Der Roman "Eigentum" von Wolfgang Haas führt die SWR Bestenliste für den Monat Dezember an. Auf Platz 2 folgt Jan Kuhlbrodt mit "Krüppelpassion - oder vom Gehen". Platz 3 geht an Annie Ernaux mit "Die leeren Schränke".
Wolfgang Haas rührender Roman "Eigentum" wurde auf Platz 1 der SWR-Bestenliste (Dezember) gewählt. Haas Buch ist eine Abschieds- und Erinnerungssuada an seine Mutter. Begonnen hatte er den Roman noch zu deren Lebzeiten. Sein Ziel: bis zur Beerdigung der Mutter muss das Buch fertig sein. Der Titel "Eigentum" bezieht sich auf mehrere Aspekte. Zum einen musste Haas´ Mutter ihr Leben lang um Besitz kämpfen. Zum anderen stellt sich im Roman die Frage, wem ein Leben gehört, wer wie darüber verfügt, also die Kontrolle in den Händen hält.
Nachdem Haas vor allem mit Romanen um den ehemaligen Inspektor und späteren Privatdetektiv Simon Brenner bekannt geworden ist, legt er mit "Eigentum" nun sein wohl persönlichsten Buch vor. Obgleich wir es hierbei mit einem tiefernsten Buch zu tun haben, klingt partiell noch immer der klassische Haas-Sound durch. Abwechseln kommen Sohn und - in dialektaler Färbung - die Mutter zu Wort, wodurch sich ein aus einzelnen Fragmenten zusammensetzendes Ganzes bildet, welches die Grundzüge eines Lebens erkennen lassen.
"Eigentum"
"Ich war angefressen. Mein ganzes Leben lang hat mir meine Mutter weisgemacht, dass es ihr schlecht ging. Drei Tage vor dem Tod kam sie mit der Neuigkeit daher, dass es ihr gut ging. Es musste ein Irrtum vorliegen." Mit liebevoll grimmigem Witz erzählt Wolf Haas die heillose Geschichte seiner Mutter, die, fast fünfundneunzigjährig, im Sterben liegt. 1923 geboren, hat sie erlebt, was Eigentum bedeutet, wenn man es nicht hat. „Dann ist die Inflation gekommen und das Geld war hin." Für sie bedeutete das schon als Kind: Armut, Arbeit und Sparen, Sparen, Sparen. Doch nicht einmal für einen Quadratmeter war es je genug. Endlich wieder ein neuer Roman von Wolf Haas. Ein großes, berührendes Vergnügen. (Verlagsankündigung/Hanser)
Platz 2 - Jan Kuhlbrodt mit "Krüppelpassion - oder Vom Gehen"
Jan Kuhlbrodt hat mit »Krüppelpassion oder Vom Gehen« eine vielschichtige Prosa geschrieben, die sich mit großer Unerschrockenheit, erstaunlicher Komik und theoretischem Witz der eigenen MS-Erkrankung stellt. Was ihm inzwischen am schwersten fällt, das Gehen, wird dabei zum Leitmotiv eines erfahrungssatten szenischen Panoramas. Darin verarbeitet er Erinnerungen, Reflexionen und Selbstbeobachtung und spannt eine Linie vom Hohelied über Søren Kierkegaard bis hin zu Antonio Gramsci. Die papierene Welt der Bücher wird ihm zur Gegenlandschaft, in der die Utopie einer Welt ohne Gravitation aufscheint. Verzweiflung und ein feines Gespür für sinnliche und sprachliche Nuancen werden immer wieder kunstvoll ins Gleichgewicht gebracht. (Verlagsankündigung/Gans Verlag)
Platz 3 - Annie Ernaux mit "Die leeren Schränke"
An einem Sonntag im Jahr 1961 sitzt die zwanzigjährige Literaturstudentin Denise Lesur in ihrem Zimmer und wartet – dass ihr Körper die Abtreibung vollzieht, die eine Engelmacherin im Verborgenen eingeleitet hat. Der gebildete, bourgeoise, selbstgewisse Marc hat Denise auf die Nachricht der Schwangerschaft hin direkt verlassen. Und das Milieu, das er verkörpert, hätte sich auch nie ganz in ihrem Körper beheimaten können. Während sie also wartet, denkt sie über ihre Kindheit und Jugend nach: Zerrissen zwischen dem Elternhaus – obgleich stolze Épicerie-Besitzer sind ihre Eltern den bescheidenen, ländlichen Verhältnissen der Herkunft nie wirklich entronnen – und den Mitschülerinnen jener besseren Schulen, auf die ihre guten Leistungen sie befördert hatten, fühlt sich Denise von beiden Seiten stets abgestoßen. (Verlagsankündigung/Suhrkamp)
Die Top 10 der SWR Bestenliste (Dezember 2023)
- Platz 1 - Wolf Haas mit "Eigentum"
- Platz 2 - Jan Kuhlbrodt mit "Krüppelpassion - oder Vom Gehen"
- Platz 3 - Annie Ernaux mit "Die leeren Schränke"
- Platz 4 - Peter Handke mit "Die Ballade des letzten Gastes"
- Platz 5 - Daniel Kehlmann mit "Lichtspiel"
- Platz 6 - Zadie Smith mit "Betrug"
- Platz 7 - Jan Wagner mit "Steine & Erden"
- Platz 8 - Pedro Lemebel mit "Torero, ich hab Angst"
- Platz 9 - Barbi Markovic - "Minihorror"
- Platz 10 - Michael Kleeberg mit "Dämmerung"