Die Preisträger des diesjährigen Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis sind die Russin Ljudmila Ulitzkaja und der Ukrainer Sergiy Maidukov. Die Entscheidung stand bereits im April fest. Ziel war wohl ein russisch-ukrainisches Zusammenkommen vor dem Hintergrund der künstlerischen Aufarbeitung und Verarbeitung des Krieges. Am Donnerstagabend stand Ljudmila Ulitzkaja allerdings allein auf der Bühne.
Die Verleihung des diesjährigen Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises sollte auch ein symbolisches Statement setzen. Die Jury um Universitätspräsidentin Susanne Menzel-Riedl hatte den Sonderpreis an den ukrainischen Zeichner Sergiy Maidukov, den Hauptpreis an die Autorin Ljudmila Ulitzkaja vergeben. Letztere sei eine "Autorin russischer Staatsbürgerschaft, die im Exil in Berlin lebt, deren Schriften in Russland verboten sind und die sich seit vielen Dekaden regimekritisch in Russland unter Inkaufnahme sehr schwieriger persönlicher Konsequenzen kritisch äußert", so Susanne Menzel-Riedl. Maidukov begleite das Kriegsgeschehen zeichnerisch, fertige Karikaturen und künstlerische Darstellen, die sehr eingängig seie und das Kriegsgeschehen unter reiner enorm hohen Produktivität ausdrückten.
"Ich habe bisher genug russische Präsenz in meinem Leben..." - Maidukov sagt Termin ab
Bei der Bekanntgabe im April erklärte Menzel-Riedl: "Wir haben natürlich auch Personen aus der Ukraine und aus Russland, die hier in Osnabrück leben und ganz unterschiedliche Perspektiven mitbringen auf diesen Konflikt. Wir werden sehen, wie die Auszeichnungen wahrgenommen werden in den jeweiligen Communities". Die hinter der Auswahl liegende Intention war also ein russisch-ukrainisches Zusammenkommen auf offener Bühne. Eine Annäherung vor dem Hintergrund der künstlerisches Umganges mit den grausamen Geschehnissen in der Ukraine. Bald schon wurde allerdings klar, dass aus dieser Idee nichts werden wird. Sergiy Maidukov schrieb an die Stadt Osnabrück: "Da ich mich um meine Psyche sorge, vermeide ich schwierige Gefühle in diesen Zeiten. Ich habe bisher genug russische Präsenz in meinem Leben, also würde ich nur an einem anderen Tag als der Zeremonie kommen. Es wäre mir eine Ehre, zu kommen und Sie und das Team live zu treffen und mich live zu bedanken."
Ob es einen anderer Tag geben wird, bleibt nun ungewiss. In Kriegszeiten kann Maidukov sein Land nicht verlassen. Dennoch verteidigt die Jury ihre Entscheidung. Jury-Mitglied Sven Jürgensen dazu: "Wir haben dieses Risiko in Kauf genommen, weil wir wussten, dass der Namensgeber dieses Preises eine ähnliche, vielleicht vergleichbare Situation kennt, in der auch Frau Ulitzkaja lebt. Wir sind der Auffassung gewesen, dass der Namensgeber dieses Preises diese Entscheidung von uns verlangt hat." Auch Erich Maria Remarque lebte während der Nazizeit im Exil (in der USA).
Zur Preisverleihung am Donnerstagabend (22. Juni) ist nur die ausgezeichnete Autorin Ljudmila Ulitzkaja erschienen. Die Wahl der Gewinner hatte allerdings eine Debatte darum entfacht, ob man in Kriegszeiten einen Ukrainer dazu drängen könne, gemeinsam mit einer Russin auf der Bühne zu stehen. Der Hauptpreis ist mit 25.000 Euro dotiert. Der Sonderpreis mit 5.000 Euro.
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