Am Donnerstagabend kommt das deutsche PEN-Zentrum im thüringischen Gotha zusammen. Im Zuge des Treffens soll auch über die Abberufung des PEN-Präsidenten Deniz Yücel und drei weiterer Präsidiumsmitglieder entschieden werden. Hintergrund ist ein umfassender Mailwechsel im Präsidium. Die 47 Antragsteller beziehen sich auf ein innerhalb der Gruppe aufgekommenes "Erschrecken über Umgangsstil, Sprache und Herrscherallüren".
Am Freitag will das PEN-Zentrum über die erst im vergangenen Herbst eingesetzte Führungsriege entscheiden. Hintergrund sind heftige Streitereien innerhalb der Gruppe. 47 Mitglieder der Schriftstellervereinigung forderten daraufhin die Abberufung des aktuellen PEN-Präsidenten Deniz Yücel, sowie von drei weiteren Präsidiumsmitgliedern. Man sehe eine "tiefgreifende, systemische Störung des Anstands und der Würde des PEN", die Folgen für den inneren Zusammenhang und die Außensicht von Öffentlichkeit und Geldgebern habe. Mit der Abberufung der Verantwortlichen, deren Umgangsstil, Sprache und Herrscherallüren einige Mitglieder erschreckend finden, soll zugleich ein Neubeginn ermöglicht werden.
61 Mitglieder, die hinter Yücel stehen
Auf der anderen Seite versammeln sich jedoch auch Unterstützer, die hinter Yücel und zwei anderen Betroffenen stehen. Insgesamt 61 Mitglieder haben einen Antrag gestellt, der den Betroffenen vollstes Vertrauen ausspricht und ebenfalls in Gotha zur Abstimmung vorliegt. Man wünsche, dass die dem Ansehen des PEN schädlichen Querelen beendet würden. Der PEN, heißt es weiter, sei mit seinem Einsatz für die Freiheit des Wortes heute in der Öffentlichkeit so präsent wie schon lange nicht mehr. Das Präsidium arbeite in seiner Mehrheit harmonisch, demokratisch und erfolgreich im Sinne der Charta des PEN für bedrohte Kollegen und Kolleginnen.
Deniz Yücel sprach sich für Flugverbotszone aus
Erst im Märze dieses Jahres geriet der PEN-Präsident abermals in Kritik. Grund war Yücels Positionierung in der Debatte um die Errichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine. Im Rahmen einer Eröffnungsveranstaltung des Literaturfestivals "lit.Cologne" sprach sich Yücel für eine solche Verbotszone aus. "Das wäre doch eine gute Idee, oder?", so der PEN-Präsident auf der Benefizveranstaltung. Daraufhin gab es heftigen Widerspruch aus den eigenen Reihen. Yücel, so lautete ein Argument, sprach an jenem Abend eben auch als PEN-Präsident, repräsentierte mit seinen Äußerungen jedoch nicht die allgemeine Haltung der Vereinigung. Fünf ehemalige PEN-Präsidenten forderten wenig später Yücels Rücktritt mit dem Argument, dieser missachte die PEN-Charta, die Mitglieder dazu verpflichtet, mit aller Kraft für eine "in Frieden lebende Menschheit" einzustehen.
Einfache Mehrheit genügt
Um einen Antrag durchzubringen, reicht laut der PEN eine einfache Mehrheit aus. Mitglieder, die zur Abstimmung nicht vor Ort sein können, haben auch die Gelegenheit, online zu voten. In Gotha werden mehr als 130 Mitglieder und Exil-Autoren erwartet, und anderem aus Afghanistan, Belarus und Uganda.
Das PEN-Zentrum Deutschland zählt nach eigenen Angaben 770 Mitglieder, und ist eine der weltweit mehr als 140 Schriftstellervereinigungen, die im internationalen PEN vereint sind.