Freitag, der dreizehnte, das heißt

Vorlesen

- ein Tag eines vorbildlichen Ehepaars

An diesem kam Tag Edmund, ein Leichenträger, nach Hause früher als üblich. Seine Gattin Clara wartete auf ihn mit einem Stück Kuchen, gefüllt mit gebratenen Insekten, und zwar mit vielerlei Spinnen, was dem Ehemann besonders schmeckte. Sie lebten in der Großstadt Berlin im Süden. Sie liebten sich sehr und das vorbildliche Paar machte zwei Dinge gemeinsam, nämlich ein Essen drei Mal pro Tag sowie ein Fernsehen, bezogen nur auf Horrorfilme, insbesondere die schrecklichsten. Clara suchte nach einem neuen Film jeden Tag im Internet. Das war ein seltsames Pärchen. Edmund war 25 Jahre alt und seit 5 Jahren berufstätig. Er führte ein großes Bestattungsinstitut, das er von Eltern erbte. Er stammte aus einer Familie von Totengräbern seit zehn Genrationen. Clara war dagegen 70 Jahre alt und war eine Kartenlegerin und Wahrsagerin aus Leidenschaft sowie beruflich. Sie stammte aus einer berüchtigten, verrufenen Familie, zu der einst ein Henker und eine Hexe im 19. Jahrhundert gehört hatten. Clara war zwei Mal verwitwet und fünf Mal geschieden. Ihre vorigen Gatten verließen sie, nachdem sie ihnen Mittagessen mit einem Käfersaft serviert hatte, immer sagend drei Mal >Käfersaft, Käfersaft, Käfersaft< (Beetle Juice – seht euch einen bekannten Film darüber an). Sie war auch in einer Partnerschaftsbeziehung mit einer Frau, auch einer Wahrsagerin und Skelettsammlerin. Das war eben lange her. Es wirft sich eine Frage auf, wie sich Edmund und Clara gefunden hatten. Sie hatten sich auf einem Friedhof um Mitternacht getroffen, als Clara alleine, doch mondsüchtig, um den Friedhof geschlichen war. Der als Vampir bekleidete Edmund war ihr damals begegnet. Er gab ihr einen ersten Kuss. Sie wurden indes das Paar.

An jenem dreizehnten kam es zu einem Streit zwischen den beiden. Clara war Feuer und Flamme, weil sie vorher ihr hundertstes Trauerkleid in Berlin gekauft hatte. Edmund geriet außer Rand und Band, als er davon erfuhr. Es ging dabei ums Essen, und zwar ließ die Gattin zu wenig Spinnen braten, umso mehr, als sie nicht knusprig zu sein schienen.

>Du bist eine aufgedonnerte Tussi<, sagte der Mann.

>Und du ein Halunke, Schuft und Schurke<. entgegnete die Frau.

Ferner handelte sich bei dieser Zwistigkeit um einen Geburtstag ihrer Tochter, der genau auf diesen Tag fiel. Nach Claras Meinung sollte 7 jährige Agnes in einem Garten (doch mit nur verwelkten, Blumen) verbringen. Der Mann war dagegen und er wollte, dass Agnes immer in seinem Keller da saß. Die Tochter war ein Ungestüm seit Geburt an, sie hatte einen riesigen Schädel, den Kopf, der drei Mal größer als der normale war. Sie ähnelte Sloth aus dem Film >Goonies<. Das Mädchen war seit Geburt an in dem Keller ohne Fenster an eine Wand gekettet und gefangen. Agnes aß,

eigentlich als Ungeheuer fraß, bloß Brot mit Fliegen. Sie schlief nachts in einem Sarg.

Das großköpfige Mädel, die Missgeburt, ging mit den Eltern in den Garten hinaus, jedoch mit einer Kette an ihrem Hals, als ob sie ein Hund wäre.

Eine Nachbarin sah Agnes im Freien laufen und sie erschrak, nachdem sie in ihrem Balkon Luft geschnappt hatte. Die Nachbarin, eine aus einem Kloster entkommene ehemalige Nonne, namens Helga, lebte ohne Ehe mit einem ehemaligen Priester und einem Exorzisten, der auch sein kirchliches Amt ablehnte. Sie waren das freundliche Paar. Diese Beziehung war verboten und verflucht, zumal da eine Äbtissin nach der Klosterflucht Helgas das einem Papst mitgeteilt hatte. Helga rief die Polizei an.

Die Polizei kam an und wollte das ganze Haus durchsuchen. Das Paar versicherte, dass es kein Ungestüm bei ihnen gab, sie lebten allein und die Nachbarin hätte Traumbilder. Sie gaben dem Polizisten eine Tasse guten Kaffees und er verließ vergnügt das alte Haus mit dunklen Mauern. Der Polizist wollte etwas Kaffee für seinen schwulen Freund mitnehmen, mit dem er lebte. Der Polizist und sein Freund mochten Chips bei Horrorfilmen jeden Tag essen. Edmund und Clara spürten einen grenzenlosen Rachedurst gegenüber der Nachbarin, die die Polizei benachrichtigte. Sie wollten sie einfach umbringen.

Clara ging in die Stadt Berlin hinaus. Sie fuhr mit einer Ü-Bahn bis zur Mitte. Dann kaufte sie sich ein Messer in einem Laden am Kurfürstendamm. Dann ging sie heim. Am Abend nahm sich Edmund vor, als ein Klempner bekleidet, mit einer Maske, in das Nachbarhaus zu gehen. Dort nahm er sich dieses Messer. Als Helga sich in einer Küche umdrehte, bekam sie drei Messerstiche mitten im Herz, sodass sie sofort verblutete. Der Tod war ersichtlich. Der Gräber entkam sogleich mit dem Leichnam, bevor der Freund Helgas von einer Dorfreise nach Hause kam.

Edmund bestattete die ermordete Helga allein ohne Helfer auf seinem großstädtischen Friedhof zu Berlin. Das geschah noch am selben Abend, dem 13-ten Tag. Nun seht euch das grausame Familienhaus in Berlin an, in dem Edmund und Clara lebten:

Schaut darüber hinaus auf den Käfersaft und den alt-morschen Sarg für Frau Helga!

Denkt dabei darüber nach, was wäre denn, wenn du den Saft trinken müsstest und in dem Sarg lägest.


Gefällt mir
1
 

Weitere Freie Texte

Freie Texte

Irena Habalik: Es war einmal, er war einmal

Irena Habalik

Es war einmal, er war einmal, hatte eine Gitarre hatte eine Stimme wie Balsam einen Sohn hatte er, Zweifel, Hoffnung sang und sang gegen Zweifel, sang einen Song für die Hoffnung, für den Sohn Wir sangen mit, mal leise, mal laut, lauter ein Lied über die Wolken, wir erhoben die Hände wollten fliegen mit dem Lied, wollten höher und noch höher, wollten die kalte, graue Welt hinter uns lassen wollten das All in Worte fassen und sie da oben nahmen das Lied weiß, blau gierig, nahmen es für das ...
Freie Texte

Die unbändige Sucht der Freiheit im Strom einfach so

UpA

Da geh ich nun einfach so- Einfach über Gewirr von Pflanzen und Stein- Entlang des Stroms nur einfach so Kein Sinn noch Verstand- Einfach über Gewirr von Pflanzen und Stein- Mit dem Strom einfach so Leuchtend warm das Gesicht bedeckt- Einfach über Gewirr von Pflanzen und Stein- Hörend den Strom einfach so Salzige Luft leicht in der Lunge- Einfach über Gewirr von Pflanzen und Stein- Fühlend die Sucht einfach so die unbändige Sucht der Freiheit im Strom- Einfach über Gewirr von Pflanzen und Stein- ...
Freie Texte

Luna Vedder: Zwei kleine Flammen

Luna Vedder

Kaum umschlungen deine Arme mich stieg mir die Wärme ins Gesicht. Oh die Flamme sie ist entfacht, bei dem ersten Treffen, dass sie sowas macht. Das hat was zu bedeuten, oder Flämmchen? Jetzt veranstaltet sie ein kleines Tänzchen. Ich glaubte ihr und ließ mich leiten, dass nächste Treffen sollte bald folgen. Bei jeder Umarmung, die wir teilten, spürte ich was Warmes in meinem Herzen pochen. Denn wir umarmten uns nun immer fester nun beide Flammen in Gelächter, denn auch wir, wir lachten ...
Freie Texte

Olaf Zeidler: Wintermärchen in der Fassung von 1990

Olaf Zeidler

Es war einmal ein liebes Kind, das machte alles recht geschwind sehr artig und fast ungefragt, so wie die Eltern streng gesagt. Zu Großmut wurd` es oft verdammt und schlicht das „gute Volk“ genannt. Bis eines düst`ren Tages dann zur Abendstunde laut begann, das Kind zu schrein` als wär es krank, die Mutter an – ganz ohne Dank. Sie wurde auch – wer hat`s erkannt – recht ehrfürchtig „Partei“ genannt. Der Vater wollte nicht verzagen, dem Kind ganz laut die Meinung „sagen“. Doch Mutter hielt ihn ...
Freie Texte

Irena Habalik: Sie schreiben Gold

Irena Habalik

Sie schreiben: Gold, Gelb und die Vergesslichkeit der Welt halten uns zusammen, schlügen die Herzen höher, hätte man weniger am Herzen, es sind die Stunden davor und die danach, dazwischen hast du das Recht dir ins Fäustchen zu lachen. Sie schreiben: es gibt uns und sie geben unserem Blick die Richtung ihrer Augen. Sie schreiben groß und klein, schieben darunter ein unbeschriebenes Blatt. Sie sagen, beim Kaffeetrinken, tunke die Gedanken in die Untertasse, so kannst du die Leere besser fassen, ...
Freie Texte

Über Ghosting

Jarmila Oeßelmann

Freundschaft kann sich entwickeln oder aufhören, das habe ich nun gelernt. Seit Monaten ist Funkstille und ich weiß bis heute nicht den Grund, warum nie wieder was von Dir kam, dabei hatten wir mal die Vision von einem Plan. Aber Du bist nicht der erste und auch nicht der einzige Mensch, welcher die Bedeutung von Gesprächen nicht sehen kann und deswegen klammer ich mich an die Hoffnung ran. An die Hoffnung einer Welt, in der Ehrlichkeit ganz viel am Leben hält. Immer wieder diese Selbstzweifel: ...
Freie Texte

Haircut

Olaf Zeidler

ELA, Target, No-bail-out, EFSF, SWP . ESM, wohin man schaut; Schulden tun wohl nicht mehr weh. Swaps, Fonds, Derivate, gibt es leider viel zu viel. Missbraucht wird das Ersparte, bei manch riskanten Zockerspiel. ABS-Papiere fein, verstecken zwar die üble Last; nur sieht das ja nicht jeder ein, der untern Rettungsschirm noch passt. Doch sollte man dran denken: auf die Landung kommt es an. Es gibt nichts zu verschenken, weil dann niemand helfen kann... Also: "Hals und Beinbruch!" (alter Gruß der ...
Freie Texte

Reichtum der nichts Wert

Marc Bovey

Den Reichtum wo ihr habt, den hab ich nicht Jedoch kann ich jeden Tag sehen im Spiegel mein Gesicht Ich schäme mich im Leben für mich nie Du lügst dich selber an und lebst in Hysterie Die Ehrlichkeit und das gute Herz ich habe Ist das grösste im Leben, wenn man erhalten hat diese Gabe Eines Tages werde ich stehen vor der dem Himmelstor Die anderen werden sich wundern, da ich ihnen komm zuvor Im Augenblick wo ich trete in die Glückseligkeit Wirst du merken, dass nicht ich sondern du alles hast ...

Aktuelles

Jedes Buch über Flüchtlinge erzäht Geschichten von denen, die leider kein sicheres Zuhause haben. Jedes Buch über Flüchtlinge erzäht Geschichten von denen, die leider kein sicheres Zuhause haben. ---- Bleibe auf dem Laufenden und folge uns auf: Facebook: http://on.fb.me/1hyepxE Twitter: https://twitter.com/unoflucht oder Instagram: https://www.instagram.com/unofluechtlingshilfe/ ---- Unser Ziel: Flüchtlingsleben retten - Flüchtlingsrechte schützen! 🌍 Wir, die UNO-Flüchtlingshilf Youtube

UNO-Flüchtlingshilfe empfiehlt: Geschichten über Flucht zum Vorlesetag 2024