"Die Hölle, das sind die Anderen" - so lautet der wohl bekannteste Satz aus Jean Paul Sartres wohl bekanntestem Theaterstück "Geschlossene Gesellschaft". Das Theater InCognito an der Universität Bremen bringt das nach wie vor hochaktuelle Stück auf Bühne. Die Premiere findet am 5. Mai 2023 um 20 Uhr im Theatersaal auf dem Campus statt.
Der Blick des Gegenübers spielt im digitalen Zeitalter eine enorme Rolle. Denn wo Zeitenge herrscht, wird die Oberfläche umso wichtiger. Das Für-Andere-Sein spielt in Jean Paul Sartres 1944 erschienenen Theaterstück "Geschlossene Gesellschaft" eine zentrale Rolle. Wie man das Stück für die heutige Zeit adaptieren und auf gegenwärtige Probleme rund um Körperkult und Außenwirkung übertragen kann, zeigt nun das Theater InCognito der Universität Bremen. Das Stück formiert sich dabei um die Fragen "Wie toll finden mich andere, meine Posts, meine Fotos? Und wie schlimm sind Shitstorms?"
"Geschlossene Gesellschaft"
In Sartres Stück begegnen uns drei Personen, zwei Frauen und ein Mann, die gemeinsam in der Hölle ausharren müssen. Nacheinander werden sie von dem "Höllenbutler" in einen Raum geführt, wo sie aufeinandertreffen. Alle drei erwarten sie Höllenqualen, Schmerzen, Folter, Erniedrigung und Schlimmeres. Aber nichts dergleichen geschieht. Sie sind einfach anwesend, jeder mit sich und den Anderen konfrontiert, in einem Raum, den sie nicht verlassen können. Die Hölle, so resümiert Sartre schließlich in seinem Stück, sind die Anderen. In einem Text zur "Geschlossenen Gesellschaft" erklärt der Autor: "Es gibt eine Menge Leute auf der Welt, die in der Hölle sind, weil sie zu sehr vom Urteil anderer abhängen."
Aktualität des Stückes
Was Sartre bereits damals erkannt und sowohl in seinen belletristischen wie auch in seinen philosophischen Werken ausgiebig traktiert hat, hat nichts an Aktualität verloren, ja, ist vielleicht aktueller denn je. Nie war uns Außenwirkung so wichtig wie heute, wo sich Persönlichkeiten in Windeseile global verbreiten und Aufmerksamkeit generieren können. Wo sich allenthalben die Frage nach Likes und Herzchen stellt, nach der Beliebtheit unserer Posts. Auch die Frage nach den Konsequenzen eines Shitstorms spielte für die Adaption eine wichtige Rolle. Das Stück "Geschlossene Gesellschaft ist heute aktueller denn je", sagt Franz Eggstein, Leiter und Regisseur des Universitätstheaters TIC - Theater inCognito. "Denn, wer sich auch in der virtuellen Welt zu sehr vom Urteil anderer abhängig macht, lebt in beiden Welten – der realen und der virtuellen - in der Hölle."
Jean Paul Sartre
Jean Paul Sartre gilt als einer der wichtigsten Intellektuellen des 20. Jahrhunderts. Er war Romancier, Dramatiker, Philosoph und Publizist. Insbesondere seine Rolle für die Philosophie ist kaum zu unterschätzen. Sartre ist der Vordenker und einer der Hauptvertreter des französischen Existenzialismus. Sein Philosophisches Hauptwerk trägt den Titel "Das Sein und das Nichts"; sein wohl berühmtester Roman ist "Der Ekel".
Theater InCognito
Das Theater InCognito entstand 2010 als Universitätstheater. Zuvor hatten Franz Eggstein und Roland Klahr damit begonnen, ein Theaterseminar für Studierende zu etablieren. Ihr Vorhaben entwickelte sich zu einem Erfolg und es gelang ihnen, viele Studierende für die Bühne zu begeistern. Aber über die Jahre wurden die Projekte des Seminars Praktische Theaterarbeit immer umfangreicher. Daher bot die Gründung des Vereins Theater InCognito den perfekten Rahmen, diese großen Projekte organisatorisch zu bewältigen.