Der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2023 geht an die russische Schriftstellerin Maria Stepanova. Ausgezeichnet wird damit Stepanovas Lyrikband "Mädchen ohne Kleider", der im Mai 2022 im Suhrkamp Verlag erschienen ist. In der Begründung der Jury heißt es unter anderem, Maria Stepanova verhelfe dem nicht-imperialen Russland zu einer literarischen Stimme, die es verdiene, in ganz Europa gehört zu werden.
Die russische Schriftstellerin Maria Stepanova wurde mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet. Der Preis wird am Abend des 26. April 2023 im Rahmen der Eröffnung der Leipziger Buchmesse verliehen. In der Begründung der Jury heißt es: "Den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2023 erhält die russische Lyrikerin Maria Stepanova für die Unbedingtheit, mit der sie auf der poetischen Wahrnehmung der Welt besteht. Unablösbar in der Gegenwart und in der russischen Sprache von Alexander Puschkin über Ossip Mandelstam bis Marina Zwetajewa verankert, ist ihr Werk zugleich ein Hallraum der Weltliteratur, in dem Dante, Goethe und Walt Whitman ebenso anwesend sind wie Ezra Pound, Inger Christensen und Anne Carson."
Eine literarische Stimme des nicht-imperialen Russlands
In ihrem Gedichtzyklus "Mädchen ohne Kleider" nehme Stepanova den weiblichen Körper in Schutz gegen gegen das Machtgefälle zwischen Betrachter und Objekt, heißt es weiter. "Spielerisch greift sie in der Gedichtreihe „Kleider ohne uns“ auf den Formenkanon zurück und bettet die Kleidung als Chiffre des Lebens in einen perfekten Sonettkranz ein. Ähnlich wie in ihrem grandiosen Roman „Nach dem Gedächtnis“, der die eigene Familiengeschichte mit dem Rückblick auf den Stalinismus und den Zerfall der Sowjetunion verschränkt, betritt Stepanova im Zyklus „Bist du Luft“ das Reich der Toten. Ihr lyrisches Ich spricht in ein Grab hinein und verschmilzt mit der Kindheitslandschaft. In den Tiefenschichten lagern auch die Schlachtfelder des 20. Jahrhunderts und die Knochen der Gefallenen."
In ihren Werken folge die Schriftstellerin den Spuren namenloser Toter, fördere das Unerzählte zutage, schlage ironische Haken und widersetze sich jeder Art von Parolen. "Sie verhilft dem nicht-imperialen Russland zu einer literarischen Stimme, die es verdient, in ganz Europa gehört zu werden."
Die Jury
Der Jury des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung 2023 gehören Dr. Maike Albath (Literaturkritikerin und Autorin), Michael Lemling (Geschäftsführer der Buchhandlung Lehmkuhl), Dr. Lothar Müller (Literaturkritiker und Journalist), Dr. Daniela Strigl (Literaturkritikerin und Essayistin) sowie Gundula Sell (Referentin, Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus) an.
Verleihung und Laudatio
Der Buchpreis zur Europäischen Verständigung wird zur Eröffnung der Leipziger Buchmesse am Abend des 26. April 2023 im Gewandhaus verliehen. Die Laudatio auf Maria Stepanova hält die Schweizer Literaturwissenschaftlerin, Autorin und Übersetzerin Ilma Rakusa.
Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung
Der Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung, seit 1994 jährlich vergeben und mit 20.000 Euro dotiert, zählt zu den wichtigsten Literaturauszeichnungen in Deutschland. Das Preiskuratorium bilden der Freistaat Sachsen, die Stadt Leipzig, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. und die Leipziger Messe. Kooperationspartner ist die Bundeszentrale für politische Bildung.