Sahra Wagenknechts Buch "Die Selbstgerechten" ist eine leidenschaftliche und provokante Abrechnung mit der modernen Linken. Wagenknecht, eine prominente und oft polarisierende Figur in der deutschen Politik, kritisiert die Entwicklungen innerhalb ihrer Partei und in der breiteren politischen Landschaft seit dem Fall der DDR. Ihr Buch ist sowohl eine scharfe Analyse als auch ein Aufruf zu einer grundlegenden Neuausrichtung.
Vorwort: Die Spaltung der Gesellschaft
Im Vorwort beklagt Wagenknecht die tiefe Gespaltenheit und das feindselige Gegeneinander in der deutschen Politik. Sie beobachtet, dass Begriffe wie Gemeinwohl und Gemeinsinn aus der Alltagssprache verschwunden sind und setzt sich intensiv mit den Ursachen und Urhebern dieser Entwicklung auseinander. Diese Analyse bildet die Grundlage für ihre weiteren Ausführungen und zeigt ihren Wunsch, die politische Debatte wieder auf grundlegende gesellschaftliche Werte zu fokussieren.
Teil 1: Die gespaltene Gesellschaft und ihre Freunde
Wagenknecht beginnt mit einer scharfen Kritik an den Veränderungen innerhalb der Linken, wobei sie besonders die Dominanz der sogenannten Lifestyle-Linken hervorhebt. Sie zeichnet einen Vergleich zwischen der traditionellen Linken, die gegen Armut und Ausbeutung kämpfte, und der modernen Lifestyle-Linken, die sich hauptsächlich mit kulturellen Themen wie Genderfragen und Identitätspolitik beschäftigt. Diese Gruppe, so Wagenknecht, vertritt vor allem die Interessen der Eliten und vernachlässigt die Anliegen der weniger Privilegierten.
Ein zentrales Konzept in Wagenknechts Argumentation ist die Bedeutung gemeinsamer Werte für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie warnt davor, dass diese Werte nicht hinterfragt werden und dadurch negative Folgen für die Gesellschaft haben können. Ihr Begriff der "Erzählungen" beschreibt, wie bestimmte Narrative unser Denken formen und oft unkritisch übernommen werden.
Historisch und gesellschaftlich analysiert sie die Entwicklung der Arbeiterklasse von der frühkapitalistischen Industrialisierung bis zur heutigen Situation. Sie kritisiert die neue akademische Mittelschicht und deren Einfluss sowie die ungleichen Auswirkungen der Zuwanderung. Wagenknecht sieht die heutige Linke auf der Seite der Gewinner der sozialen Veränderungen und näher am Neoliberalismus als an den traditionellen sozialistischen Werten.
Besonders kritisch betrachtet sie die Politik à la Margaret Thatcher und deren Folgen, wie die Entstehung von Parallelgesellschaften und das Scheitern der Integration. Sie schlägt konkrete Lösungsansätze vor, wie die Beendigung westlicher Interventionskriege und die Einstellung von Waffenlieferungen in Bürgerkriegsgebiete.
Teil 2: Ein Programm für Gemeinsamkeit, Zusammenhalt und Wohlstand
Im zweiten Teil des Buches entwickelt Wagenknecht ihre Vision einer neuen linken Politik, die auf einem gemeinsamen Fundament basiert, das Gesellschaften zusammenhält. Sie betont traditionelle Gemeinschaftswerte und plädiert für ein linkskonservatives Programm, das diese Werte integriert.
Sie kritisiert die Handlungsunfähigkeit supranationaler Institutionen wie der EU und schlägt einen solidarischen Internationalismus vor, der den Menschen in den Mitgliedsstaaten mehr nützen soll. Wagenknecht fordert die Beendigung der Herrschaft des großen Geldes und die Förderung einer innovativeren Wirtschaft.
In ihrer Kritik an der aktuellen kapitalistischen Ordnung und den Auswirkungen der Globalisierung betont sie, dass der Kapitalismus seine innovative Dynamik verloren habe und die Globalisierung zu wachsender Ungleichheit geführt habe. Sie schlägt vor, industrielle Wertschöpfung nach Europa zurückzuholen und die Abhängigkeit in Schlüsselindustrien zu reduzieren.
"Die Selbstgerechten" ist ein wichtiges Buch, das viele relevante Fragen aufwirft und zu einer intensiven Debatte über die Zukunft der Linken beiträgt. Wagenknechts scharfe Kritik an der Identitätspolitik, dem Elitismus und der Globalisierung bietet eine willkommene Gelegenheit zur Selbstreflexion für die Linke. Während ihre Thesen oft polemisch und einseitig erscheinen, liefern sie wertvolle Impulse für die Diskussion über soziale Gerechtigkeit und politische Ausrichtung. In einer Zeit, in der die politischen Profile immer verschwommener werden, liefert Wagenknechts Buch wichtige Einsichten und Denkanstöße für eine notwendige politische Neuausrichtung und Kooperation.
Kooperation der Parteien: Ein Schlüssel zur Bewältigung globaler Herausforderungen
In Zeiten tiefgreifender globaler Herausforderungen wie Klimawandel, geopolitischer Hegemonie, Globalisierung und Migration könnte eine enge Zusammenarbeit zwischen politischen Parteien der effektivste Weg sein, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Die Fragmentierung der politischen Landschaft und die oft ideologisch geprägten Konflikte zwischen Parteien erschweren jedoch eine solche Kooperation erheblich. Eine gemeinsame Anstrengung könnte jedoch zu besseren Ergebnissen führen, wie verschiedene Beispiele aus der politischen Praxis und der wissenschaftlichen Analyse nahelegen.
Klimapolitik: Ein globales Problem erfordert gemeinsame Lösungen
Der Klimawandel ist ein globales Problem, das nur durch kollektive Anstrengungen bewältigt werden kann. Wissenschaftler und Klimaexperten betonen, dass eine effektive Klimapolitik international koordiniert und national kohärent umgesetzt werden muss. Parteipolitische Differenzen können jedoch oft den Weg zu umfassenden Klimaschutzmaßnahmen blockieren. Beispielsweise haben parteipolitische Auseinandersetzungen in Deutschland die Einführung und Umsetzung bestimmter Klimaschutzgesetze verzögert. Eine überparteiliche Einigung könnte hier den Weg für schnellere und effektivere Maßnahmen ebnen.
Hegemonie und Globalismus: Notwendigkeit einer ausgewogenen Machtpolitik
Die geopolitische Hegemonie und die Herausforderungen des Globalismus verlangen nach einer ausgeglichenen und multilateralen Herangehensweise. Einzelne Staaten oder Parteien, die unilateral handeln, können das globale Machtgleichgewicht stören und Konflikte verschärfen. Historisch gesehen haben Koalitionen und Allianzen oft zu stabileren und friedlicheren internationalen Beziehungen geführt. Die Europäische Union beispielsweise, eine supranationale Organisation, die auf Kooperation und gemeinsamen Interessen basiert, hat in vielen Bereichen politische Stabilität und wirtschaftlichen Wohlstand gefördert.
Migration: Gemeinsame Lösungen für eine globale Herausforderung
Migration ist ein weiteres komplexes Thema, das eine enge Zusammenarbeit zwischen den Ländern erfordert. Eine humane und gerechte Migrationspolitik kann nur durch die Zusammenarbeit von Herkunfts-, Transit- und Zielländern erreicht werden. In Europa hat die Migrationskrise von 2015 gezeigt, dass nationale Alleingänge oft zu Chaos und humanitären Katastrophen führen. Eine koordinierte europäische Migrationspolitik, die auf Solidarität und gemeinsamen Lösungen basiert, könnte effektiver sein und gleichzeitig die Rechte und Bedürfnisse von Migranten respektieren.
Die Person Sahra Wagenknecht
Sahra Wagenknecht ist eine der bekanntesten und umstrittensten Persönlichkeiten der deutschen Politik. Geboren 1969 in Jena, in der ehemaligen DDR, ist sie eine der führenden Figuren der Partei Die Linke und war bis Oktober 2023 Mitglied der Bundestagsfraktion. Wagenknecht hat einen iranischen Vater und eine deutsche Mutter und wuchs in der DDR auf, was ihren politischen Hintergrund und ihre Perspektiven maßgeblich prägte.
Wagenknecht ist bekannt für ihre scharfe Rhetorik und ihre Fähigkeit, komplexe ökonomische und soziale Zusammenhänge klar und verständlich darzustellen. Ihre politische Karriere begann in der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS), dem Nachfolger der SED, und sie spielte eine zentrale Rolle bei der Gründung der Partei Die Linke durch die Fusion von PDS und WASG (Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit).
Ihre Positionen sind oft kontrovers, insbesondere ihre kritische Haltung gegenüber der EU, der Globalisierung und der Einwanderungspolitik. Wagenknecht wird sowohl für ihre intellektuellen Beiträge als auch für ihre unnachgiebige Kritik an der modernen Linken bewundert und kritisiert. Ihre politische Karriere ist gekennzeichnet durch einen ständigen Kampf gegen die neoliberalen Tendenzen in der deutschen und europäischen Politik, was sie zu einer scharfen Kritikerin der etablierten politischen Ordnung macht.