. So argumentiert sie etwa gegen eine Frauenquote bei der Polizei aus erstaunlich praktischen Erwägungen. Im Einsatz auf der Straße sei nicht nur die Körperkraft entscheidend, sondern die Größe.
Fazit: Da Tania Kambouri selbst aus einer griechisch-stämmigen Familie stammt, ist ihr Fremdenfeindlichkeit nur schwer zu unterstellen. Schnell wird klar, dass ihre Argumentation viel näher Heinz Buschkowsky ("Neukölln ist überall") als Thilo Sarazzin ("Deutschland schafft sich ab") folgt. Es ist nach der Lektüre von "Deutschland im Blaulicht" eigentlich unverständlich, warum dieses Buch so kontrovers diskutiert wird. Tania Kambouri erhebt keine radikalen, populistischen Forderungen, sondern verlangt schlicht die konsequente Durchsetzung bestehender Gesetze und die Schließung von Gesetzeslücken, die Kriminellen Straffreiheit garantieren. "Deutschland im Blaulicht" lässt sich parteipolitisch nicht einordnen und ist gerade deswegen als Ergänzung zu "Neukölln ist überall" und "Die andere Gesellschaft" von Heinz Buschkowsky lesenswert.