Wie ist es eigentlich um das Verhältnis zwischen Frauen, Krankheit und Medizin bestellt? Wie sieht es mit der Kulturgeschichte des Gesichts aus? Und wie lebte es sich im von Glanz und Elend zersetzten Paris zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts? Wir haben einen Blick ins Herbstprogramm des KiWi-Verlags geworfen, und vier Titel herausgepickt, die uns besonders in Auge sprangen.
Welche Neuerscheinungen erwarten uns demnächst beim KiWi-Verlag? Wir haben ins Programm geschaut und siebzehn Titel entdeckt, die noch in diesem oder im nächsten Monat erscheinen werden. Hier stellen wir euch vier Bücher vor, die das Interesse unserer Redaktion besonders geweckt haben. Eine Auflistung aller im August und September erscheinenden Bücher findet ihr hier.
"Die kranke Frau" von Elinor Cleghorn (erscheint am 18. August)
Die englische Feministin Elinor Cleghorn zeichnet in ihrem neuen Buch das Verhältnis von Frauen, Krankheit und Medizin nach. Von der Antike bis in die Gegenwart verfolgt sie eine Geschichte, die von patriarchalen Zugriffen geprägt ist. "Die kranke Frau" zeigt: Der weibliche Körper wurde/wird entweder ignoriert, oder in Anspruch genommen. Eine ebenso bahnbrechende wie aufschlussreiche Kulturgeschichte.
Verlagsankündigung
Elinor Cleghorn, selbst an der Autoimmunerkrankung Lupus erkrankt, hat sich nach einer nervenaufreibenden Diagnose-Odyssee auf die Suche nach den Wurzeln der patriarchalen Mythen begeben, die unsere westliche Medizin bis heute prägen. Anhand einer Fülle von historischem Material rekonstruiert sie, wie stark die Medizin als Wissenschaft und Institution von kulturellen und gesellschaftspolitischen Umständen beeinflusst ist. Denn die Tatsache, dass Frauen als das schwächere Geschlecht galten und auf die soziale Aufgabe der Mutterschaft reduziert wurden, formte auch den medizinischen Blick auf Frauen und Weiblichkeit über die Jahrhunderte. Von der »wandernden Gebärmutter« über die »Hysterie« bis hin zum sich nur äußerst langsam wandelnden Verständnis für Menstruation und Menopause – all diese Diagnosen und Entwicklungen zeugen von einer männlich geprägten, nicht selten sexistischen Medizin.
Feminist*innen erheben seit Langem ihre Stimme gegen diesen patriarchalen Zugriff auf ihren Körper und kämpfen für eine bessere Aufklärung über weibliche Gesundheit. Wer verstehen will, warum dieser Kampf wichtig und notwendig ist, findet in Elinor Cleghorns augenöffnendem Buch die Antwort.
Sich Sehen - Liza Braun und Ursula März (8. September)
Luzia Braun und Ursula März sprechen über blaue Augen, über das Spiegelstadium, über Visagenzorn und Super-Recognizer. Wie hat sich das Gesicht in all seinen Facetten im Laufe seiner Kulturgeschichte verändert? Und welch eine Bedeutung kommt ihm heute zu, wo wir uns allenthalben gespiegelt sehen? Darüber reden sie unter anderem mit Peter Sloterdijk (Philosoph), Meike Ramon (Neurowissenschaftlerin), Wolfgang Joop (Mode-Designer), Robert Seethaler (Schriftsteller), Tanja Fischer (Dermatologin), Anastasia Biefang (Bundeswehr-Kommandeurin), Axel Schulz (Boxer), Adriana Altaras (Schauspielerin und Autorin), Eric Wrede (Bestatter)
Verlagsankündigung
Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit war das eigene Gesicht so allgegenwärtig wie heute. Ob auf Fotografien, in Filmaufnahmen, Videochats oder im Spiegel – ständig sehen wir uns selbst. Doch was macht das mit uns? Lebten unsere Vorfahren, die viel seltener mit dem eigenen Abbild konfrontiert waren, vielleicht unbefangener? Hilft die pausenlose Selbstbegegnung bei der Selbsterkenntnis?
Das Gesicht als Bühne der Seele - gilt das noch im Zeitalter der ständigen Selbstoptimierung?
Die Journalistinnen Luzia Braun und Ursula März haben 19 Menschen getroffen, die aus verschiedenen Blickwinkeln über das Gesicht nachdenken – als Boxer oder Influencerin, Modemacher oder Dermatologin, als Zwilling oder Transgender, als Philosoph oder Bestatter, als Schriftstellerin oder als jemand, dessen Gesicht sich radikal veränderte.
Lebens- und berufserfahren erzählen diese Persönlichkeiten mit großer Offenheit und Klugheit über unser wichtigstes Ausdrucksmittel und davon, was »sich sehen« für sie bedeutet.
Doppelleben - Alain Claude Sulzer (18. August)
Alain Claude Sulzer erzählt in seinem neuen Roman "Doppelleben" die Geschichte der Brüder Edmond und Jules de Goncourt, die Flaubert, Zola und andere Künstler im Palais der Cousine des Kaisers trafen, Ausstellungen und Restaurants besuchten und scharfe Beobachtungen machten, die sie in einem gemeinsam geführten Tagebuch festhielten. Dem berühmten Schriftstellerduo stellt Sulzer die Haushälterin Rose gegenüber, die, fern des Glanzes, existenzielle Dramen durchlebt.
Verlagsankündigung
Der Roman nimmt uns mit zu Jules und Edmond de Goncourt, die alles teilten: das Haus, die Gedanken, die Arbeit, die Geliebte. Zu zweit gingen sie zum Treffen mit Flaubert, Zola und anderen Künstlern ins Palais der Cousine des Kaisers, in Ausstellungen und zu Restaurantbesuchen mit Freunden und Bekannten. Und danach lästerten sie ab über alle, die sie getroffen hatten, im geheimen Tagebuch, das sie gemeinsam führten. Berühmt-berüchtigt waren sie für ihren Blick, dem angeblich nichts entging, und ihre spitze Feder, die alles notierte. Bis Jules unheilbar erkrankte …
Und der Roman nimmt uns mit in die Gegenwelt: zu Rose, ihrer Haushälterin, die zum Hausstand gehört wie ein Möbelstück. Die unbemerkt von den Brüdern existenzielle Dramen durchlebt, sich hoffnungslos in den Falschen verliebt und von ihm schamlos ausgenutzt wird, die ein Kind austrägt, ohne dass die Brüder es bemerken, es gebiert, liebt und später auch verliert; die Trinkerin wird und ihre Dienstherrn hintergeht und bestiehlt, ohne dass diese es merken. Bis sie stirbt und den Brüdern ein Licht aufgeht
"Mischa und der Meister" - Michael Kumpfmüller (18. August)
Eine göttliche Anrufung, die tatsächlich das Überirdische auf Erden bringt. Dieser skurrilen Idee geht Michael Kumpfmüller in seinem neuen Roman "Mischa und der Meister" nach. Ort des Geschehens ist die Stadt Berlin, die sich in eine Stadt der Liebe verwandelt. Ein schöner, erfreulicher Zustand, der jedoch nicht lange währt...
Ankündigung
Wenn man göttlichen Beistand anruft, hat das normalerweise keine Folgen. Nicht so bei Mischa und Anastasia, Studenten der Slawistik, vernarrt in die russische Literatur und – wie sie feststellen werden – ineinander. Sie laden Jeschua ein, und Jeschua nimmt die Einladung an. Aber das ist nicht die einzige Überraschung: Jeschua zeigt sich irdischer als gedacht, vollbringt kein einziges Wunder und steckt doch alle Menschen, denen er begegnet, mit Liebe an. Und die grassiert bald in der ganzen Stadt, was in Kürze eine Bande von Teufeln auf den Plan ruft. Denn für sie sind Freundlich- und Glückseligkeit ein Alptraum.
"Mischa und der Meister" ist ein wunderbar leichtfüßiger, herrlich grotesker und komischer Roman über das Heilige und das Teuflische und die unstillbaren Sehnsüchte und Begierden der Menschen, die zu allen Zeiten dieselben sind.
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Die kranke Frau: Wie Sexismus, Mythen und Fehldiagnosen die Medizin bis heute beeinflussen
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