Der US-amerikanische Schriftsteller Jonathan Franzen erhält den Thomas-Mann-Preis 2022. Überreicht wird die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung von Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau und dem Präsidenten der Bayerischen Akademie der Schönen Künste Winfried Nerdinger. Die Verleihung findet am Freitag (16. September) um 20 Uhr in den Lübecker Kammerspielen statt.
Der US-amerikanische Bestsellerautor Jonathan Franzen wird mit dem Thomas-Mann-Preis 2022 ausgezeichnet. In der Begründung der Jury heißt es unter anderem, Franzen habe sich spätestens mit seinem dritten Roman "The Corrections" ("Die Korrekturen") in die Weltliteratur der Gegenwart eingeschrieben. Damit stehe er in der Tradition der großen Erzähler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie etwa Leo Tolstoi, Fjodor Dostojewksi und Thomas Mann.
Die Laudatio auf Franzen hält der Schriftsteller und Germanist Michael Maar. Der Thomas-Mann-Preis wird seit 2010 im jährlichen Wechsel in Lübeck und München verliehen.
Jonathan Franzen in Anlehnung an Thomas Mann
Vor der Preisverleihung liest Franzen ab 16:30 Uhr in deutscher Sprache aus seinem aktuellen Roman "Crossroads". Im Anschluss findet ein Gespräch (auf Englisch und Deutsch) zwischen Franzen und dem Vorsitzenden der Jury Prof. Dr. Friedhelm Marx statt.
In seinem über 800 Seiten starken Roman "Crossroads" beschreibt Franzen das Schicksal einer Familie, die an sich selbst zugrunde geht. Dabei zeigt er nicht nur innenfamiliäre Verleugnungen und Verzerrungen, sondern auch den gesellschaftlichen Rahmen, der solcherlei Konstellationen überhaupt erst möglich machte. Damit erinnert "Crossroads" in seiner im besten Sinne weitschweifigen Komposition nicht zuletzt an den Thomas Mann-Roman "Buddenbrooks", dessen Untertitel - "Verfall einer Familie" - das zusammenfasst, was auch Franzen in seinem Buch abbildet. Der monumentale Roman spielt dabei an einem einzigen Tag.
Franzen spricht in Lübeck über den Deutschen öffentlichen Nahverkehrt
Franzen, der Anfang der 1980er Jahre in München und Berlin studierte, äußerte sich in Lübeck über den deutschen öffentlichen Nahverkehr, für den er lobende Worte fand. "ch mag es, dass man sich fortbewegen kann", so der Schriftsteller. "Ich mag es, dass ich in den Zug einsteigen und schnell irgendwo hinkommen kann, auch mit dem Bus". In New York, so Franzen, müsse man verrückt sein, um den Bus zu nehmen. Da dauere es ewig, um zwei Blocks zu fahren.
Einen weiteren Unterschied zu den USA sei das ernsthafte Niveau der in Deutschland geführten Debatten. "Wenn ich in Deutschland bin, vermisse ich die Leichtigkeit des Diskurses, die Albernheit des amerikanischen Diskurses", sagte Frauen. Umgekehrt vermisse er in Amerika eine vernünftige Plattform, auf der Ideen diskutiert werden könnten, ohne in Unsinn abzugleiten.