Im Januar 2025 jährt sich der Todestag von Mascha Kaléko (1907–1975) zum 50. Mal. Diese außergewöhnliche Dichterin hat wie kaum eine andere die deutsche Lyrik geprägt. Mit ihrer Verbindung aus Melancholie, feinem Humor und präziser Beobachtung bleibt sie eine leuchtende Ausnahmeerscheinung der Literatur des 20. Jahrhunderts. Zu diesem Anlass erscheinen sowohl ein Buch als auch ein Hörbuch, die beide von Daniel Kehlmann kuratiert wurden. Kehlmanns einfühlsames Vorwort und seine sorgfältige Auswahl präsentieren nicht nur bekannte Texte, sondern auch unbekanntere Facetten von Kalékos Werk.
Buch und Hörbuch als gelungene Würdigung
Am 14. November 2024 veröffentlichte der dtv-Verlag die Sammlung Ich tat die Augen auf und sah das Helle. Parallel dazu erscheint ein Hörbuch bei GOYALiT, das von renommierten Sprecherinnen wie Katharina Thalbach und Katja Danowski eingelesen wurde. Beide Veröffentlichungen zeigen Mascha Kaléko in ihrer ganzen Vielschichtigkeit.
Daniel Kehlmann, der diese Zusammenstellung vorgenommen hat, öffnet den Blick auf weniger bekannte Texte der Dichterin. Seine Auswahl ist eine gelungene Mischung aus berührenden Gedichten, pointierter Prosa und Einblicken in Kalékos Lebensrealität. Kehlmann versteht es, nicht nur die Großstadtpoetin und humorvolle Chronistin zu zeigen, sondern auch die verletzliche, tiefgründige Künstlerin hinter den Zeilen zu beleuchten.
Ein einfühlsames Vorwort
Besonders hervorzuheben ist Kehlmanns Vorwort, das diese Veröffentlichung zu einem echten Schatz für Leserinnen und Leser macht. Er zeichnet darin ein Porträt der „Großstadtlerche“, die gleichermaßen Liebende, Kosmopolitin und Chronistin ihrer Zeit war. Dabei gelingt es ihm, Kalékos Werk in den historischen Kontext einzuordnen und ihre Relevanz für die Gegenwart aufzuzeigen. Kehlmann beschreibt Kaléko nicht nur als Lyrikerin der Weimarer Republik, sondern auch als eine Stimme des Exils, deren Texte von Heimatlosigkeit, Verlust und der Suche nach Zugehörigkeit durchzogen sind. Mit großer Sensibilität hebt er hervor, wie Kaléko trotz dieser Schwere immer wieder Momente der Lebensfreude und des Humors in ihre Dichtung einwebte.
Mascha Kaléko: Eine Dichterin für die Ewigkeit
Mascha Kaléko zählt auch heute noch zu den beliebtesten deutschsprachigen Lyrikerinnen, wie die „Top 25 Lyrik“-Liste des Börsenblatts belegt. Zwischen Januar und Oktober 2024 war sie nicht nur mit sechs Titeln vertreten, sondern belegte auch Platz 1. Dies zeigt, wie zeitlos und berührend ihre Werke geblieben sind.
Ihre Gedichte und Texte vereinen scheinbare Gegensätze: Großstadtmelancholie und heitere Alltagsbeobachtungen, Zartheit und ironische Schärfe. Kaléko verkörperte das Lebensgefühl des Berlins der Weimarer Republik – mit seinen schillernden Lichtern, den Nächten im Romanischen Café und den vielen flüchtigen Begegnungen. Doch auch ihre Exilgedichte, die von New York, Jerusalem und anderen Orten erzählen, zeigen eine bemerkenswerte Tiefe und Vertrautheit mit den Themen Sehnsucht, Heimatlosigkeit und Neuanfang.
Ein umfassender Zugang zu Kalékos Werk
Mit Ich tat die Augen auf und sah das Helle bieten der dtv-Verlag und GOYALiT eine einzigartige Gelegenheit, Mascha Kalékos Werk auf eine neue Weise zu entdecken. Das Buch und das Hörbuch machen deutlich, warum Kaléko zu den bedeutendsten Stimmen der deutschen Literatur zählt. Besonders dank Daniel Kehlmanns kluger Auswahl und seiner einfühlsamen Einführung wird diese Hommage zu einem echten Erlebnis – nicht nur für eingefleischte Fans, sondern auch für alle, die Kalékos Werk zum ersten Mal begegnen. Bekannte Klassiker werden durch weniger populäre Texte ergänzt, wodurch sich ein facettenreiches Bild der Dichterin ergibt.