Reinhard Kaiser-Mühlecker´s Roman "Wilderer" steht auf Platz 1 der SWR-Bestenliste für den Monat Mai. In der Fortschreibung seines 2016 erschienen Buches "Fremde Seele, dunkler Wald" erzählt der Autor von dem jungen Bauern Jakob, dessen Leben und Hof von der plötzlich im Dorf auftauchenden Künstlerin Katja grundlegend verändert wird. Alles auf Bio umzustellen ändert allerdings nichts daran, dass der tiefsitzende Groll in Jacob stumm weiterwächst und gedeiht. "Wilderer" ist ein Roman, der die menschlichen Abgründe hinter gesellschaftlichen Innovationen zeigt.
Die SWR-Bestenliste für den Monat Mai steht fest. Auf Platz 1 hat die Jury den Roman "Wilderer" von "Reinhard Kaiser-Mühlecker" gewählt. Ein Buch, in dem es um das Aufeinandertreffen zweier Weltanschauungen geht, die in ihren Grundfesten unterschiedlicher nicht sein könnten. Es geht um Verlierer und Gewinner, um die zwiespältige Kraft des Tröstens, um "Moral" als Instrument. Platz 2 der SWR Bestenliste teilen sich Ferenc Barnás mit "Bis ans Ende unserer Leben" und Kristine Bilkau mit "Nebenan". Wir stellen die Bücher kurz vor.
Platz 1: Reinhard Kaiser-Mühlecker - "Wilderer"
Der junge Bauer Jacob lebt mit seinen Eltern in einem Dorf fernab der großen gesellschaftlichen Umbrüche. Dass diese jedoch auch das Leben und Werken auf dem Land grundlegend verändern werden, steht außer Frage. Mit großer Mühe versucht Jacob den Hof am Laufen zu halten; perspektivlos, wie es scheint, und zunehmend von Wut zerfressen. Das scheint sich zunächst zu ändern, als er die Künstlerin Katja kennenlernt. Ein dreimonatiges Stipendium hat sie ins Dorf verschlagen; nun steht sie auf Jacobs Hof, und fragt nach einer Praktikantenstelle. Gemeinsam bauen sie eine biologische Tierhaltung auf, heiraten, bekommen einen Sohn. Die Wut jedoch, kocht noch immer in Jacob. Verblüffend und erschrecken zugleich schreibt Kaiser-Mühlecker von Innen- und Außenansichten, die bis zum Äußersten getrieben werden.
Platz 2: Ferenc Barnás - "Bis ans Ende unserer Leben"
In "Bis ans Ende unserer Leben" zeigt Ferenc Barnás eine ungarische Familie, die bis in Tiefste zersetzt ist und in deren Inneren sich die politischen Verhältnisse des Landes spiegelt. Der Protagonist, ein Schriftsteller namens Sebestyén Paulich, hat sich mit der Publikation seines neuen Romans unbeliebt gemacht. Den Vater stellt der Sohn als Tyrannen dar, was die kranke Mutter nur schwer ertragen kann. Kurz darauf stirbt sie an Krebs. Die Geschwister vergessen, Sebestyén ans Totenbett zu rufen. Hinzu kommt die Ablehnung gegenüber der Freundin des Schriftstellers, die der Familie zu wenig katholisch ist sich obendrein für einen oppositionellen Politiker engagiert. Als der Vater stirbt, scheint das marode Familien-Gerüst endgültig in sich zusammenzufallen.
Platz 2: Kristine Bilkau - "Nebenan"
Julia, ende Dreißig, ist mit ihrem Mann Chris in einen nicht benannten Ort am Nord-Ostsee-Kanal gezogen. Dort hat sie einen Keramikladen eröffnet, alles scheint idyllisch, schwebend, leicht. Die Containerschiffe ziehen vor dem Schaufenster vorbei, die Kundschaft stimmt. Dann aber, geschieht etwas seltsames. Plötzlich taucht ein unbekannter Junge vor dem Nachbarhaus auf. Die Familie, die in dem Haus wohnte, scheint spurlos verschwunden zu sein. Das Kind hinterlässt unverständliche Botschaften, die einerseits Julias Neugierde wecken, sie anderseits aber Besorgt zurücklassen. Hinter diesem Szenario verbirgt sich ein schleichender Niedergang, eine nicht einzulösende Sehnsucht, ein unerfüllter Kinderwunsch, politischer und struktureller Wandel, dem man nicht beikommen kann. Der Schrecken, lernen wir ein weiteres Mal, befindet sich oft in unmittelbarer Nähe.
Weitere Bücher auf der SWR-Bestenliste
Platz 4: Tove Ditlevsen: "Gesichter"
Platz 5: Esther Kinsky: "Rombo"
Platz 6: Wolf Haas: "Müll"
Platz 7: Emmanuel Carrére: "Yoga"
Platz 7: Abdulrazak Gurnah: "Ferne Gestade"
Platz 9: Yael Inokai: "Ein simpler Eingriff"
Platz 9: Joseph Roth: "Rot und Weiß. Wanderer zwischen Städten"
Platz 9: Martin Walser/Cornelia Schleime: "Das Traumbuch"
Die SWR-Bestenliste
Monatlich wählen 30 namenhafte LiteraturkritikerInnen jeweils vier Neuerscheinungen aus, denen sie möglichst viele Leserinnen und Leser wünschen, und geben ihnen Punkte (15, 10, 6, 3). Der Jury gehören unter anderem Insa Wilke, Hubert Winkels, Sigrid Löffler, Denis Scheck und Ijoma Mangold an.