Die Jury des Deutschen Buchpreises 2023 hat soeben die zwanzig Titel bekanntgegeben, die in diesem Jahr ins Rennen um die renommierte Auszeichnung gehen. Neben Clemens J. Setz mit "Monde vor der Landung" finden sich Necati Öziri´s "Vatermal" und Raphaela Edelbauer´s "Die Inkommensurablen" auf der Liste. Wir stellen die Shortlist vor.
Der mit 25.000 Euro dotierte Deutsche Buchpreis wird am 16. Oktober im Rahmen der Frankfurter Buchmesse vergeben. Heute hat die Jury bekanntgegeben, welche 20 Titel sich Hoffnung auf die renommierte Auszeichnung machen dürfen. Neben bekannteren AutorInnen wie Clemens j. Setz und Raphaela Edelbauer haben wir es auch in diesem Jahr wieder mit einigen Überraschungen zu tun. Wir stellen die Titel in aller Kürze vor.
Deutscher Buchpreis 2023 - Die Longlist im Überblick
- Tomer Dotan-Dreyfus - "Birobidschan"
- Raphaela Edelbauer - "Die Inkommensurablen"
- Sherko Fatah - "Der große Wunsch"
- Elena Fischer - "Paradise Garden"
- Charlotte Gneuß - "Gittersee"
- Luca Dieser - "Weil da war etwas im Wasser"
- Angelika Klüssendorf - "Risse"
- Sepp Mall - "Ein Hund kam in die Küche"
- Terézia Mora - "Muna"
- Thomas Oláh - "Doppler"
- Angelika Overath - "Unschärfen der Liebe"
- Necati Öziri - "Vatermal"
- Teresa Präauer - "Kochen im falschen Jahrhundert"
- Anne Rabe - "Die Möglichkeit von Glück"
- Kathrin Röggla - "Laufendes Verfahren"
- Toinoi Schachinger - "Echtzeitalter"
- Sylvie Schenk - "Maman"
- Clemens J. Setz - "Monde vor der Landung"
- Tim Staffel - "Südstern"
- Ulrike Sterblich - "Drifter"
Die Bücher im Einzelnen - Verlagsankündigungen
Tomer Dotan Dreifus - "Birobidschan"
Sibirien, 1908. Ein Knall erschüttert den sibirischen Wald Tunguska. Zwei Jahrzehnte später plant Stalin eine jüdisch-sozialistische Autonomie an der Grenze zu China: Birobidschan. Was als stalinistisches Experiment der 1930er Jahre scheitert, wird in Tomer Dotan-Dreyfus’ Debütroman zum Dreh- und Angelpunkt einer funkensprühenden Geschichte: Da sind Alex und Rachel, verliebt seit Kindertagen. Boris Klayn, Fischer und Ur-Birobidschaner. Gregory und Sascha, enge Freunde, einer hat Depressionen, der andere nimmt ihn mit auf einen Roadtrip gen Tunguska. Dmitrij, der Angst vor Wölfen hat.
Das Leben in Birobidschan geht seinen Gang, die kleinen und großen Sorgen der Bewohner drehen sich fern allen Weltgeschehens – bis sich die Ereignisse überschlagen: Zwei fremde Männer und ein stummes Mädchen bringen die idyllische Gemeinschaft zum Bersten.
Raphaela Edelbauer - "Die Inkommensurablen"
Wien, Zentrum der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, steht Kopf. Noch sechsunddreißig Stunden, dann läuft das deutsche Ultimatum ab. Die Stadt ist ein reißender Strom, in allen Straßen bricht sich die Kriegsbegeisterung der jungen Generation bahn. Mitten in diesen Taumel gerät Hans, ein Pferdeknecht aus Tirol, der sich auf den Weg in die Metropole gemacht hat, um die Psychoanalytikerin Helene Cheresch aufzusuchen. Dort angekommen trifft er auf Adam, einen musisch begabten Adligen, und Klara, die sich als eine der ersten Frauen an der Universität Wien im Fach Mathematik promovieren wird. Gemeinsam verbringen die drei jungen Menschen den letzten Abend vor der Mobilmachung – in einer Stadt, die sich ihrem Zugriff mehr und mehr zu entziehen droht.
Sherko Fatah - "Der große Wunsch"
Eine Tochter verschwindet. Sie ist aufgebrochen, um sich in Syrien mit einem Glaubenskrieger zu verheiraten, den sie im Internet kennengelernt hat. Zurück bleibt ein Vater, der sich Vorwürfe macht. Hätte Murad seiner Tochter Naima nur mehr von seinem Herkunftsland erzählt, von dem er sich hier in Deutschland endlich gelöst hat. Hätte er ihren Fremdheitsgefühlen nur mehr Beachtung geschenkt. Vielleicht wäre sie dann nicht im Namen der Religion in eine Welt heimgekehrt, die ihr vollkommen unvertraut ist. Murad sieht nur eine Lösung: Er muss Naima finden. Und so nimmt er Kontakt zu Schleusern auf, reist in das Kurdengebiet an der türkisch-syrischen Grenze und stellt sich dabei auch seiner eigenen Vergangenheit. Als ihm die Schleuser ein Audiotagebuch präsentieren, das von einer Frau in Rakka aufgenommen wurde, mit großer Wahrscheinlichkeit Naima, entscheidet Murad, die gefährliche Reise in das Herrschaftsgebiet des Islamischen Staates auf sich zu nehmen…
Elena Fischer - "Paradise Garden"
Die 14-jährige Billie verbringt die meiste Zeit in ihrer Hochhaussiedlung. Am Monatsende reicht das Geld nur für Nudeln mit Ketchup, doch ihre Mutter Marika bringt mit Fantasie und einem großen Herzen Billies Welt zum Leuchten. Dann reist unerwünscht die Großmutter aus Ungarn an, und Billie verliert viel mehr als nur den bunten Alltag mit ihrer Mutter. Als sie Marika keine Fragen mehr stellen kann, fährt Billie im alten Nissan allein los – sie muss den ihr unbekannten Vater finden und herausbekommen, warum sie so oft vom Meer träumt, obwohl sie noch nie da war.
Charlotte Gneuß - "Gittersee"
1976, im Dresdner Vorort Gittersee: Karin ist 16, hütet ihre kleine Schwester und hilft der renitenten Großmutter im Haushalt, die ihrer Zeit als Blitzmädel hinterhertrauert. Karins Vater verzweifelt an der Reparatur seines Škodas wie an der des Familienlebens, und ihre Mutter würde am liebsten ein anderes Leben führen. Aufgehoben fühlt sich Karin bei ihrer Freundin Marie, dem einzigen Mädchen in der Klasse, das später nicht etwas machen, sondern etwas werden will: die erste Frau auf dem Mond. Und Karin ist verliebt: in ihren Freund Paul, der gerne Künstler wäre, aber im Schacht bei der Wismut arbeitet. Als Paul zu einem Ausflug aufbricht und nicht mehr zurückkommt, stehen eines Nachts zwei Uniformierte vor der Tür, und Karins Welt gerät aus den Fugen.
In diesem eindringlichen Debütroman erzählt Charlotte Gneuß von einer Welt, die es nicht mehr gibt und von der Frage, ob Unschuld möglich ist.
Luca Dieser - "Weil da war etwas im Wasser"
Alles dreht sich um einen monströsen Tintenfisch. Einen Riesenkalmar. Als dieser ein Tiefseekabel berührt, beginnen seine Arme und Tentakel zu erzählen. Davon, wie es ist, in ständiger Dunkelheit zu leben, wie es ist, für den Menschen ein Ungeheuer zu sein. Sie erzählen von Sanja, die ein Praktikum auf einem Frosttrawler absolviert und sich um einen gefangenen Kalmar kümmert. Sie erzählen von Dagmar, die für einen Geheimdienst in der Antarktis stationiert ist und diesen Kalmar unbemerkt nach Deutschland schaffen soll. Sie erzählen von einer Kindheit als Schäferstochter. Sie erzählen von einer Familie, deren Urahn schon mit einem Kalmar gekämpft hat. Sie erzählen von dem jungen Jules Verne, der von diesem Kampf hört und darüber zu schreiben beginnt. Am Ende erzählen sie davon, wie schwierig es für Menschen ist, von Tieren zu erzählen, und warum sie es dennoch tun.
Angelika Klüssendorf - "Risse"
Das Mädchen ist zurück: In zehn Geschichten entfaltet Angelika Klüssendorf ein Kinderleben in der DDR in den 60ern und 70ern, geprägt von Ungeborgenheit und Sehnsucht. Nach dem Tod der geliebten Großmutter muss das Mädchen Übergriffen und Teilnahmslosigkeit begegnen. Es ringt darum, seine Eltern auszuhalten und zu verstehen und die Schwester zu beschützen. Lichtblicke liefern Bücher, das Lesen bietet selbst im Kinderheim noch einen Ausweg. Die Kaschnitz-Preisträgerin erzählt die Vorgeschichten zum Erfolgsroman „Das Mädchen“ neu, die vor zwanzig Jahren erschienen und nicht mehr lieferbar sind. Und sie überprüft schonungslos, was nicht erzählt wurde und warum. Ist Wahrhaftigkeit im Erzählen von sich möglich? Autofiktion, radikal und bewegend!
Sepp Mall - "Ein Hund kam in die Küche"
Eine Familie aus Südtirol entscheidet sich 1942 im Zuge der „Option“ für die Auswanderung ins Deutsche Reich. Der 11-jährige Ludi erzählt von den letzten Tagen im Dorf und der ersten Station im Deutschen Reich: Innsbruck. Auf Anweisung der Ärzte muss sein behinderter Bruder Hanno in eine Anstalt bei Hall gebracht werden. Die restliche Familie zieht weiter nach Oberösterreich. Der Vater wird in die Wehrmacht eingezogen und auch Hanno kehrt nicht mehr zurück. Ein Brief aus einer „Heil- und Pflegeanstalt“ des Reiches ist alles, was der Familie von ihm bleibt. Sepp Mall gilt als einer der wichtigsten Schriftsteller Südtirols, der sich in seinem Werk mit komplexen Themen der jüngsten Zeitgeschichte auseinandersetzt. Wie lässt sich das Unbegreifliche verstehen und wie überlebt man ein kollektives Trauma?
Terézia Mora - "Muna"
Es ist der Sommer 1989, kurz vor dem Mauerfall. Muna lebt in der DDR und steht vor dem Abitur, als sie Magnus kennenlernt, Französischlehrer und Fotograf. Mit ihm, dem deutlich älteren Mann, verbringt sie eine Nacht. Dann verschwindet er. Erst sieben Jahre später begegnen sich die beiden zufällig in Berlin wieder, und sie werden ein Paar. Doch schon auf der ersten gemeinsamen Ferienreise nach Island brechen Risse in ihrer Beziehung auf. Muna erkennt Magnus nicht wieder - seine Gefühlskälte, seine Unberechenbarkeit, seine Unbeherrschtheit. Sie sieht über ihre verletzten Gefühle hinweg, redet sich ein, dass alles besser wird. Muna verschließt die Augen vor der Wahrheit – immer und immer wieder.
Thomas Oláh - "Doppler"
Ein Reifenplatzer. Als erstes fliegen die Boccia-Kugeln durch den Fahrgastraum, dann Mutti und Vati. Der unversehrt gebliebene Junge wird zu den Großeltern verbannt, sein Exil heißt: Frankenhayn. Ein Schelm, wer dabei an Frankenstein denkt – wiewohl das Dorf, in einer weinseligen Gegend Österreichs zu verorten, und sein Personal durchaus schaurige Züge aufweisen. Für die Großeltern, nächtens in Sarkophage ohne Deckel gebettet, scheint es die normalste Sache der Welt, das Herz eines Schweines zu verspeisen, das eben noch fröhlich vor sich hin quiekte. Dazu trinken sie Wein mit einer Andacht, die sehr an den Pfarrer und sein sonntägliches Ritual erinnert. Überhaupt steht das Katholische in innigster Verbindung mit dem Alkoholischen. Und dem Diabolischen: Die beiden Cousins, zwei Flaschen, wie sie im Buche stehen, lassen keine Gelegenheit zur Grausamkeit an Mitmensch und -tier aus. Die Flaschen wiederum, die auf den Tisch kommen, sind von monströser Größe: zweilitrig, Doppler genannt, geradezu emblematisch für diesen Sommer 1970, nach dem nichts mehr so ist wie vorher …
Angelika Overath - "Unschärfen der Liebe"
Eine Zugreise von Chur bis nach Istanbul: Angelika Overath erzählt eine west-östliche Fahrt durch den Balkan. Wie viel Freiheit kann es geben zwischen drei Menschen unterschiedlicher Kulturen, die einander suchen und sich selbst finden?
Als Baran im schweizerischen Chur den Zug besteigt, ahnt er bereits, dass nichts mehr so sein kann, wie es war. Sein Lebenspartner Cla entfremdet sich ihm. Und auch er hat sich verändert. Er liebt Cla, aber nun hat er die Bündnerin Alva, Clas vorherige Partnerin und Mutter ihres gemeinsamen Kindes Florinda, kennengelernt. Was bedeutet diese unerwartete Nähe? Je länger Baran aus dem Zugfenster schaut, hinter dem die Landschaften ihr Gesicht wechseln, je vertrauter ihm die Menschen in den Abteilen werden mit ihren Geschichten, desto mehr mischen sich Erinnerungen und gegenwärtiges Erleben. Orte und Zeiten gehen ineinander über. Im Nachtzug von Sofia nach Istanbul bricht eine Entscheidung auf, die am Ende alle überraschen muss.
Necati Öziri - "Vatermal"
Necati Öziri schreibt eine Familiengeschichte über einen Sohn, eine Mutter und eine Schwester, deren Leben und Körper gezeichnet sind von sozialen und politischen Umständen. Und er schreibt über einen abwesenden Vater. Er wendet sich an seinen Vater, den er nie kennengelernt hat. Ein Roman von radikaler Wahrheit, Wut, Kraft, Liebe und Sehnsucht – und das dringlichste Debüt des Jahres.
Teresa Präauer - "Kochen im falschen Jahrhundert"
Der Roman eines Abends und einer Einladung zum Essen. Voll mit Rezepten für ein gelungenes Leben und einen misslingenden Abend, der immer wieder neu ansetzt, schlau, witzig, heiter, gleichzeitig begleitet von den unterschwelligen oder ganz offen artikulierten Aggressionen der Beteiligten.
In ihren Gesprächen verhandeln sie die ganz großen und kleinen Themen, von den „Foodporn“-Bildern im Internet über Kochen, Einkaufen und Wohnen als soziale Praktiken. Zunehmend wird der Abend komischer, tragischer, erotischer – dabei werden einzelne „heutige“ Begriffe diskutiert, während die Gastgeberin keine besonders talentierte Gastgeberin ist und sich immer wieder ins falsche Jahrhundert versetzt fühlt. Nebenbei wird in Anekdoten eine Geschichte der Waren, Speisen und des Kochens erzählt.
Anne Rabe - "Die Möglichkeit von Glück"
Stine kommt Mitte der 80er Jahre in einer Kleinstadt an der ostdeutschen Ostsee zur Welt. Sie ist ein Kind der Wende. Um den Systemwechsel in der DDR zu begreifen, ist sie zu jung, doch die vielschichtigen ideologischen Prägungen ihrer Familie schreiben sich in die heranwachsende Generation fort. Während ihre Verwandten die untergegangene Welt hinter einem undurchdringlichen Schweigen verstecken, brechen bei Stine Fragen auf, die sich nicht länger verdrängen lassen. Anne Rabe hat ein ebenso hellsichtiges wie aufwühlendes Buch von literarischer Wucht geschrieben. Sie geht den Verwundungen einer Generation nach, die zwischen Diktatur und Demokratie aufgewachsen ist, und fragt nach den Ursprüngen von Rassismus und Gewalt.
Kathrin Röggla - "Laufendes Verfahren"
„Kein Schlussstrich!“ Das war die Forderung vieler Stimmen aus der Nebenklage nach dem Urteil des NSU-Prozesses. Zu wenig wurde aufgeklärt, zu viel politisch versprochen. Was genau aber passiert mit einem Prozess, um dessen Grenzen so nachhaltig gestritten wird? Wer beobachtet die dritte Gewalt bei ihrer Arbeit, wenn es um rassistischen Terror und den Angriff auf unsere Demokratie geht? Kathrin Röggla erzählt nicht in der üblichen Vergangenheitsform von einem abgeschlossenen Fall, und sie nimmt die bewusst unprofessionelle Perspektive eines „Wir“ ein, das oben auf den Zuschauerrängen sitzt. Doch wer sind „wir“ eigentlich, wenn jedes »Wir« durch den Prozess in Frage gestellt wird? Mit großer Genauigkeit, aber auch mit erstaunlicher Komik und Musikalität erzählt Rögglas Roman von den Rollen und Spielregeln des laufenden Verfahrens, um zu einer radikal offenen, vielstimmigen Form der Aufklärung zu kommen. Es ist ein Buch über die aktive Teilhabe all der Menschen, die das Gericht zu einem lebendigen Ort der Demokratie machen.
Toinoi Schachinger - "Echtzeitalter"
Ein elitäres Wiener Internat, untergebracht in der ehemaligen Sommerresidenz der Habsburger, der Klassenlehrer ein antiquierter und despotischer Mann. Was lässt sich hier fürs Leben lernen? Till Kokorda kann weder mit dem Kanon noch mit dem snobistischen Umfeld viel anfangen. Seine Leidenschaft ist das Gamen, konkret: das Echtzeit-Strategiespiel Age of Empires 2. Nach dem Tod seines Vaters wird für ihn aus dem Hobby eine Notwendigkeit. Ohne dass jemand aus seinem Umfeld davon wüsste, ist Till mit fünfzehn eine Online-Berühmtheit, der jüngste Top-10-Spieler der Welt. Nur: Wie real ist so ein Glück? Im Abschlussjahr 2020 kommt für Till, in der Schule und im Leben, alles noch einmal anders als gedacht.
Sylvie Schenk - "Maman"
Eine Annäherung an die eigene Mutter und eine schmerzhafte Abrechnung: 1916 wird Sylvie Schenks Mutter geboren, die Großmutter stirbt bei der Geburt. Angeblich war diese eine Seidenarbeiterin, wie schon die Urgroßmutter. Aber stimmt das? Und welche Geschichte wird den Nachkommenden mit auf den Weg gegeben? Als Kind leidet Sylvie Schenk unter dieser Unklarheit, als Schriftstellerin ist sie deshalb noch immer von großer Unruhe geprägt. Mit poetischer Präzision spürt sie den Fragen nach, die die eigene Familiengeschichte offenlässt.
Clemens J. Setz - "Monde vor der Landung"
Worms, Anfang der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts. Peter Bender, ehemals Fliegerleutnant des Deutschen Heeres, macht sich als Gründer einer neuen Religionsgemeinschaft und mit der Proklamation der sogenannten Hohlwelt-Theorie einen Namen: Die Menschheit, so diese Theorie, lebe nicht auf, sondern in einer Kugel, außerhalb derselben existiere nichts. Benders Gemeinde bleibt überschaubar, dennoch wird er wegen der Verbreitung aufwieglerischer und gotteslästerlicher Flugschriften zu einer mehrmonatigen Kerkerhaft verurteilt. Als sich nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten herumspricht, dass seine Frau Jüdin ist, wenden sich selbst seine engsten Gefolgsleute von ihm ab. Die Benders verarmen, die Repressionen gegen seine Frau werden bald unerträglich, bis die Familie 1942 verhaftet und deportiert wird. Nur der Sohn überlebt das Konzentrationslager.
Tim Staffel - "Südstern"
Vanessa ist Pharmakologin. Sie liefert Substanzen, die für Erfolg und Glück sorgen. Ihre Kunden sind Ärzte, Sportler und Politiker. Deniz ist Streifenpolizist. Er fährt Doppelschicht und pflegt seinen Vater. Jeden Tag suchen Vanessa und Deniz verlorene Menschen auf, doch dann treffen sie sich. Ein zarter, starker Großstadtroman, der danach fragt: Wie halten wir dem Druck stand? Wie wollen wir leben, und wie können wir lieben?
Ulrike Sterblich - "Drifter"
Wenzel und Killer sind Freunde seit Ewigkeiten und stehen mitten im Leben, Killer als PR-Chef einer großen Firma, Wenzel betreut die Social-Media-Kanäle eines TV-Senders. Doch alles ändert sich, als Vica in ihr Leben tritt: eine Frau in goldenem Kleid, meist begleitet von zwei treuen Adjutanten und einem riesigen Zottelhund. Mit jeder Begegnung ploppen neue Fragen auf: Woher weiß sie so viel über Wenzel und Killer? Wieso besitzt sie ein Exemplar des neuen Buchs von Drifter, einer ominösen Schriftstellerfigur, obwohl es überhaupt noch nicht auf dem Markt ist? Und wo hat ihr Hund das Tanzen gelernt? Als Vica schließlich auch noch den Wohnblock ihrer Kindheit in Beschlag nimmt, gerät die Welt der beiden Freunde ins Wanken. Virtuos, ja geradezu fantastisch erzählt Ulrike Sterblich von zwei Freunden, deren Wirklichkeit sich zunehmend verschiebt.