Heimkehr, Trümmer, Stunde Null Wolfgang Borchert: "...weil für sie kein Zuhause mehr da ist."

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Wolfgang Borcherts Drama "Draußen vor der Tür" ist wohl eines der Hauptwerke der Trümmerliteratur. Borchert, selbst Kriegsheimkehrer, verhandelt darin die Hoffnungslosigkeit all jener, die, Opfer und Täter zugleich, nach Kriegsende auf eine verschwundene Heimat trafen. Bild: Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky (Wikipedia)

Am 13. Februar 1947 wurde im Nordwestdeutschen Rundfunk ein Hörspiel uraufgeführt, welches zu einem der wichtigsten Stücke der Deutschen Nachkriegsliteratur werden sollte. Unter dem Titel "Draußen vor der Tür" verhandelt der Autor des Dramas, der damals 25-jährige Wolfgang Borchert, die Thematik des Kriegsheimkehrers. Ein Mann, der sich seiner Heimat beraubt sieh; der nurmehr auf Schutt und Asche stößt. Einer, der lange weg war. "Vielleicht zu lange. Und er kommt ganz anders wieder, als er wegging. Einer von denen, die nach Hause kommen und die dann doch nicht nach Hause kommen, weil für sie kein Zuhause mehr da ist."

Es ist die Geschichte des Autors selbst, die hier verhandelt wird. Die Geschichte eines Heimkehrers, der, den Krieg hinter und für immer in sich, verwundet und erschöpft auf die in Trümmern liegende Stadt blickt, die er einmal seine Heimat nannte. Eine zersetzende, tiefgreifende Erfahrung, die Borchert in seinem Stück ungeschönt und radikal realistisch wiedergibt. Die er in die Figur Beckmann gießt, mit der sich eine ganze Generation junger Menschen identifizieren konnte. Heute zählt das Stück als eines der Hauptwerke der Trümmerliteratur; jener sich nach 1945 in Deutschland etablierenden und kurz anhaltenden Literaturepoche, deren Akteure ein Tabula rasa forderten.

Borchert die Kriegszeit und der Heimkehrer

"Draußen vor der Tür" beginnt lange bevor der erste Satz des Dramas geschrieben worden ist. 1941 wird Borchert als Soldat der Deutschen Wehrmacht an die Front der russischen Stadt Smolensk abkommandiert. Drei Monate später erleidet er eine Schussverletzung an der linken Hand. "Verdacht auf Selbstverstümmelung", vermerkt sein Vorgesetzter in einem Schreiben. Ein Verdacht, der nur kurze Zeit später zur Verurteilung Borcherts führt. Man verlangte die Todesstrafe; das Gericht jedoch, spricht den jungen Soldaten frei. Es folgt ein zweiter Prozess, in dem Borchert zu acht Monaten Haft im Nürnberger Militärgefängnis verurteilt wird. Kaum freigelassen, versetzt man ihn abermals an die Front. Als Melder nimmt er an den Kämpfen um Toropez teil, zieht sich Erfrierungen zweiten Grades an beiden Füßen zu, erkrankt an Gelbsucht, leidet unter fieberhaften Infekten. Es folgen Lazarettaufenthalte, die der Autor später in seiner Erzählung "An diesem Dienstag" verarbeitet.

"Hamburg! Das ist mehr als ein Haufen Steine..."

1943 geht Borchert auf Heimaturlaub. Als er in die von ihm geliebte Stadt Hamburg eintrifft, findet er diese jedoch zerbombt und in Trümmer vor. "Hamburg! Das ist mehr als ein Haufen Steine, unaussprechlich viel mehr!" lauten die noch optimistischen Worte, die von diesem Urlaub bleiben.

Aufgrund anhaltender Fieberanfälle erklärt man Borchert frontdienstuntauglich und versetzt ihn zum Fronttheater einer Truppenbetreuung. Hier parodierte der Autor in einer Aufführung Joseph Goebbels mit dem Sprichwort "Lügen haben kurze Beine" (auf Goebbels Klumpfuß bezogen). Eine nicht folgenlose Aufführung. Ein Soldat denunziert ihn, und Borchert wird festgenommen und nach Jena überführt. Im Januar 1944 sitzt er in Untersuchungshaft im Zellengefängnis Lehrter Straße in Berlin-Moabit. Übergriffe, Schikane und Herabwürdigung der Gefangenen von Seiten der Aufseher sind hier an der Tagesordnung. Borchert durchläuft mehrere qualvolle Prozesse, bevor er im März 1945 seinen letzten Einsatz antreten muss. Amerikanische Truppen besetzten die Stadt Frankfurt am Main. Die Soldaten aus Borcherts Truppe ergeben sich widerstandslos. Während der Überführung in französische Kriegsgefangenschaft gelingt dem Autor die Flucht. Ganze 600 Kilometer schlägt er sich zu Fuß nach Norden durch, in Richtung Heimat. Am 10. Mai 1945 erreicht er, völlig entkräftet und ausgezehrt, sein geliebtes und zerstörtes Hamburg.

Wolfgang Borchert als Nachkriegsautor

Auch nach dem Krieg hat Borchert weiterhin mit seiner Gelbsucht und seinen Fußverletzungen zu kämpfen. Im Dezember 1945 wird er ins Hamburger Elisabeth-Krankenhaus eingeliefert. Immer schwerwiegendere Fieberanfälle rauben dem Autor Mut und Kraft. In dieser scheinbar ausweglosen Situation nun, kraftlos, müde und niedergeschlagen, wendet sich Borchert dem Schreiben zu. Seine erste Erzählung "Die Hundeblume" ist auf den 24. Januar 1946 datiert. Die prosaische From erscheint ihm zunächst lang und behäbig. "Prosa geht mir zu langsam, ich bin zu sehr an Tempo gewöhnt.", schreibt er.

Ohne Besserung seines Gesundheitszustandes wird Borchert aus dem Krankenhaus entlassen. In der Wohnung seiner Eltern schreibt der Geschwächte eine Geschichte nach der nächsten, obsessiv und immer wieder von Schwächeanfällen unterbrochen, die ihn zu Bett zwingen. Borcherts Vater tippt die aus Materialmangel in Schulhefte oder auf Briefrückseiten geschriebenen Geschichten nach Feierabend auf der Schreibmaschine ab.

"Draußen vor der Tür" - Der Durchbruch

innerhalb von acht Tagen schreibt Wolfgang Borchert im Spätherbst 1946 das Drama "Draußen vor der Tür" nieder. In einer dreistündigen Lesung präsentiert er das Stück seinen Freunden, die, begeistert vom Text, davon überzeugt sind, dass Stück auf die Bühne bringen zu müssen. Bald zeigt der Nordwestdeutsche Rundfunk Interesse und schlägt eine Hörspieladaption vor. Am 13. Februar 1947 wird das Stück im Abendprogramm des Senders uraufgeführt. "Draußen vor der Tür" begründet Borcherts schriftstellerischen Erfolg. Verschiedene Theater bekunden Interesse, das Drama auf die Bühne zu bringen; Verleger erkundigen sich nach weiteren Arbeiten. Der Rowohlt Verlag schließt einen Vertrag mit dem Autor ab, und bringt 1949 Borcherts Gesamtwerk.

Borchert wurde zum Sprachrohr einer ganzen Generation junger Menschen, die, seelisch und körperlich zerstört, als Wracks aus dem Krieg heimkehrten. Im Zentrum seines Werkes steht die Abwesenheit jeglicher Hoffnung, von der diese Menschen durchdrungen waren; ein Gefühl der Leere, welches Borchert in unverwechselbar klarer und dadurch auch brutaler Weise zum Ausdruck brachte. In "Draußen vor der Tür" ist es der Anti-Held Beckmann, der zum Repräsentant jener Täter wird, die zugleich Opfer waren und nun, jeglichem Selbstwertgefühl beraubt, ins Bodenlose fielen. Es bleibt ihnen die Klage. Die Klage gegen Gott und Mensch. Am Ende des Stückes heißt es dann auch:

"Wo ist denn der alte Mann, der sich Gott nennt? Gebt doch Antwort! Warum schweigt ihr denn? Warum? Gibt denn keiner Antwort? Gibt denn keiner, keiner Antwort?"



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