"Digitale Erzählung" - So nennt der Hard- und Softwareentwickler Apple seine neuen KI-Stimmen, die in bestimmten Genres das Lesen von Hörbüchern übernehmen. Laut Konzern soll damit vor allem unabhängigen Autorinnen und Autoren sowie kleineren Verlagen die Möglichkeit geboten werden, ihre Bücher kostengünstig zu vertonen. Aus dem Kulturbereich ertönen kritische Gegenstimmen.
Ab sofort kann man im entsprechenden Apple-Store E-Books finden, die von einer computergenerierten Stimme vorgelesen werden. "Dieses Hörbuch wird von Madison vorgelesen, einer digitalen Stimme, die auf einer menschlichen basiert" liest man nun in der Info-Box dort, wo sonst der Name des Hörbuchsprechers stand. Das Technologieunternehmen setzt mit den computergenerierten Lesestimmen um, was bereits für November 2022 angekündigt war. Hintergrund dürfte wohl der weiterhin rasant anwachse Hörbuchmarkt sein, der Jahr für Jahr Zuwächse im zweistelligen Prozentbereich verbuchen kann. Apple adressiert sein KI-Stimmen-Angebot in erster Linie an kleinere Verlage und unabhängige Autoren, die sich eine Vertonung ihrer Bücher oftmals leisten können.
"Immer mehr Buchliebhaber hören sich Hörbücher an, doch nur ein Bruchteil der Bücher wird in Hörbücher umgewandelt, so dass Millionen von Titeln ungehört bleiben. Viele Autoren – insbesondere unabhängige Autoren und solche, die mit kleinen Verlagen verbunden sind – sind aufgrund der Kosten und der Komplexität der Produktion nicht in der Lage, Hörbücher zu erstellen", heißt es von Seiten des Anbieters.
Auf das Genre "Romance" zugeschnitten
Wer sein Buch vertonen lassen möchte, kann zwischen männlicher und weiblicher Vorlesestimme wählen. Insgesamt stehen vier Stimmen zur Auswahl: "Helena" und "Mitchell" für Sachbücher, "Madison" und "Jackson" für belletristische Werke. Die Stimmen, so schreibt Apple auf seiner Info-Seite, seien speziell für Hörbücher entwickelt worden. Interessant ist, dass die an der Umsetzung beteiligen Linguisten und Toningenieure die für belletristische Werke infrage kommenden Stimmen speziell auf das Genre "Romance" zugeschnitten haben. Thriller, Fantasy oder Science-Fiction werden derzeit nicht unterstützt.
Apple verspricht weiterhin eine kostengünstige und schnelle Vertonung. Derzeit ist die Funktion auf englischsprachige Texte begrenzt, die nicht allzu komplex sein sollten und keine fremdsprachigen Passagen erhalten dürfen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass das E-Book bereits bei Apple Books erhältlich sein muss. Laut Apple wird jede Hörbuchfassung mehrmals geprüft, weshalb mit einer Produktionszeit von ein bis zwei Wochen zu rechnen ist.
"Death of the narrator?"
Unter der Überschrift "Death of the narrator?" berichtete der "Guardian" recht breit über Apples neuen Schritt. Im Artikel finden sich auch kritische Stimmen Kulturschaffender, die die menschliche Stimme als einen unersetzlichen, künstlerischen Teil eines Hörbuchs ansehen. Selbstverständlich blicken auch konkurriere Hörbuchanbieter wie Spotify skeptisch auf das Angebot. Nicht zuletzt deshalb, weil Apple die KI-gesprochenen Hörbücher lediglich im eigenen Bücherladen anbietet.
Ob Apples KI-Stimmen den vom Guardian angespielten "Tod der Hörbuchsprecher" bedeuten, bleibt fraglich. Außer Frage allerdings steht, dass dieser neue Schritt nicht der letzte in Richtung Text-Digitalisierung bleiben wird. Wir können uns also bereits jetzt auf Debatten einstellen, die die Frage nach der Qualität menschlicher Sprache und Aussprache verhandeln. Letztlich werden es die spontanen Um- und Ausbrüche sein, die nicht zu ersetzen sind. Leider sind es eben jene Um- und Ausbrüche, die wir gegenwertig zu verhindert versuchen.
Topnews
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Karl Ove Knausgård: Das dritte Königreich
Romanverfilmung "Sonne und Beton" knackt Besuchermillionen
Asterix - Im Reich der Mitte
Rassismus in Schullektüre: Ulmer Lehrerin schmeißt hin
14 Nominierungen für die Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues"
"Die Chemie des Todes" - Simon Becketts Bestsellerreihe startet bei Paramount+
Michel Houellebecq und die "Aufstachelung zum Hass"
Nachhaltigkeitsdebatten im Deutschunterricht – Politischer Missbrauch oder pädagogischer Fortschritt?
Michail Schischkin fordert eine klare Haltung zu russischer Literatur
Die Mystische Passion: Spiritualität und Sinnlichkeit
"Krisenmodus" ist das Wort des Jahres 2023
Lesekompetenz deutscher SchülerInnen stärken!
Nach brisanten ZDF-Recherchen: Hoffman & Campe stoppt Verkauf von Hubert Seipel Buch
Richard David Precht: Im Zweifel gegen den Angeklagten
Frankfurter Buchmesse: Verleihung des "LiBeraturpreis" an Adania Shibli wird verschoben
PEN Berlin jetzt Teil des internationalen PEN-Verbandes
Dennis Lehane: "Der Versuch, über schmerzhafte Themen zu reden, gilt auf einmal als Sünde"
John Irving: keine Drehbücher mehr!
Schullektüre: Anna Seghers oder Wolfgang Koeppen?
Michel Houellebecq über Verschleierung und Burkini
Salman Rushdie sieht Meinungsfreiheit in westlichen Ländern bedroht
Michel Houellebecq veröffentlicht neues Buch
Aktuelles
„Nebel und Feuer“ von Katja Riemann – Wie vier Frauen inmitten der Krisen unserer Zeit Gemeinschaft, Mut und Sinn finden
Der Pinguin meines Lebens – von Tom Michell - Buch & Filmstart 2025: Rezension einer besonderen Freundschaft
„Mama, bitte lern Deutsch“ von Tahsim Durgun – TikTok trifft Literatur
"The Loop – Das Ende der Menschlichkeit“ von Ben Oliver: Was passiert, wenn Künstliche Intelligenz den Wert des Lebens bestimmt?
„Déjà-vu“ von Martin Walker – Brunos siebzehnter Fall und die Schatten der Geschichte
„Der Besuch der alten Dame“ – Wie Dürrenmatts Klassiker den Preis der Moral entlarvt
„Der Hundebeschützer“ von Bruno Jelovic – Wie aus einem Fitnessmodel ein Lebensretter für Straßenhunde wurde
Für Martin Suter Fans: „Wut und Liebe“ -Wenn Gefühle nicht reichen und Geld alles verändert
„Rico, Oskar und die Tieferschatten“ – Warum Andreas Steinhöfels Kinderbuchklassiker so klug, witzig und zeitlos ist
Abschied: Peter von Matt ist tot
„Hoffe: Die Autobiografie“ von Papst Franziskus – Was sein Leben über die Welt von heute erzählt
„Hunger und Zorn“ von Alice Renard – Was der stille Debütroman über Einsamkeit und Empathie erzählt
»Gnade Gott dem untergeordneten Organ« – Tucholskys kleine Anatomie der Macht
Ein Haus für Helene
