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ARD Das Erste Neue Bücher bei "Druckfrisch": Kolonialgeschichte und Kommunalka

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In der kommenden Ausgabe "Druckfrisch" spricht Moderator und Literaturkritiker Denis Scheck über den erst jetzt wieder auf Deutsch erhältlichen Roman "Das verlorene Paradies" des tansanischen Schriftstellers Abdulrazak Gurnah. Vor 20 Jahren erschienen, hat diese ergreifende Kolonialgeschichte erst mit der Verleihung des Literaturnobelpreises an Gurnah hierzulande die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdient. Außerdem wird es um Katerina Poladjans "Zukunftsmusik" und, selbstverständlich, die aktuelle Spiegel Bestsellerliste gehen.

Katerina Poladjans "Zukunftsmusik" zeigt das Leben einer vierköpfigen Familie, die auf engstem Raum in einer Kommunalka zusammenleben. Neben dem Roman "Das verlorene Paradies" des Literaturnobelpreisträgers Abdulrazak Gurnah wird Poladjans Buch Thema in der kommenden Ausgabe von "Druckfrisch" sein. Bild: Fischer Verlag

Am Sonntag den 27. März stellt der Literaturkritiker und Moderator Denis Scheck in seiner Sendung "Druckfrisch" zwei Romane vor, die aus unterschiedlichen Perspektiven vom Untergang der Welt erzählen, von Liebe, Hoffnung und Zerfall. Der eine - "Das verlorene Paradies" von Abdulrazak Gurnah - erzählt eine ostafrikanische Kolonialgeschichte; der andere - "Zukunftsmusik" von Katerina Poladjan - vom Leben in der sibirischen Weite.

Abdulrazak Gurnah: "Das verlorene Paradies"

Es ist das ausgehende 19. Jahrhundert. Dort, wo heut Tansania liegt, befinden sich deutsche, britische und belgische Kolonien, die das Land in Anspruch nehmen, während die Einheimischen hungern, arbeiten und schmuggeln. Hitze liegt in der Luft. Je näher man den Bergen kommt, desto grüner wird das Licht der Sonne. Löwen gibt es hier, Schlangen und Würmer. Und jene skrupellosen Menschen, die rücksichtslos ihren Geschäften nachgehen; Araber, Inder, Leute von der Küste und aus dem Inneren des Landes. Ein gefährliches Gemisch. Hier wurde Yusuf geboren, hier wächst er auf. Staunend schaut er dabei zu, wie die Welt seiner Kindheit langsam verschwindet.

"Erst der Junge. Sein Name war Yusuf, und in seinem zwölften Jahr verließ er ganz überraschend sein Zuhause. Er erinnerte sich, es war die Zeit der Dürre, in der ein Tag war wie der andere. Unvermutete Blumen blühten auf und welkten. Seltsame Insekten flüchteten aus ihrem Versteck unter Felsbrocken und wanden und krümmten sich in dem gleißend heißen Licht, bis sie starben. Die Sonne ließ Bäume in der Ferne zittern und die Häuser leicht schwanken und nach Atem ringen. Jeder verirrte Fußball wirbelte Staubwolken auf, und über den Tagesstunden lastete angespannte Stille."

"Das verlorene Paradies" ist vor 20 Jahren erschienen. Hierzulande fand der Roman kaum Beachtung. Dies änderte sich jedoch im vergangenen Jahr, als der Autor des Buches, Abdulrazak Gurnah, mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet wurde. Schnell hatte man die Deutschübersetzungen nachdrucken lassen, die jetzt wieder erhältlich sind.

Katerina Poladjan: "Zukunftsmusik"

März 1985: Eine bröckelnde Gemeinschaftswohnung, 1000 Meilen östlich von Moskau. In dieser engen, kleinen Kommunalka wohnen Großmutter Warwara, Mutter Maria, Tochter Janka und der kleinen Enkelin Kroschka auf engstem Raum zusammen. Jeder gehen seinem Alltag nach, vertreibt sich die Zeit. Es wird musiziert, gekocht, getuschelt und intrigiert. Am Abend soll es ein Konzert in der Küche geben, aber die Gitarre ist zerbrochen. Merkwürdig außerdem: Aus dem Radio dröhnt andauernd Chopins Trauermarsch.

"Ein Scheißleben haben wir, sagte Maria Nikolajewna. Sie reichte Matwej eine Tasse Tee, setzte sich zu ihm an den Tisch und beugte sich über die Schachtel mit dem Konfekt. Im selben Augenblick stellte sie offenbar fest, dass dieser Satz, den sie oft und gern sagte, gerade gar nicht passte. Wohl daher fügte sie schnell hinzu: Und nicht mehr lange, dann wird es auch wieder Frühling, und die Birken bekommen kleine grüne Blättchen."

Schonungslos, lakonisch nah und anrührend erzählt Katerina Poladjan hier vom Alltag einer Familie, deren störrisches Weiterexistieren uns vielleicht etwas über den russischen Geist verraten kann. Tatsächlich sitzt man als Leser schnell mit am Küchentisch, ohne jedoch die westliche Bequemlichkeit zu vergessen, die den eigenen Blick immer mitlenkt. Irgendwo gibt es noch Licht. Ein kleiner Roman, in dessen Mittelpunkt große Frage stehen. Wie weitermachen? Was tun?

Wie gewohnt wirft Denis Scheck auch in dieser Ausgabe einen Blick auf die Spiegel Bestsellerliste und kommentiert die Titel. Dieses Mal in der Rubrik Belletristik. Schecks persönliche Empfehlung: Katharina Adler, "Iglhaut"


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