Interview "Liebe bedarf Investition": Katharina Bonk über ihr Kamasutra-Buch

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Katharina Bonk hat das Kamasutra zeitgemäß übersetzt. Im Interview erklärt sie, wie es zu diesem Projekt kam, warum eine solche Aktualisierung dringend notwendig war und inwiefern sich ihr "Kamasutra, Baby" von seinen Vorgängern unterscheidet.

Lust-Expertin Katharina Bonk hat das Kamasutra neu geschrieben. Den verstaubten patriarchalen Ansatz des über 2000 Jahre alten “Beziehungsratgebers” hat sie dabei im Zuge des Feminismus beherzt korrigiert und in die Moderne übersetzt. Bild: Katharina Bonk

Katharina, was war dein erster Gedanke, nachdem du den Vorschlag erhalten hast, ein zeitgemäßes Kamasutra zu gestalten? Auf deinem Blog ("Liebelei") ist zu lesen, du warst Feuer und Flamme. Was ging dir tatsächlich durch den Kopf?

Mein erster Gedanke war: Wow! Mich fragt ein Verlag, ob ich ein Buch schreiben möchte. Der zweite war: Das ist doch zu schön und einfach, um wahr zu sein. Und ich war misstrauisch, ob es sich um eine verstecke Spam Mail handelt. Der dritte Gedanke nach dem Telefonat mit dem Verlag war dann: Noch ein Kamastura-Buch? Gibt es davon nicht genug? Aber dann habe ich selbst noch mal eingehend das Original studiert und die anderen Bücher zum Thema gelesen und sah ein sehr großes Potential. Ich sagte zum Verlag, dass ich Lust drauf hätte, anhand der Orginalschriften diese in die Moderne zu übersetzen und dass sie von mir mehr als ein reines Stellung-Buch bekommen. Und ich das nur so machen würde. Sie fanden es gut und so hatten wir einen Deal :)

Warum ist es so wichtig, gerade diese Themen - also Sexualität und sexuelle Entfaltung - unter die Lupe zu nehmen und neu zu denken?

Na, das liegt doch eigentlich auf der Hand. Sexualität bewegt sich zwischen Tabuisierung und pornofizierter Exponierung. Alles schafft kein realistisches Bild und verdeckt oder verzerrt. Daher ist es extrem wichtig einen realitätsnahen, natürlichen und unbeschwerten Zugang zu diesen Themen zu schaffen. Auf dass wir uns auf der einen Seite nicht mehr schämen und auf der anderen nicht so unter Druck gesetzt fühlen. Sondern viel mehr die Kreativität und den Genuss im Körperlichen entdecken und uns erlauben lernen.

Würdest du sagen, wir befinden uns diesbezüglich an einer Art Bruchstelle bzw. Zeitenwende was sexuelle Bedürfnisse und Experimente anbelangt? Oder ist es viel mehr so, dass ein fortlaufendes Umdenken und Neuentdecken stattgefunden hat?

Ja, ich glaube eher zweiteres. Wir hatten ja auch schon in der Vergangenheit immer wieder Wellen der Emanzipation, der sexuellen Befreiung und des Experiments. Tatsächlich aber glaube ich, dass die Bewegung eine breitgesellschaftliche geworden und Sexualität in der Tat mehr aus der Schmuddel-oder Hippi-Ecke rausgekommen ist. Und auch, dass gerade Frauen jetzt noch mal mehr lernen, was sie eigentlich wollen und sich allmählich auch trauen, das zu äußern oder sich selbst darum kümmern. Und natürlich sind wir durch die globale Vernetzung in steter Inspiration und können kaum anders, als über den eigenen Tellerrand zu schauen, was Neugierde danach weckt, was noch alles möglich ist.

Zurück zu deinem Buch. Welche Aspekte waren dir hier besonders wichtig, was wolltest du unbedingt in die Neuverfassung bringen? Gibt es Themen, die du von vornherein ausgeschlossen hast, weil sie einfach nicht mehr zeitgemäß sind, oder kann man so gut wie jedes einzelne Buch der sieben Original-Kamasutras an die heutige Zeit anpassen?

Es war mir wie gesagt sehr wichtig das Original als richtungsgebende Vorlage zu nutzen. Das heißt beispielsweise, die Aufteilung in sieben Bücher beizubehalten. Zu Beginn jedes von mir neu verfassten Buches bzw. Kapitels findet sich auch eine Zusammenfassung dessen, was im Original geschrieben stand. Aber so stehen lassen konnte man das halt nicht mehr. Es ist aus einer Zeit und Region, in der Frauen sehr verächtlich behandelt wurden und auch das Rollenverständnis gruselig ist. Wenn wir wohlwollend auf das originale Kamasutra schauen, finden wir im Grunde eine Art Beziehungs-Ratgeben. Das wollte ich in unsere Zeit und Hemisphäre holen und habe so viele neue Themen mit einbezogen. Konsens zum Beispiel, haha. Und manche Bücher habe ich frei übersetzt. Eines setzt sich mit der Prostitution zur damaligen Zeit auseinander. Und ich habe versucht, den Geist der Sexarbeit in die Beziehung zu holen. Eben in dem wir uns beispielsweise objektifizieren oder wie aus fremden Augen betrachten. Ich schreibe dann darüber, inwiefern so etwas unsere Beziehungen und Gelüste beleben kann und biete immer einen passenden Sex-Flow zum Schluss. Und ja, ich wusste eben auch von Beginn an, dass ich nicht nur Stellungen bieten oder zeigen möchte, wie ein Raum gestaltet werden sollte, sondern auch viel inspirierendes eher theoretisches Material, um dem Buch auch seine verdiente Tiefe zu verleihen.

Was würdest du jungen Liebenden und auch älteren, die sich und ihren Partner vielleicht noch mal neu entdecken wollen, mit auf den weg geben?

Ach so vieles. Zunächst einmal, dass Liebe auch eben Investition bedarf. Viele glauben immer die Liebe müsse so wie zu Beginn einfach laufen und weiter regenbogenfarben fließen. Aber wir bekommen das, was wir reinstecken. Außerdem werden wir häufig immer etwas bequem mit der Zeit. Also lieber aufgerafft und noch immer Zeit und Mühe in den anderen und die Beziehung gesteckt. Und das macht ja auch total Spaß und fördert die Kreativität. Und gerade für das sich neu entdecken rate ich gerne dazu, immer wieder auch neue Dinge miteinander auszuprobieren und sich dafür echte präsente Quality-Time zu nehmen. Einander zu überraschen und nicht aufzuhören auch miteinander zu spielen. So Freude an sich und dem anderen zu haben und das Genüssliche des Lebens und der Liebe nicht aus den Augen zu verlieren.


Über Katharina Bonk

Katharina Bonk (geb. 1990) studierte Medien und Kunst an der Bauhaus Universität in Weimar. Nebenher verfolgte sie ihren Lehrweg in Kundalini-Yoga, Tantra und sowohl Sexual- als auch Paartherapie. Mit ihrem Partner gründete Bonk 2017 die Liebelei, ein Berliner Brand rund um Erotik und natürliche Sexualität. Ihre selbstgewählten Berufsbezeichnungen sind Muse und Lustwandlerin.

Katharina Bonks Buch "Kamasutra, Baby", in welchem sie - laut Verlagsankündigung - den "verstaubten patriarchalen Ansatz des über 2000 Jahre alten Beziehungsratgebers ... im Zuge des Feminismus beherzt korrigiert und in die Moderne übersetzt", erscheint am 14. September im Yuna-Verlag.



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