In der kommenden Ausgabe "ttt - titel, thesen, temperamente" (11. Juni) geht es unter anderem um das Buch "Der Fluch des Imperiums". Darin zeigt der Autor und Osteuropaexperte Martin Schulze Wessel, wie und warum Russlands imperiale Vergangenheit zu einer antiwestlichen Politik führte. Außerdem geht um den aktuell heftig diskutierten Rammstein-Skandal.
Vor dem Hintergrund des Angriffskrieges auf die Ukraine, attestierte der Politikwissenschaftler Herfried Münkler Russland "imperiale Phantomschmerzen". Dass Putins Krieg der Versuch ist, Russland als Großmacht erneut auf die Weltkarte zu setzen, ist wohl unbestritten. Einigermaßen unklar scheint hingegen zu sein, dass dieses Verlangen auf eine längere Geschichte zurückzuführen ist und keineswegs erst dort beginnt, wo Putin seinen Krieg im Februar 2022 historisch legitimierte. Diese Geschichte nimmt der Osteuropaexperte Martin Schulze Wessel in seinem aktuellen Buch "Der Fluch des Imperiums" in den Blick. Wessel macht klar, dass Putins denken und handeln in der Tradition einer langen imperialen Geschichte Russlands steht, die bei Peter "dem Großen" beginnt und von dort aus auf recht stringente Weise bis zum gegenwärtigen Krieg führt. In der aktuellen Ausgabe "ttt - titel, thesen, temperamente" spricht Wessel über den im 18. Jahrhundert beginnenden Expansionsdrang Russlands und erklärt, weshalb das Selbstbild des Landes kaum andere Handlungsweisen als Wahrung und Erweiterung des Imperiums zulässt.
"Der Fluch des Imperiums"
Russlands imperiale Vergangenheit ist der Schlüssel, um Putins Überfall auf die Ukraine und seine anitwestlichen Obsessionen zu verstehen. Der renommierte Osteuropa-Historiker Martin Schulze Wessel stellt den Krieg in den langen Kontext der russischen Expansion nach Westen und beschreibt, wie das Ausgreifen in die Ukraine und die Teilung Polens seit dem 18. Jahrhundert einen Irrweg in der russischen Geschichte begründeten, der als "Fluch des Imperiums" bist heute fortwirkt. Dabei zeigt er, wie eine fatale Ideenwelt entstehen konnte, die noch im 21. Jahrhundert in den Köpfen der Moskauer Führung spukt. Deutschlland hat sich nach 1945 von seinem Fluch des Imperiums befreit und sich in Richtung Westen geöffnet. Russland steht dieser Weg noch bevor.
Vor dem 24. Februar 2022 schien Putins Regime vielen Beobachtern vor allem am eigenen Machterhalt und der persönlichen Bereicherung interessiert zu sein. Doch der neuerliche Angriff auf die Ukraine, die Brutalität der Kriegsführung und die Hasspropaganda in den Staatsmedien lassen sich damit nicht wirklich erklären. Putin operiert in seinen Reden mit irritierenden historischen Narrativen und Argumenten. Wer seine Motivation entschlüsseln will, muss auch ein ungelöstes Identitätsproblem Russlands in den Blick nehmen, das sich aus seiner imperialen Vergangenheit speist, den Fluch des Imperiums. Daher erzählt dieses Buch die eng verflochtene Geschichte Russlands, Polens und der Ukraine seit Peter dem Großen im Kontext der internationalen Politik. Es zeigt, wie das russische Ausgreifen in die Ukraine und die Teilung Polens Pfadabhängigkeiten produzierten, die als strukturelles Erbe bis heute prägend sind. Dabei geht es nicht nur um imperiale Herrschaftsansprüche, sondern auch um einen ideologisch aufgeladenen Ost-West-Konflikt, der sich bereits im 19. Jahrhundert herausbildete, und in dem Deutschland lange auf Seiten Russlands stand. Was Deutschland nach 1945 gelang, steht Russland noch bevor: die Abkehr vom Imperium. (Verlagsankündigung)
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