In "Zoo" schlägt die Natur zurück - und der Leser sich unfreiwillig vor Lachen auf die Schenkel. Wer unempfindlich gegen blühenden Blödsinn ist, hat trotzdem seinen Spaß.
Alfred Hitchcock hatte den Aufstand der Tiere gegen die Menschheit bereits meisterhaft in "Die Vögel" inszeniert. Was aus dem Thema wird, wenn man einen Zeilensöldner wie James Patterson dran lässt, zeigt sich beim Tier-Thriller "Zoo". Immerhin überschwemmt Patterson den Bücher-Markt mit seinen Co-Autoren (im Falle von "Zoo" mit Michael Ledwidge) im Schnitt mit fünf neuen Romanen pro Jahr.
Die TV-Rechte für "Zoo" hatte in den USA CBS Television übernommen; ProSieben strahlt die Episoden ab 13. Januar 2016 aus.
Der Roman dreht sich um den Biologen Jackson Oz, der seit Jahren versucht, die Fachwelt von einer Systematik weltweiter Säugetier-Angriffe auf die Menschheit zu überzeugen. Dafür hat Oz bereits eine in der Fachwelt weithin belächelte Theorie ersonnen: HAC - den Human Animal Conflict.
Erst als in Botswana mehr als 100 Menschen von einem Löwenrudel organisiert erlegt werden, wundert man sich, allerdings natürlich zu spät.
Ein Affe auf dem Sofa
Die Tiere werden derweil gattungsübergreifend immer wütender. Erzürnte Fledermäuse holen Flugzeuge vom Himmel, geifernde Hunde überrennen das Weiße Haus. Klar, dass das Militär die Lage mit ihren Kampfeinsätzen verschlimmbessert.
Auch das Haustier von Jackson Oz wird zum wandelnden Krisenherd. Der Biologe hält sich nämlich, so will uns das Autorenduo weismachen, den Bonobo-Schimpansen Attila in der eigenen Zwei-Zimmer-Wohnung. Attila musste sein Dasein während Oz´ Botswana-Trips alleine fristen, nur gelegentlich von Ex-Freundin Nathalie gefüttert.
Jackson Oz und Chloe, die schnell von der Gespielin zur Gemahlin wird, finden schließlich das Apartment verwüstet, aber nicht Attila vor, sondern die abgenagte Leiche von Nathalie.
Licht aus - Problem gelöst
Dass Attila nun durch New York marodiert, fällt im allgemeinen Chaos kaum mehr auf. Zum Glück stößt Jackson Oz auf den Quell des Übels. In einem Keller pflanzen sich Tausende von Hunde systematisch fort und ziehen Welpen auf. Das illustre Treiben sieht nicht nur grotesk aus, sondern riecht in keinster Weise so, wie Hunde eigentlich riechen sollen.
Zurück im Kreise der Wissenschaftler dämmert es Jackson Oz, dass durch Elektrosmog veränderte Pheromone für das aggressive Verhalten verantwortlich sind.
Bald ist der Präsident der Vereinigten Staaten davon überzeugt, dass nur ein vollständiges Verbot von elektrischem Strom Abhilfe schafft. Also werden per Dekret landesweit die Lichter ausgeknipst und die Handys abgestellt. Das funktioniert zunächst prima: Bären trollen sich zurück in den Wald, Schoßhündchen machen wieder Sitz, und selbst Schimpanse Attila hat die Affenschnauze voll vom Morden und Brandschatzen.
Dumm nur, dass die Menschheit wieder mal nicht so recht diszipliniert ist. Sowie die ersten Flugzeuge wieder fliegen und der Strom teils heimlich wieder eingeschaltet wird, schlagen die Tiere ärger zu als je zuvor. Die Geschichte endet in Grönland: Im vergleichsweise tierfreien ewigen Eis hat der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sein neues Oval Office aufgeschlagen und grübelt weiterhin darüber nach, wie man ein zukünftiges Leben als Steinzeitmensch wohl bewältigen könne...
Goodbye Logik
Fazit: Papier ist bekanntlich geduldig, aber mehr zusammengereimten Unfug werden Sie im Fiction-Bereich auf 350 Seiten schwerlich irgendwo anders auftreiben. Elektrosmog, den es in weitgehend menschenleeren afrikanischen Savannen gar nicht geben dürfte, verwirren den Großkatzenbestand flächendeckend. Wilde Tiere können gar im Zeitalter des Internets Zehntausende von Menschen unbemerkt niedermetzeln. Und schließlich ahnt wohl jeder, dass eine Caniden-Invasion im Vergleich zu den Plünderungen und Ausschreitungen in US-Städten bei Stromausfällen der reinste Wanderzirkus wäre.
Wer sich aber konsequent von der Logik verabschiedet und diesen Roman mit dem amüsierten Abstand des "Sharknado"-Fans betrachtet, erlebt die Stärken von James Patterson und Michael Ledwidge. "Zoo" ist überaus rasant erzählt und gipfelt in ausgesprochen plastischen und spannenden Actionszenen, die wie für die Leinwand gemacht sind. Der Roman ist ein typischer Pageturner, den man schneller gelesen hat als man sich darüber aufregen kann. Natürlich kann die Mär von der sich rächenden Fauna viel intelligenter, tiefschichtiger und besser recherchiert erzählt werden. Wenn Sie das suchen, greifen Sie zu Frank Schätzings "Der Schwarm".
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