Große Bühne für junge Stimmen: Am Sonntagabend wurde im Rahmen der 25. lit.COLOGNE zum fünften Mal der OffSpring Award verliehen. Der Publikumspreis, gestiftet vom Finanzunternehmen Flossbach von Storch, ging in diesem Jahr an Carla Moschner für den Text „Apfelpüree“.
Junge Literatur im Rampenlicht Carla Moschner gewinnt OffSpring Award der lit.COLOGNE 2025
Drei Finaltexte, ein Abend der leisen Töne
Aus 75 Einsendungen zum Thema „Wandel“ nominierte eine Fachjury die drei Finalbeiträge von Carla Moschner, Finja Bonekamp und Jona Rogalski. Alle wurden zu einem Schreib-Workshop mit dem Autor Kaleb Erdmann eingeladen – einem literarischen Feinschliff mit pädagogischem Unterton. Die Ergebnisse präsentierte man im COMEDIA-Theater, das aufgrund der hohen Nachfrage kurzerhand in einen größeren Saal verlegt wurde – ein unaufdringlicher Beweis für das wachsende Interesse an junger Literatur.
Durch den Abend führte Journalistin Charleen Florijn. Die Schauspielerin Anneke Kim Sarnau las die drei Texte – eine Inszenierung, die dem Ton der Texte gerecht wurde, ohne sie zu überhöhen. Im Anschluss stimmte das Publikum live über den Gewinnerbeitrag ab.
Ein Emanzipationsprozess zwischen Apfelmus und Herkunft
Der Sieg ging an Carla Moschner. Deren Text „Apfelpüree“ überzeugte durch formale Präzision und eine psychologisch fein austarierte Darstellung innerer Ablösung. In knapper, poetisch kontrollierter Sprache erzählt Moschner von einem erwachsenen Kind, das sich aus der mütterlichen Deutungshoheit löst. Die Jury lobte besonders, wie kunstvoll das anfängliche Unbehagen in eine vielschichtige Herkunftsgeschichte überführt werde – eine Beobachtung, die die Komplexität des Textes treffend erfasst.
Von Spoken Word zu Solo-Programm
Carla Moschner, geboren im Jahr 2000, studiert an der Universität zu Köln „Theorien und Praktiken professionellen Schreibens“. Erste Auftritte absolvierte Moschner bereits mit 16 auf Poetry-Slam-Bühnen, später folgten Lyrikabende und performative Texte unter dem Pseudonym „carlagraphie“. Veröffentlichungen erschienen unter anderem im Literaturmagazin Karussell, in der Anthologie TRANSFORMATIONEN und auf der Plattform Die Gelbe Tapete. 2024 stellte Moschner erstmals das Solo-Programm „Roter Faden in orange“ vor. Moschner lebt in Bonn, identifiziert sich als genderqueer und schreibt mit Begeisterung über Herkunft, Körper, Sprache – mit Vorliebe für Tofu, Tanz und Thymian.
Literaturförderung mit Publikumskontakt
Der OffSpring Award, ins Leben gerufen 2021, richtet sich an junge Schreibende zwischen 16 und 26 Jahren. Jährlich wird ein neues Thema ausgeschrieben – Beiträge in Form von Kurzgeschichten, Gedichten oder Essays können eingereicht werden. Die drei besten Texte werden von einer Jury nominiert, deren Autor:innen erhalten ein Schreibmentoring mit einer etablierten literarischen Stimme. Höhepunkt bleibt die Präsentation auf der lit.COLOGNE – samt Lesung durch eine Schauspielerin und Publikumsentscheidung über den ersten Platz.
Zwischen Resonanzraum und Realität
Mit „Apfelpüree“ hat Carla Moschner einen Text vorgelegt, der innere Umbrüche tastend, aber entschlossen erzählt. Dass das Publikum diese leise Genauigkeit würdigte, ist ein Zeichen dafür, dass junge Literatur heute mehr ist als Bühnenpoesie oder Instagram-Lyrik. Sie ist ein Resonanzraum für Nuancen – und manchmal schmeckt sie wie ein Löffel Apfelmus: süß, weich, mit einem Hauch Bitterkeit.
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