Ein Haus für Helene

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Berlin, ein Sonntag im Mai, vielleicht mit Sonne, vielleicht mit Wind – ganz sicher aber mit Geschichte. Das Brecht-Haus in der Chausseestraße, das sonst als museale Ruhestätte des Dramatikers firmiert, verwandelt sich am 11. Mai für ein paar Stunden in das »Weigel-Haus«. Ein Ortswechsel im Geiste, denn im Zentrum steht diesmal nicht der Mann mit der Zigarre, sondern die Frau mit Haltung: Helene Weigel, Theatermacherin, Archivgründerin, eine, die Rollen nicht nur spielte, sondern in ihnen wohnte.

Helene Weigel Helene Weigel Von Deutsche Fotothek, CC BY-SA 3.0

Gratulationen, Gespräche, Gesichter

Sie wäre in diesem Jahr 125 geworden – eine Zahl, die nicht nur zu Kerzen auf Torte, sondern zu Gesprächen, Rückblicken und kritischen Würdigungen einlädt. Von 15 bis 18 Uhr öffnet das Haus seine Türen für ein Fest, das zwischen Lesung und Kinderschminken, Gratulation und Archivtresor, Kaffee und Weigel-Nachlass pendelt. Man kann sich das als Mischung aus Familienfeier und Theaterprobe vorstellen – mit Johanna Schall, Volker Braun, Emine Sevgi Özdamar, Claudia Roth, Sabine Kebir und anderen, die ihre Worte und Erinnerungen beisteuern.

Szenenwechsel im Archiv

Die Bühne wird zum Ort lebendiger Auseinandersetzung: Es gibt szenische Miniaturen, Vorträge, persönliche Annäherungen. Und wer will, kann sich durch das Brecht-Weigel-Museum führen lassen oder im Archiv die Spuren einer Frau aufnehmen, die sich nicht mit einer Nebenrolle im Nachruhm ihres Mannes zufriedengab.

Dass das Archiv, das heute zum Gedächtnis der Literaturstadt Berlin gehört, auf ihre Initiative zurückgeht – man könnte es als Fußnote lesen. Oder eben als das, was es ist: ein Beweis dafür, wie sehr Weigel in die Infrastruktur des Nachlebens investiert hat. Nicht nur als »Mutter Courage«, sondern als Mitautorin einer Theatergeschichte, die nicht ohne sie zu erzählen ist.

Filmvorschau und Zukunftsbilder

Maria Wischnewski gibt mit einem Biopic-Ausblick – „So wie es ist, bleibt es nicht“ – dem Tag eine filmische Perspektive. Und das ist treffend, denn Weigels Leben war kein Standbild, sondern Bewegung. Der Titel wirkt wie ein Kommentar zur Gegenwart: Ein Archiv öffnet sich, ein Haus benennt sich um, eine Geschichte wird neu gelesen.

Mehr als nur ein Gedenktag

Es sind die kleinen Dinge – eine Selfie-Wand, ein offenes Archiv, ein Kuchenstück –, die diesen Nachmittag zu mehr machen als einem Gedenktag. »Ein kleiner Vulkan«, nennt ihn das Programm. Und vielleicht liegt genau darin die Pointe: dass Weigel nicht nur eruptiv war, sondern in ihren Gesten lange nachglühte.

Helene Weigel: Erinnerung als Gegenwart
Sonntag, 11. Mai 2025 | 15:00–18:00 Uhr
Brecht-Haus Berlin, Chausseestraße 125, 10115 Berlin
Eintritt frei

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