"Spitzweg" Eckhart Nickel auf Platz 1 der SWR Bestenliste für den Juli

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In "Spitzweg" feiert der Schriftsteller Eckhart Nickel die Vorzüge der metaphysischen Revolte. Bild: Piper Verlag

Auf Platz 1 der SWR Bestenliste für den Monat Juli steht der Roman "Spitzweg" von Eckhart Nickel. Wie bereits in seinem 2018 für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman "Hysterie", führt uns Nickel auch hier die Geschichte einer Obsession vor Augen. Ein der Kunst zunächst recht desinteressiert gegenüberstehender Ich-Erzähler, der zunehmend empfänglicher wird fürs Erhabene, Unsagbare und überbordend Schöne... Ein Exzentriker, der sich der analogen Zeichnung verschrieben hat... Eine talentierte Zeichnerin, die von ihrer Kunstlehrerin angegangen wird, und natürlich: Das Spitzweg-Gemälde "Der Hagestolz".

Eckhart Nickels Roman "Spitzweg" wurde in der deutschen Literaturkritik mit Begeisterung besprochen. Von einem "pointenreichen" und "klugen Buch" war im Deutschlandfunk die Rede. In der Süddeutschen Zeitung urteilt Cornelius Pollmer abschließend: Ein "tolles Buch", welches Fragen anstoße, über die nachzudenken eine Gefahr bedeute, "die man suchen sollte". Nickel, der im Zuge des Bachmannpreis-Wettbewerbes 2017 einen Auszug aus seinem ersten Roman "Hysteria" las und dafür mit dem Kelag-Preis ausgezeichnet wurde, schreibt auch in diesem seinen zweiten Roman über Besessenheit und Obsession. Die Juroren der SWR-Bestenliste konnte er damit überzeugen. Das Buch steht auf Platz 1 für den Monat Juli.

Zentrum des Romans bildete eine sich gegenseitig verstärkende Dreierkonstellation: Der anfänglich kunstferne Ich-Erzähler, die kunstnahe und talentierte Kirsten sowie der exzentrische Außenseiter Carl, der sich voll und ganz der analogen Zeichnung verschrieben hat. Welche Schwierigkeiten er mit der Kunst, dem Künstlerischen hat, legt der Erzähler gleich zu Beginn des Romans offen:

"Ich habe mir nie viel aus Kunst gemacht. Kunst versucht oft, beides zu sein, Fenster wie Spiegel, und kann doch weder das eine noch das andere ersetzen. Gerade, wenn sie versucht, das Leben wirklichkeitsgetreu abzubilden, zeigt sich das Ausmaß ihres Scheiterns besonders deutlich." (Auszug "Spitzweg")

Im Laufe der Geschichte - und im Sog der genannten Konstellation - wird er eines Besseren belehrt. Er verliebt sich in Kirsten, diskutiert mit seinem Freund Carl - dessen Quasi-Atelier und Rückzugsort eine Dachkammer ist - über Kunstformen, Verweise, Kekse und anderes. Immer näher rückt dabei das Unmögliche, das Unsagbare, und somit die Begegnung mir der ursprünglichen Schönheit, die er, der Ich-Erzähler, gerade dort antrifft, wo er selbst, leer und machtlos, dem gegenübersteht, was man das Erhabene nennen kann.

Eine Ungeheuerlichkeit als Ausgangspunkt

Das ungewöhnliche Dreierbündnis fand aufgrund einer "unerhörte Begebenheit" zusammen, die sich während des Zeichenunterrichts im Klassenzimmer abspielte.

"Die Kunstlehrerin gab uns ein Selbstporträt als Aufgabe. Während also alle verzweifelt über den Zeichenblock gebeugt versuchten, wenigstens die Umrisse ihrer Gesichter halbwegs ordentlich hinzubekommen, schlich Frau Hügel von Tisch zu Tisch. Immer fiel eine glänzende Strähne nach vorne, wenn sie sich über die Schulter eines Schülers beugte. So auch bei Kirsten, dem einzigen Talent unter uns. Sie musterte betont genau die bereits nahezu vollendete Zeichnung, räusperte sich und sprach ihr Urteil: "Ausgesprochen gelungen, Respekt: Mut zur Hässlichkeit!"" (Auszug "Spitzweg")

Kirsten verlässt weinend das Klassenzimmer, Carl und der Erzähler suchen sie im Anschluss. Man ist auf Rache aus. Carl schlägt vor, einfach zu verschwinden. Vorher aber, soll Kirsten noch die sterbende Ophelia als Verweis auf einen möglichen Selbstmord zeichnen, um die Lehrerin zu schocken.

Eckhart Nickel illustriert in seinem äußerst ausgeklügelten Roman die Notwendigkeit der Abwesenheit allumfassender Eindeutigkeiten. Diese Art der Liebeserklärung an die Kunst ist nicht nur überzeugend, sondern äußerst wohltuend. "Spitzweg" ist ein Buch, dass zuweilen Lust auf metaphysisches Revoltieren macht.

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