Sind Bücher in Deutschland zu günstig?

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Nicht erst seit Corona kämpfen viele unabhängige Buchhandlungen ums Überleben. Insbesondere der Online-Handel stellte Einzelhändler in den vergangenen Jahren vor immer größeren Herausforderungen. Doch es gibt auch brancheninterne Probleme, wie die Buchhändlerin Iris Hunscheid in einem im Börsenblatt erschienenen Artikel aufzeigt. Darin bezieht sie unter anderem Stellung zur Preispolitik deutscher Verlage und liefert desaströse Einblicke. Die Buchpreise, so Hunscheid, seien in Deutschland unverhältnismäßig niedrig. So niedrig, dass selbst InhaberInnen in Zukunft Schwierigkeiten haben werden, sich den nun verordneten Mindestlohn von 12 Euro/Stunde auszuzahlen. Was muss sich ändern?

"Wir verkaufen Bücher unter Wert". Die Buchhändlerin Iris Hunscheid bezieht in einem im Börsenblatt erschienen Artikel Stellung zur desaströsen Lage der Buchhandlungen. Ihr Fazit: Die Buchpreise müssen steigen. Bild: Pixabay (Symbolbild)

Die Buchhändlerin Iris Hunscheid ist sich sicher: Sollten die deutschen Verlage ihre Preispolitik nicht grundlegend überdenken, werden viele unabhängige Buchhandlungen in den nächsten Jahren ganz einfach verschwinden. In einem kürzlich im Börsenblatt erschienen Artikel gibt sie Einblicke in die desaströse Lage, in der sich vor allem unabhängige Buchhandlungen gegenwärtig befinden. Bereits jetzt, so gibt Hunscheid klar zu verstehen, wirtschaften kleine Buchhandlungen am Existenzminimum. Weihnachts- und Urlaubsgeld gebe es in vielen Betrieben nicht mehr. Hinzu kommt der auf 12 Euro steigende Mindestlohn, der über dem liegt, "was derzeit in manchen Buchhandlungen gezahlt wird". Nicht einmal die InhaberInnen selbst könnten sich einen solchen Stundenlohn in allen Fällen auszahlen.

Erschwerend kamen in den vergangenen zwei Jahren die Corona-Restriktionen hinzu. Aufgrund der "Corona-Lüftung" habe man nun bereits zwei Winter lang einen Großteil der Heizkosten aus der offenen Tür geblasen.

Sind Bücher zu günstig?

Grund für diese alarmierende Entwicklung sei die Tatsache, das die Buchbranche seit Jahren Produkte unter Wert verkaufe, so Hunscheid. Insgesamt seien die Verkaufspreise, genreunabhängig, zu niedrig. Verantwortlich für eine auskömmliche Preisgestaltung seien die Hersteller der Produkte, also die Verlage. Diese aber scheinen sich nicht sonderlich dafür zu interessieren, ihre Produkte über Buchhandlungen in Umlauf zu bringen. Seit 20 Jahren, stellt Hunscheid klar, kämen diese ihrer Verantwortung nicht nach, eine auskömmliche Preisentwicklung zu gestalten.

Die Qualität des Produktes Buch werde innerhalb der Branche nicht genug wertgeschätzt, meint Hunscheid. Tatsächlich liegt Deutschland im internationalen Vergleich in Sachen Buchbepreisung recht weit hinten. Aber auch in der Buchbranche selbst sei vielen MitarbeiterInnen überhaupt nicht bewusst, dass Kundinnen und Kunden die Produkte als niedrigpreisig wahrnehmen. Vergleicht man aber einen gehaltvollen Roman mit anderen Freizeitprodukten - Hunscheid nennt eine Flasche Wein oder einen Kinobesuch - erkennt man doch eine Unverhältnismäßigkeit. "Dass eine Buchhändlerin, die 13 Euro pro Stunde verdient, bei einem HC-Unterhaltungsroman zu 28 Euro zuckt, ist verständlich – die meisten unserer KundInnen zucken da aber keineswegs."

Was sich ändern muss

Anreiz zum Umdenken gibt Hunscheid, indem sie Punkte nennt, die sich dringend verändert müssten. Zunächst verweist sie noch einmal auf die Notwendigkeit der allgemeinen und genreübergreifenden Preiserhöhung. Zudem sollten die "Barsortimente auch niedrigpreisige Artikel zu regulären Konditionen listen". Auch sollten BuchhändlerInnen konsequent auf Titel verzichten, die selbst gesetzte Preisgrenzen unterschreiten.

In anderen Punkten bestärkt sie noch einmal, wie wichtig die Wertschätzung der verkauften Produkte ist, also die Ware Buch. Kundinnen und Kunden, so klingt es, seien durchaus bereit, etwas tiefer in den Geldbeutel zu greifen. Sie schätzen die Ware Buch höher als die Verkaufenden.

Iris Hunscheid ist Vorsitzende im Sprechkreis der IG Unabhängiges Sortiment. Dort thematisiere man dieses Thema bereits seit Jahren. Wenn man die entsprechenden Anliegen jedoch an Verlage oder auch an die eigenen Mitglieder richte, habe man oft das Gefühl, man sei ein "Rufer in die Wüste". Noch ist Arbeit zu leisten. Die Idee jedenfalls, grundsätzlich über die Bepreisung und somit notwendigerweise auch über den Wert eines Buches nachzudenken, ist, gerade angesichts eines von Billigprodukten übersättigten Marktes, längst überfällig.


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