Der renommierte Walter-Serner-Preis, verliehen vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) und dem Literaturhaus Berlin, geht in diesem Jahr an die junge Autorin Alize Heiser für ihre Erzählung „Kiesgrubensommer“. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 5.000 Euro verbunden und wird jährlich für unveröffentlichte Kurzgeschichten vergeben, die sich mit Wendepunkten im Leben oder in der Geschichte beschäftigen.
radio3 vom rbb und Literaturhaus Berlin vergeben Walter-Serner-Preis 2024 an Alize Heiser
„Kiesgrubensommer“: Eine Erzählung über Freundschaft, Geschichte und Veränderung
In „Kiesgrubensommer“ schildert Alize Heiser eine Coming-of-Age-Geschichte, die tief in die Vergangenheit der DDR eintaucht. Im Zentrum der Erzählung stehen die jungen Freunde Leonie, Caro, Tom und Micha, die ihre Sommer in einer alten Kiesgrube verbringen. Eines Tages machen sie dort jedoch eine verstörende Entdeckung: Ein toter Mann treibt im Wasser. Diese schicksalhafte Begegnung reißt Fragen auf, die über die jugendliche Sorglosigkeit hinausgehen.
Das Werk greift Themen wie Freundschaft, Vergangenheit und die Auseinandersetzung mit einem Erbe auf, das nachwirkt und die heutige Generation betrifft. Der tote Mann wird zur Verkörperung der Vergangenheit, die die Protagonisten herausfordert, sich mit den Schatten der DDR und der Stasi auseinanderzusetzen. „Kiesgrubensommer“ ist eine Momentaufnahme, die einen poetischen wie reflektierenden Blick auf Ost-West-Geschichten und gesellschaftliche Umbrüche wirft.
Über die Autorin Alize Heiser
Alize Heiser wurde 2000 in Dresden geboren und legte ihr Abitur mit wirtschaftlichem Schwerpunkt ab. Bevor sie ihr Studium der Theaterregie an der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg begann, sammelte sie erste berufliche Erfahrungen als Mitarbeiterin in einer Grundschule. In ihrer schriftstellerischen Arbeit beschäftigt sich Heiser häufig mit der Wendezeit und den bis heute nachwirkenden politischen und sozialen Konsequenzen. Das Thema der unzureichenden Aufarbeitung dieser Epoche zieht sich wie ein roter Faden durch ihre Texte und erhält in „Kiesgrubensommer“ eine eindringliche narrative Umsetzung.
Die Bedeutung des Walter-Serner-Preises
Der Walter-Serner-Preis wird seit den 1970er Jahren vergeben und ist nach dem Schriftsteller Walter Serner benannt, dessen Werk und Leben stark von den gesellschaftlichen Spannungen seiner Zeit geprägt waren. Serner, 1889 in Karlsbad geboren, lebte in Wien, Berlin und Zürich und schrieb Werke wie „Letzte Lockerung. Ein Handbrevier für Hochstapler“ und „Die Tigerin“. 1942 wurde er in das Konzentrationslager Theresienstadt und von dort in den Wald von Bikernieki bei Riga deportiert, wo er gemeinsam mit seiner Frau Dorothea ermordet wurde.
Seit 1996 ist der Preis dotiert und ehrt jährlich eine herausragende Kurzgeschichte, die sich mit Wendepunkten und existenziellen Themen auseinandersetzt. In diesem Jahr bewarben sich 1.453 Autorinnen und Autoren für die Auszeichnung, die somit nicht nur die literarische Qualität, sondern auch die Relevanz des Themas „Wendepunkte“ verdeutlicht.
Jury und Preisverleihung
Die Jury des Jahres 2024 setzt sich zusammen aus Peggy Mädler, der Gastjurorin und Autorin, die auch die Laudatio auf Alize Heiser halten wird. Unterstützt wurde sie von Sonja Longolius und Janika Gelinek, den Leiterinnen des Literaturhauses Berlin, sowie Nadine Kreuzahler und Anne-Dore Krohn vom rbb. Die feierliche Preisverleihung findet am 3. Dezember 2024 um 19.00 Uhr in Studio 14, der Dachlounge des rbb, statt und wird live auf radio3 übertragen. Interessierte können die Veranstaltung vor Ort verfolgen; Tickets sind auf der Webseite des Literaturhauses Berlin erhältlich und kosten 11 Euro, ermäßigt 8 Euro.