Vor 75 Jahren starb Heinrich Mann: Jahrestagung widmet sich seinem Henri-Quatre-Roman

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Heinrich Mann Heinrich Mann Von Photographer not credited - Rudolf Reiser: Alte Häuser - Große Namen: München, Gemeinfrei

Am 11. März 2025 jährt sich der Todestag des Schriftstellers Heinrich Mann zum 75. Mal. Aus diesem Anlass widmet die Heinrich Mann-Gesellschaft ihre Jahrestagung einem seiner zentralen Werke: dem Doppelroman Die Jugend des Königs Henri Quatre und Die Vollendung des Königs Henri Quatre. Die Veranstaltung findet vom 28. bis 30. März 2025 im Lübecker Rathaus statt und bringt namhafte Wissenschaftler zusammen, um neue Perspektiven auf dieses facettenreiche Werk zu entwickeln.

Heinrich Mann: Ein Schriftsteller von europäischem Format

Heinrich Mann (1871–1950) zählt zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Geboren in Lübeck als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns, wuchs er in einem hanseatischen Milieu auf, das ihn einerseits prägte, dem er aber auch früh entfremdet gegenüberstand. Seine literarische Karriere begann er mit Gesellschaftsromanen, doch es war seine scharfsichtige Kritik an den politischen und sozialen Verhältnissen des wilhelminischen Deutschlands, die ihn als Autor auszeichnete.

Besonders mit Der Untertan (1914) schrieb Heinrich Mann eine der wirkmächtigsten Satiren der deutschen Literatur. Der Roman entlarvt die autoritären und militaristischen Strukturen des Kaiserreichs und ist bis heute ein Schlüsseltext zum Verständnis der deutschen Mentalitätsgeschichte. Während der Weimarer Republik entwickelte sich Heinrich Mann zu einem prominenten Vertreter der demokratischen Intelligenz, engagierte sich in der Liga für Menschenrechte und unterstützte die Kulturpolitik der jungen Republik.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde sein Werk verboten, und Heinrich Mann musste ins Exil gehen. Zunächst floh er nach Frankreich, wo er den Henri-Quatre-Roman vollendete. Später führte ihn seine Flucht in die USA, wo er allerdings – im Gegensatz zu seinem Bruder Thomas – nie wirklich Fuß fassen konnte. Die Emigration brachte nicht nur wirtschaftliche Schwierigkeiten mit sich, sondern auch eine wachsende Isolation. 1950 starb er in Kalifornien, kurz bevor er die Möglichkeit gehabt hätte, nach Ostdeutschland überzusiedeln, wo ihm eine offizielle Anerkennung und ein politisches Engagement in Aussicht gestellt worden waren.

Henri Quatre: Ein historischer Roman als politische Reflexion

Der Henri-Quatre-Doppelroman gilt als Heinrich Manns opus magnum. Er erzählt die Geschichte des französischen Königs Henri IV., der als Staatsmann Klugheit mit Toleranz verbindet und in einer Zeit religiöser Konflikte eine Politik der Versöhnung verfolgt. Doch die Romane sind weit mehr als eine historische Biographie. In ihnen spiegelt sich Heinrich Manns eigene politische Haltung: die Vision einer aufgeklärten Herrschaft, die sich gegen Fanatismus und Unterdrückung richtet.

Die lange Entstehungszeit des Werks – von ersten Notizen 1893 bis zur Vollendung 1938 – ist bemerkenswert. In dieser Zeitspanne erlebte Heinrich Mann selbst mehrere politische Systeme: das autoritäre Kaiserreich, die demokratische Weimarer Republik und schließlich das Exil unter den Nationalsozialisten. Diese Erfahrungen fließen in das Werk ein und verleihen ihm eine politische Tiefe, die über das historische Sujet hinausweist.

Ambivalente Beziehung zu Thomas Mann

Die Beziehung zu seinem berühmteren Bruder Thomas war kompliziert. Während Heinrich Mann früh eine klare politische Haltung entwickelte und sich für Demokratie und soziale Gerechtigkeit einsetzte, blieb Thomas zunächst konservativer und zurückhaltender. Dies führte zu Spannungen, insbesondere während der 1920er-Jahre, als Thomas Mann sich erst allmählich von seinen monarchistischen Tendenzen löste.

Die Entfremdung verstärkte sich im Exil. Heinrich kämpfte mit finanziellen Schwierigkeiten, während Thomas als Nobelpreisträger eine bedeutende Stimme im amerikanischen Exil wurde. Dennoch unterstützte Thomas seinen Bruder finanziell und setzte sich nach dessen Tod für sein Andenken ein. Erst posthum wurde Heinrich Mann als Schriftsteller wieder stärker gewürdigt.

Die Lübecker Tagung: Neue Perspektiven auf Henri Quatre

Die diesjährige Jahrestagung der Heinrich Mann-Gesellschaft rückt den Henri-Quatre-Roman ins Zentrum und beleuchtet ihn aus neuen kulturwissenschaftlichen Perspektiven. Nach der feierlichen Eröffnung durch die Präsidentin der Gesellschaft, Prof. Dr. Ariane Martin, referieren renommierte Wissenschaftler über Heinrich Manns Verhältnis zur Biographik, seine Exilerfahrung und die literarischen Strategien seines historischen Romans.

Zu den Vortragenden gehören unter anderem Prof. Dr. Helmut Scheuer, der über Heinrich Manns Biographik spricht, und Simone Johanna Lettner, die sein Verhältnis zu Stefan Zweig untersucht. Weitere Themen sind die narrative Theatralität in Henri Quatre sowie die Frage nach Macht und Zeit in Heinrich Manns Geschichtsbild.

Den Auftakt der Tagung bildet am 28. März eine Buchpräsentation mit Uwe Wittstock zu Marseille 1940. Die große Flucht der Literatur im Lübecker Willy-Brandt-Haus. Die Veranstaltung endet am 30. März mit einer Analyse der Rezeptionsgeschichte des Romans durch Dr. Manfred Eickhölter.

Mit dieser umfassenden Neubetrachtung wird deutlich, dass Heinrich Manns Henri Quatre weit mehr ist als eine historische Erzählung – es ist ein Werk, das bis heute Relevanz besitzt, weil es politische Klugheit und Menschlichkeit als Ideale einer gerechten Gesellschaft verteidigt.

Heinrich Mann-Gesellschaft

Die Heinrich Mann-Gesellschaft wurde 1996 in Lübeck gegründet und setzt die Arbeit des seit 1971 bestehenden Arbeitskreises fort. Sie widmet sich der wissenschaftlichen Erforschung von Heinrich Manns Werk und fördert den internationalen Austausch durch Symposien und Publikationen. Ein Schwerpunkt liegt auf der Unterstützung junger Literaturwissenschaftler sowie der Herausgabe des „Heinrich Mann-Jahrbuchs“.

Die Gesellschaft entstand aus dem Bedürfnis, Heinrich Manns Werk in Deutschland wieder stärker zu verankern, nachdem es in der frühen Bundesrepublik jahrzehntelang ignoriert wurde. Seine Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft und sein politisches Engagement hatten ihn zum Außenseiter gemacht. Erst in den 1960er Jahren begann eine Neubewertung.

Heute verbindet die Gesellschaft Wissenschaftler und Leser, veranstaltet Vorträge, Lesungen und Tagungen und kooperiert eng mit dem Lübecker Heinrich-und-Thomas-Mann-Zentrum. Ihr Ziel ist es, Heinrich Manns Werk im kulturellen Gedächtnis lebendig zu halten.




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