Die Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues" gilt als der große Sieger der kürzlich verliehenen britischen Filmpreise. Zugleich gilt das auf den Roman von Erich Maria Remarque zurückgehende Kriegsdrama als deutscher Oscar-Favorit. Regisseur Edward Berger verriet in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung", welche Roman-Szene für die Kinoleinwand zu grausam war.
Dem im vergangenen Jahr erschienenen, vielgelobten Film "Im Westen nichts Neues" gelingt es, die Gräuel des Krieges - zumindest so weit, wie es die Kunstproduktion zu ermöglichen - spürbar zu machen. Vielleicht ist der enorme Erfolg dieser grandiosen Literaturverfilmung nicht zuletzt auf die kühl abgerichtete, westliche Kriegsberichterstattung zurückzuführen, die von Panzern und Raketen so spricht, als handle es sich um einen hocheffizienten neuen Kurzhaarrasierer, der keinerlei Rückstände hinterlässt. Gezeigt wird, wie gewaltig es aus den Rohren flammt. Ausgeblendet wird - und das nicht nur im visuellen Sinne - dass die Dinger auch irgendwo einschlagen müssen. Dass mit diesen Einschlägen nicht nur verstümmelte und zerrissene Körper, sondern darüber hinaus auch zermarterte und in den Irrsinn getriebene Psychen einhergehen müssen, Gedanken, in denen sich die Absurdität des Krieges auf unerträgliche Weise einnistet, zeigt der Film "Im Westen nichts Neues", womit er ungefähr das grausam warme Gegenbild zu all den hoffnungsvoll kühlen Leoparden-Emojees darstellt, die wir bedauerlicherweise auf zahlreichen Grünenpolitiker-Twitter-Accounts zu sehen bekamen.
In einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sprach der Regisseur Edward Berger über eine Roman-Szene, die es, ob ihrer Grausamkeit, nicht auf die Leinwand geschafft hat. "Ein ganz konkretes Bild, das ich nicht verfilmen konnte, ist Remarques Beschreibung eines sterbenden Pferds", so Berger. "Im Buch galoppiert das Pferd im Todeskampf mit Angst- und Schmerzensschreien über das Schlachtfeld; der Bauch ist zerfetzt, und es verfängt sich mit seinen Hufen in den eigenen Gedärmen". Eine solche Szene sei nicht nur schwer zu verfilmen, sondern sicher auch schwer zu ertragen, so Berger weiter. "Ich glaube, dieses Bild hätte bei den Zuschauern eine Schmerzgrenze überschritten. Deshalb taucht es in unserem Film nicht auf."
Unterschiedliche Reaktionen auf den Tod
Weiterhin bemerkt der Regisseur einen Unterschied zwischen deutschen und internationalen Zuschauern. Insbesondere was den Tod Paul Bäumers anbelangt, reagiere das Publikum auf unterschiedliche Weise. "Im englischsprachigen Raum halten die Zuschauer die Luft an, wenn Paul Bäumer stirbt", so Berger. "Wenn ihn das Bajonett trifft, sind alle geschockt." In Deutschland sei das anders. "Deutsche Zuschauer reagieren auf Pauls Tod fast gar nicht. Ich war deswegen zuerst etwas verunsichert, bis mir klar wurde: Bei uns erwarten alle, dass er stirbt." Oft werde er nach internationalen Vorstellungen gefragt, warum nicht wenigstens er (Bäumer) am Leben bleiben kann. Bergers Begründung: "Erstens, weil es im Buch steht. Und vor allem, weil es ein deutscher Kriegsfilm ist. Da kann es keinen Helden geben, der am Ende überlebt."