Der irische Autor Paul Lynch erhält den diesjährigen Booker-Literaturpreis für seinen vor wenigen Monaten erschienen vierten Roman "Prophet Song". Der Booker-Prize ist mit 50.000 Pfund (etwa 57.500 Euro) dotiert und gilt als der wichtigste britische Literaturpreis.
Der irische Schriftsteller und Filmkritiker Paul Lynch erhält den Booker-Literaturpreis 2023. Wie die Organisatoren am Sonntagabend mitteilten, werde mit der Auszeichnung Lynchs im August diesen Jahres erschienener Roman "Prophet Songs" gekürt. Der Roman, in dessen Mittelpunkt eine tyrannische irische Regierung sowie die damit einhergehenden sozialen und politischen Ängste stehen, sei ein "Triumph des emotionalen Erzählens", befand die Jury. Der Autor fange damit die Ängste unserer Zeit ein.
In "Prophet Song" entwirft Lynch die Vision eines Irlands, das sich in den Händen eines totalitären Regimes befindet. Protagonistin ist eine vierfache Mutter und Wissenschaftlerin, die, nachdem ihr Mann von der Geheimpolizei entführt wurde, vor einer schrecklichen Entscheidung steht.
Ein Buch, das die Karriere gefährdete
Laut der britischen Nachrichtenagentur PA sagte Lynch nach der Preisverleihung: "Dieses Buch war nicht leicht zu schreiben". Der rationale Teil von ihm habe geglaubt, dass er seine Karriere mit dem Schreiben dieses Romans aufs Spiel setze. "Aber ich musste das Buch trotzdem schreiben. Wir haben keine Wahl in solchen Angelegenheiten." "Prophet Song" sei durch den Krieg in Syrien und die Flüchtlingskrise inspiriert worden.
Vor der Preisverleihung erklärte der Autor, dem Buch liege das Gefühl des Liberal-demokratischen Abrutschens zugrunde. Ein Gefühl, welches in den letzten sechs, acht, vielleicht zehn Jahren weltweit stattgefunden habe. In einem Gespräch mit der BBC am Montag betonte Lynch allerdings, es handle sich bei "Prophet Song" um kein in erster Linie politisches Buch. Vielmehr habe er sich für den Umgang seiner Protagonistin mit den Fragen des Lebens und dem Tod interessiert. Das Gefühl der Trauer könne man aber auch als Reaktion auf den allgemeinen Zustand der Welt verstehen. "Viele, die darauf Acht geben, würden wohl sagen, dass wir eine Art der Auflösung erleben", sagte er. Sein Buch gehe der Frage nach, wo das hinführen könne.
Über die gewalttätigen Ausschreitungen in der irischen Hauptstadt Dublin in der vergangenen Woche zeigte sich Lnych "erstaunt, wie alle anderen auch". Gleichzeitig sei "diese Art der Energie immer unter der Oberfläche", sagte der Autor bei einer Pressekonferenz am Sonntagabend. Die Krawalle müssten als Warnung verstanden werden. Er fügte jedoch hinzu, Irland sei ein gastfreundliches Land und ein "außergewöhnliches Land zum Leben".
Paul Lynch
Paul Lynch wurde 1977 in Limerick (Irland) geboren. Bereits als Jugendlicher las er viel und begann, Kurzgeschichten zu verfassen. Aufgrund starker Versagensängste versuchte er der Schriftstellerei jedoch aus dem Weg gehen. Mit Ende zwanzig begann er als Journalist für die irische Tageszeitung "Sunday Tribune" zu arbeiten, wo er 2007 zum Cheffilmkritiker wurde. Sein Debütroman "Red Sky in Morning" erschien 2013. Das Buch wurde von der Literaturkritik begeistert besprochen. Es folgten die Romane "The Black Snow" (2014), "Grace" (2017) sowie der jetzt ausgezeichnete "Prophet Song".
Der Booker-Prize
Der Booker Prize ist der wichtigste britische Literaturpreis. Er wird jährlich an den Autoren eines in Großbritannien oder Irland erschienenen englischsprachigen Romans vergeben. Autoren und Autorinnen wie Margaret Atwood, Hilary Mantel und Salman Rushdie waren frühere Booker Prize-Gewinner.
Hier bestellen
Topnews
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Karl Ove Knausgård: Das dritte Königreich
Romanverfilmung "Sonne und Beton" knackt Besuchermillionen
Asterix - Im Reich der Mitte
Rassismus in Schullektüre: Ulmer Lehrerin schmeißt hin
14 Nominierungen für die Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues"
"Die Chemie des Todes" - Simon Becketts Bestsellerreihe startet bei Paramount+
Michel Houellebecq und die "Aufstachelung zum Hass"
Aktuelles
„Nebel und Feuer“ von Katja Riemann – Wie vier Frauen inmitten der Krisen unserer Zeit Gemeinschaft, Mut und Sinn finden
Der Pinguin meines Lebens – von Tom Michell - Buch & Filmstart 2025: Rezension einer besonderen Freundschaft
„Mama, bitte lern Deutsch“ von Tahsim Durgun – TikTok trifft Literatur
"The Loop – Das Ende der Menschlichkeit“ von Ben Oliver: Was passiert, wenn Künstliche Intelligenz den Wert des Lebens bestimmt?
„Déjà-vu“ von Martin Walker – Brunos siebzehnter Fall und die Schatten der Geschichte
„Der Besuch der alten Dame“ – Wie Dürrenmatts Klassiker den Preis der Moral entlarvt
„Der Hundebeschützer“ von Bruno Jelovic – Wie aus einem Fitnessmodel ein Lebensretter für Straßenhunde wurde
Für Martin Suter Fans: „Wut und Liebe“ -Wenn Gefühle nicht reichen und Geld alles verändert
„Rico, Oskar und die Tieferschatten“ – Warum Andreas Steinhöfels Kinderbuchklassiker so klug, witzig und zeitlos ist
Abschied: Peter von Matt ist tot
„Hoffe: Die Autobiografie“ von Papst Franziskus – Was sein Leben über die Welt von heute erzählt
„Hunger und Zorn“ von Alice Renard – Was der stille Debütroman über Einsamkeit und Empathie erzählt
»Gnade Gott dem untergeordneten Organ« – Tucholskys kleine Anatomie der Macht
Ein Haus für Helene
