Der Schriftsteller José F. A. Oliver ist neuer Präsident des deutschen PEN. Damit löst der 61-Jährige den Journalisten Deniz Yücel ab, der nach heftigen internen Streitereien im Mai zurückgetreten war.
Als "Bratwurstbude" bezeichnete der Journalist und Publizist Denis Yücel den deutschen PEN, bevor er als Präsident der Schriftstellervereinigung zurücktrat. Die internen Streitigkeiten, die bereits seit längerer Zeit innerhalb der Organisation schwelten, lösten damals eine medial breit diskutierte Debatte aus. Mit Yücel trat der gesamte damalige Vorstand zurück, woraufhin die verbliebenden PEN-Mitglieder einen Not-Vorstand wählten. Neben dem Autor Josef Haslinger, der die Führung übernahm, gehörten die Autorin Claudia Guderian, die Schriftstellerin Maxi Obexer, die Journalistin Cornelia Zetzsche, der Schriftsteller Leander Sukov und die Regisseurin Astrid Vehstedt dem Vorstand an. Jetzt übernimmt der Schriftsteller José F. A. Oliver die PEN-Präsidentschaft, und löst damit sowohl Yücel, als auch die Überbrückung-Führung ab.
Wie könnte eine Erneuerung des PEN aussehen?
Deniz Yücel war damals mit dem Versprechen angetreten, den PEN zu entkrusten und zu modernisieren. Sicher ein löbliches und auch notwendiges Vorhaben, dessen Umsetzung allerdings auf einige Widerstände stieß. Hin und wieder hatte man wohl doch das nicht unbegründete Gefühl, eine krawallige Performance setzte sich hier an die Stelle der Literatur. José Oliver, der neue Präsident, betonte, er wolle die Poesie, die Literatur und das Wort stärker in den Mittelpunkt rücken, auf Dialog setzen und sich eingehend mit den Gründen der Spaltung beschäftigen. Die angestrebte Erneuerung ist also revisionistischer, nicht blind-revolutionärer Art, was einer Schriftstellervereinigung vielleicht tatsächlich gut tut.
Deniz Yücel und der PEN-Berlin
Wenn Oliver, wie es bisher den Anschein macht, als Vermittler auftreten will, so fällt wohl auch eine grundsätzliche Vermittlung, nämlich die zwischen mittlerweile zwei deutschen PEN-Vereinen, in seinen Aufgabenbereich. Denn kurz nach Yücels Rücktritt gründete sich mit dem sogenannten PEN-Berlin eine neue, progressivere und zum alten PEN in Konkurrenz stehende Schriftstellervereinigung. Prominente Autorinnen und Autoren wie Daniel Kehlmann, Nora Bossong, Wladimir Kaminer, Katja Lange-Müller oder Christian Berkel bekannten sich zum neuen PEN-Berlin, wodurch die alte Organisation wichtige Mitglieder verloren hatte.
Ob Oliver hier als Vermittler auftreten und zugleich den deutschen PEN nach innen erneuern kann, wird sich zeigen. Die Ankündigung, sich stärker auf das Literarische und Poetische, auf das gesprochene und geschriebene Wort besinnen zu wollen, lässt jedenfalls vermuten, dass dieser neue PEN-Präsident zumindest eine Ahnung davon hat, welch revolutionäre Kraft in der Besinnung und Langatmigkeit schlummert.
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