Jakob Hein legt mit Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste einen satirischen Roman vor, der ein reales historisches Ereignis als Ausgangspunkt nimmt: den berühmten Milliardenkredit der BRD an die DDR im Jahr 1983. Damals vermittelte Franz Josef Strauß das Finanzpaket, um die marode DDR-Wirtschaft zu stabilisieren. Hein verknüpft diese Episode mit der heutigen Debatte um die Cannabis-Legalisierung und treibt die Geschichte in ein wunderbar absurdes Szenario. Erschienen ist der Roman am 13.02.2025 bei Galiani Berlin. (Leseprobe)
Handlung
Hauptfigur ist Grischa Tannberg, ein pflichtbewusster, aber unterforderter DDR-Bürokrat aus Gera, der in die Staatliche Planungskommission versetzt wird. Dort erhält er den undankbaren Posten in der Abteilung "Bruderländer", speziell Afghanistan. Ein Land, das in den Augen der DDR-Funktionäre kaum wirtschaftlichen Nutzen hat – es exportiert höchstens Schlafmohn und Cannabis. Doch statt sich dem verordneten "kunstvollen Warten" der Verwaltung hinzugeben, ersinnt Grischa einen waghalsigen Plan: Die DDR soll Medizinalhanf aus Afghanistan importieren und in einem legalen Laden in West-Berlin verkaufen.
Der absurde Coup wird realisiert: In der Invalidenstraße entsteht der deutsch-afghanische Freundschaftsladen, der unerwartet einen riesigen Kundenansturm erlebt. Westdeutsche Jugendliche pilgern zur DDR-Grenze, um sich mit staatlich geprüftem Hanf einzudecken. Die BRD-Regierung in Bonn gerät in Panik. Im Ministerium für innerdeutsche Beziehungen bricht hektische Betriebsamkeit aus, und eine kluge Referendarin entwickelt einen Notfallplan: Statt Repression wird verhandelt. Die DDR soll den Handel gegen eine hohe Zahlung einstellen.
Eskalation und politische Absurdität
Das geheime Gipfeltreffen findet nicht etwa in Berlin oder Moskau, sondern auf einem Gutshof eines bayerischen Metzgers statt. Funktionäre beider deutscher Staaten treffen aufeinander, darunter auch Erich Mielke und Otto Graf Lambsdorff. Das Treffen entwickelt sich zur Farce: Bei gutem Essen und unter Drogen-Einfluss entstehen unerwartete Einigungen.
Am Ende zeigt sich: Wie der Milliardenkredit war auch Grischas geniale Idee nur ein Aufschub des Unvermeidlichen. Die DDR war nicht zu retten, egal wie einfallsreich ihre Bürokraten auch sein mochten.
Stil und Aussage
Der Roman ist eine Satire auf das behäbige Getriebe der Politik und die skurrilen Rituale der Verwaltung, sowohl in Ost als auch in West. Hein verwebt historische Fakten mit einer absurd-komischen Erzählung, die in ihrer Dynamik eher an die anarchische Erzählweise von Ilf und Petrow oder die grotesken Amtspossen eines Jaroslav Hašek erinnert. Der lakonische Ton und die treffsicheren Dialoge zeichnen ein humorvolles Bild deutsch-deutscher Absurditäten, das ebenso intelligent wie unterhaltsam ist.
Was wäre wenn...
Wie Grischa mit einer verwegenen Idee beinahe den Weltfrieden auslöste ist eine kluge, pointierte Satire mit geschichtlichem Bezug. Hein nimmt sich die Absurditäten der DDR und der BRD gleichermaßen vor und schafft es, ein urkomisches, aber dennoch plausibles Szenario zu entwerfen. Ein Buch für alle, die sich für deutsche Zeitgeschichte interessieren, aber lieber lachen als verzweifeln wollen.
Über den Autor
Jakob Hein wurde 1971 in Leipzig geboren und lebt heute in Berlin. Er ist Sohn des Schriftstellers Christoph Hein und arbeitet als Psychiater sowie Schriftsteller. Seit 1998 hat er zahlreiche Romane und Essays veröffentlicht, die oft humoristische, gesellschaftskritische und historische Themen behandeln. Neben seinem literarischen Schaffen schreibt er auch Kolumnen und Satiren.
Bekannte Werke von Jakob Hein:
- Mein erstes T-Shirt (2001)
- Wurst und Wahn (2011)
- Die Orient-Mission des Leutnant Stern (2018)
- Hypochonder leben länger (2020, Bestseller)
- Der Hypnotiseur oder Nie so glücklich wie im Reich der Gedanken (2022)
Hier gibts mehr Informationen zum sympathischen Autor:http://www.jakobhein.de/aktuell.php
Hier bestellen
Topnews
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Karl Ove Knausgård: Das dritte Königreich
Romanverfilmung "Sonne und Beton" knackt Besuchermillionen
Asterix - Im Reich der Mitte
Rassismus in Schullektüre: Ulmer Lehrerin schmeißt hin
14 Nominierungen für die Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues"
"Die Chemie des Todes" - Simon Becketts Bestsellerreihe startet bei Paramount+
Michel Houellebecq und die "Aufstachelung zum Hass"
Sönke Neitzel: Die Bundeswehr. Von der Wiederbewaffnung bis zur Zeitenwende
„100 Seiten sind genug. Weltliteratur in 1-Stern-Bewertungen“ von Elias Hirschl
„Eine Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens: Ein Klassiker der Menschlichkeit
Heinrich Heine: Deutschland. Ein Wintermärchen

Peter Sloterdijk: Der Kontinent ohne Eigenschaften Lesezeichen im Buch Euro
Angela Merkel: Freiheit
Willkommen im falschen Film: Neues vom Menschenverstand in hysterischen Zeiten von Monika Gruber und Andreas Hock (Neuauflage)
Clemens Böckmann – „Was du kriegen kannst“
"Faust II": Der Mensch als unermüdlich Streben
"Faust I" – Beginnend mit dem Osterspaziergang: Ein ewiges Verlangen nach mehr
André Kubiczek und sein neues Werk "Nostalgia" – Eine Reise durch die Sehnsucht vergangener Tage
Clemens Meyer liefert literarisches Meisterwerk: "Die Projektoren"
Die Troika
Internationaler Erfolg: "Kairos"
Doktor Garin
Aktuelles
„Der Besuch der alten Dame“ – Wie Dürrenmatts Klassiker den Preis der Moral entlarvt
„Der Hundebeschützer“ von Bruno Jelovic – Wie aus einem Fitnessmodel ein Lebensretter für Straßenhunde wurde
Für Martin Suter Fans: „Wut und Liebe“ -Wenn Gefühle nicht reichen und Geld alles verändert
„Rico, Oskar und die Tieferschatten“ – Warum Andreas Steinhöfels Kinderbuchklassiker so klug, witzig und zeitlos ist
Abschied: Peter von Matt ist tot
„Hoffe: Die Autobiografie“ von Papst Franziskus – Was sein Leben über die Welt von heute erzählt
„Hunger und Zorn“ von Alice Renard – Was der stille Debütroman über Einsamkeit und Empathie erzählt
»Gnade Gott dem untergeordneten Organ« – Tucholskys kleine Anatomie der Macht
Ein Haus für Helene

Claudia Dvoracek-Iby: mein Gott

Claudia Dvoracek-Iby: wie seltsam

Marie-Christine Strohbichler: Eine andere Sorte.

Der stürmische Frühlingstag von Pawel Markiewicz
„Der Gesang der Flusskrebse“ – Delia Owens’ poetisches Debüt über Einsamkeit, Natur und das Recht auf Zugehörigkeit
„Der Duft des Wals“ – Paul Rubans präziser Roman über den langsamen Zerfall einer Ehe inmitten von Tropenhitze und Verwesungsgeruch
Rezensionen
„Die Richtige“ von Martin Mosebach: Kunst, Kontrolle und die Macht des Blicks
„Das Band, das uns hält“ – Kent Harufs stilles Meisterwerk über Pflicht, Verzicht und stille Größe
„Die Möglichkeit von Glück“ – Anne Rabes kraftvolles Debüt über Schweigen, Schuld und Aufbruch
Für Polina – Takis Würgers melancholische Rückkehr zu den Ursprüngen
„Nightfall“ von Penelope Douglas – Wenn Dunkelheit Verlangen weckt
„Bound by Flames“ von Liane Mars – Wenn Magie auf Leidenschaft trifft
„Letztes Kapitel: Mord“ von Maxime Girardeau – Ein raffinierter Thriller mit literarischer Note
Good Girl von Aria Aber – eine Geschichte aus dem Off der Gesellschaft
Guadalupe Nettel: Die Tochter
„Größtenteils heldenhaft“ von Anna Burns – Wenn Geschichte leise Helden findet
Ein grünes Licht im Rückspiegel – „Der große Gatsby“ 100 Jahre später
"Neanderthal" von Jens Lubbadeh – Zwischen Wissenschaft, Spannung und ethischen Abgründen
