Am 2. März ist der große amerikanische Schriftsteller John Irving 80 Jahre alt geworden. Romane wie "Gottes Werk und Teufels Beitrag", "Das Hotel New Hampshire" oder "Garp und wie er die Welt sah" haben mittlerweile Kultstatus erlangt und werden weltweit gelesen und geschätzt. Irving gilt als virtuoser Schriftsteller, als Meister der Situationskomik, der es zugleich versteht, in die Tiefen menschlicher Abgründe hinabzusteigen und dort nach hoffnungsvollen Wendungen zu suchen. Oft hat er sie gefunden.
Es sind die Gefallenen, die Verwundeten und Schwachen, die Gezeichneten, deren Geschichten John Irving an den Schreibtisch zwingen. Es sind insbesondere die existenziellen Verbindungen zwischen diesen Angeschlagenen, die kleinen und großen Tragödien, in denen sich immer auch politische und gesellschaftliche Fragestellungen finden lassen. Diesen Pfaden folgend, schrieb der Schriftsteller John Irvin über Abtreibungen, Krieg, Vergewaltigung, über Hedonismus und Randexistenzen. Aus der flüchtigen, kleinen Beobachtung ließ er große Geschichten emporsteigen. Irving fand seine Protagonisten, hatte sie nicht erfinden, sondern lediglich übertragen müssen. Er dichtete Schicksale weiter, die dann Erzählungen bevölkerten, die dazu führten, dass dieser Schriftsteller zu seinen besten Zeiten weltweit hymnisch gefeiert, ja beinahe angebetet wurde.
Bis dorthin war es allerdings kein einfacher Weg. Bereits 1968 hatte Irving seinen ersten Roman, "Setting Free the Bears" ("Laßt die Bären los!"), veröffentlicht. Bis 1974 waren es dann bereits drei Romane, die allerdings allesamt im hektischen Treiben des Literaturmarktes übersehen wurden und untergingen. 1987 gelang dann der große Durchbruch. Irving wechselte den Verlag, veröffentlichte dort den Roman "Garp und wie er die Welt sah" und stieß auf eine Resonanz, die so gewaltig war, dass der US-Autor seine Dozentenstelle aufgeben und sich fortan ganz der Schriftstellerei widmen konnte. Vier Jahre später verfilmte George Roy Hill Irvings Erfolgsroman unter dem Titel "Der Clou" mit Robby Williams und Glenn Close in den Hauptrollen. Weitere Romanverfilmungen folgten fortan.
Ringen und Schreiben
Vielerlei literarische Einflüsse lassen sich - wenn auch nicht immer eindeutig - in Irvings Werk nachweisen. Einer der sichtbarsten ist wohl der des englischen Schriftstellers Charles Dickens - dessen Buch "Große Erwartungen" in Irving den Wunsch entfachte, Schriftsteller zu werden. Später einmal Bücher zu schreiben war allerdings nur einer von zwei großen Träumen des jungen Irvings; daneben steuerte er auch eine Ringer-Karriere an, ein Ziel, welches er vehement verfolgte, eine Sportart, in der er durchaus auch Erfolge feiern konnte. Neben der Dozentenstelle verdiente er als Ringer-Coach sein Geld, bevor es ihm möglich war, als Vollzeit-Autor zu arbeiten. Dass er auch nach dem großen Erfolg von "Garp und wie er die Welt sah" an seiner Tätigkeit als Trainer festhielt, zeigt, wie groß Irvings Leidenschaft für das Ringen war und ist.
Der letzte Roman
Vor sieben Jahren erschien mit "Avenue of Mysteries" John Irvings bisher letzter Roman. In den letzten Jahren schrieb er nach eigenen Angaben an einem Roman mit dem Titel "Darkness as a Bride". Für Oktober angekündigt ist nun allerdings das Buch "The Last Chairlift". Der Diogenes Verlag verspricht die Deutschübersetzung für das Jahr 2023.