Über 200 Autorinnen und Autoren um den Publizisten Deniz Yücel und der Schriftstellerin Eva Menasse wollen am Freitag die Gründung eines neuen PEN-Clubs beschließen. Wirklich neu an dieser neuen Schriftstellervereinigung scheint bisher allerdings lediglich die Tatsache zu sein, dass sie nicht ganz die alte ist. Kurz: Der PEN Berlin ist das Deutsche PEN Zentrum ohne jene, die im Deutschen PEN Zentrum aus diversen Gründen gestört haben.
Als "Bratwurstbude" bezeichnete der achtundvierzig Jahre alte Deniz Yücel das Deutsche PEN Zentrum, nachdem er beschlossen hatte, sein Amt als Präsident der Schriftstellervereinigung niederzulegen. Yücel, der sich nicht allzu lang vor seinem Abtritt im Rahmen einer Eröffnungsveranstaltung des Literaturfestivals "lit.Cologne" für die Einrichtung einer Flugsverbotszone und somit für den Eintritt Deutschlands in den Krieg ausgesprochen hatte, stand bereits seit längerer Zeit mit einzelnen PEN-Mitgliedern im Disput. So forderten fünf ehemalige PEN-Präsidenten in einem an Yücel gerichteten, offenen Brief dessen Rücktritt. Als Begründung führten sie die oben erwähnten Äußerungen auf der "lit.Cologne" an. Kurz darauf forderten 47 Antragsteller die Abberufung von Yücel und drei weiteren Präsidiumsmitglieder. Von einem "Erschrecken über Umgangsstil, Sprache und Herrscherallüren" war im Antrag die Rede. Auf der im thüringischen Gotha abgehaltenen Mitgliederversammlung stimmte eine Mehrheit gegen eine Abberufung Yücels. Dieser schmiss anschließend hin. Am heutigen Freitag - ca. vier Wochen nach der Gothaer Versammlung - gründet sich nun der PEN Berlin, eine harmonischere und weniger verkrustete Variante der alt-eingestaubten Schriftstellervereinigung, die sich, so ist es aus einigen Interviews herauszulesen, für mehr Diversität, mehr Integration und flache Hierarchien einsetzt. Start-Up-Ambitionen also. Eine Bratwurstbude, nur ohne Bratwürste.
Aufbruchsstimmung
Auf der Liste der Erstunterzeichner sind viele prominente Namen zu lesen. Medien sprechen vom "Who´s who" der deutschen Literaturszene. Eva Menasse, Daniel Kehlmann, Christian Kracht, Antje Rávik Strubel, Thea Dorn, Simone Buchholz, Mithu Sanyal und Judith Schalansky stehen unter anderem auf der 232 Namen langen Liste. Unter den Mitgliedern, von denen einige nach wie vor dem alten PEN angehören, herrsche Aufbruchsstimmung, berichtet Autor Marko Martin im Deutschlandfunk. Jan Kuhlbrodt bestätigt in einem Interview mit dem MDR: "Ich war noch nie so eingebunden in eine strukturelle Diskussion und auch eine Diskussion um das Vorhaben einer Organisation wie jetzt während dieser Neugründung." Eva Menasse möchte im Gespräch mit der BR KulturBühne nicht zurückschauen, glaubt aber in Bezug auf den PEN Deutschland, "dass solche Gruppierungen – Vereine wie Organismen – eine begrenzte natürliche Lebensdauer haben, und irgendwann versandet das Ganze." Dies könne, so Menasse, in 30 Jahren auch mit dem PEN Berlin passieren.
Hinsichtlich seiner Grundausrichtung unterscheidet sich der PEN Berlin, der "im Sinne der Charta des internationale PEN" agiert und sich dementsprechend positioniert, nicht sonderlicht vom Deutschen PEN Zentrum. Nur "ein bisschen inklusiver" wolle man arbeiten, wie die Krimi-Autorin Simone Buchholz im NDR zitiert wird. Yücel jedenfalls, sollte zufrieden sein mit der frischen und inspirierten Gefolgschaft, als deren Anführer er sicher nicht missverstanden werden will, deren Vorhut er aber letztlich doch ist. Ach, wie fabelhaft kunterbunt und einfach wäre es doch, könnte man hierarchische Strukturen unterbinden, indem man einfach sagt: "Wir machen das neu nur ohne..."
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