Der österreichische Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Peter Handke sieht den Corona-Lockdowns des vergangenen Jahres skeptisch gegenüber. In einem am Sonntag im Wiener "Kurier" erschienenen Interview, beklagte sich der in Frankreich lebende Autor über den Umgang mit der älteren Bevölkerung.
Peter Handke sieht die im vergangenen Jahr zur Eindämmung des Coronavirus verhangenen Vorschriften kritisch. Die Einsamkeit der Alten hätte sich aufgrund der Kotakt-Beschränkungen dramatisch gesteigert, gab der Autor in einem Interview mit dem Wiener "Kurier" zu bedenken. "Mir kommt alles so falsch vor. Man sieht fast nur noch die Jungen unterwegs, und es gibt unendlich vereinsamte Alte". Mit Blick auf die im Altersheim verstorbenen Menschen, die man, so Handke, "hat sterben lassen", fordert er Konsequenzen: "Für mich müsste man die Verantwortlichen vor das Völkergericht stellen."
Nachts an einem großen Werk
Handke selbst hatte sich während der Lockdown-Phase einen "Schwindelzettel" von seinem Verlag ausstellen lassen. Darauf habe gestanden, er sei nur nachts unterwegs, um ein großes Werk zu schreiben. Tatsächlich sei es einmal zu einer Kontrolle gekommen. Die Polizei habe ihn passieren lassen. Ein anderes Mal - Handke war in Chaville im Departement Hauts-de-Seine unterwegs und hatte übersehen, dass auf der anderen Straßenseite bereits das Departement Yvelines begann - kam er um einen Strafbescheid nicht herum.
Handke und die Wut
Dass der Schriftsteller Peter Handke als Wütender an die Öffentlichkeit herantritt, oder besser, in sie hineingezogen wird, ist keine Neuigkeit. Die Verachtung der Mehrheiten hatte der Autor immer wieder als produktives Element in sein Werk einfließen lassen. Dabei war Handke allerdings niemals blind, sondern eher blickend vor Wut. Wie auch in den solipsistischen Monologen seines Landsmannes Thomas Bernhard, wurde die Wut hier stets als ein Erkenntnisinstrument eingesetzt, ein Instrument, dass Verhärtungen aufweichen und blinde Flecke sichtbar machen kann. Sicher werden wir auch Handkes Entrüstung über die Corona-Maßnahmen früher oder später, als literarische Wendung, zu lesen bekommen.
Hier bestellen
Topnews
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Karl Ove Knausgård: Das dritte Königreich
Romanverfilmung "Sonne und Beton" knackt Besuchermillionen
Asterix - Im Reich der Mitte
Rassismus in Schullektüre: Ulmer Lehrerin schmeißt hin
14 Nominierungen für die Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues"
"Die Chemie des Todes" - Simon Becketts Bestsellerreihe startet bei Paramount+
Michel Houellebecq und die "Aufstachelung zum Hass"
"Leipzig liest extra": Ein fulminantes Programm
NWZ-Leselounge: Klaus-Peter Wolf liest aus seinem aktuellen Bestseller "Ostfriesenzorn"
Lockdown lässt E-Book Nachfrage rasant ansteigen
Kreative Wege aus der Corona-Falle
Frankfurter Buchmesse findet trotz Corona statt
Siegfried Unseld Chronik
Mein Bücherregal entrümpeln – Eine literarische Reise durch 100 Jahre Deutschland
Liebes Arschloch auf Platz 1 der SWR Bestenliste
Das Zirpen im Kinderzimmer
Wie schaut es mit der Leipziger Buchmesse aus?
"Lesch sieht Schwartz": Hysterie ist auch keine Lösung
Wladimir Kaminer: Die Zeit vor ein paar Wochen
Leipziger Buchmesse: Land Sachsen gibt grünes Licht
"Peter Handke Notizbücher. Digitale Edition": Einblicke in Nobelpreis-Literatur
Markus Gabriel über Precht: "Mich stört das Intellektuellen-Bashing"
Aktuelles

Claudia Dvoracek-Iby: mein Gott
Claudia Dvoracek-Iby

Claudia Dvoracek-Iby: wie seltsam
Claudia Dvoracek-Iby

Marie-Christine Strohbichler: Eine andere Sorte.
Marie-Christine Strohbichler

Der stürmische Frühlingstag von Pawel Markiewicz
Pawel Markiewicz
„Der Gesang der Flusskrebse“ – Delia Owens’ poetisches Debüt über Einsamkeit, Natur und das Recht auf Zugehörigkeit
„Der Duft des Wals“ – Paul Rubans präziser Roman über den langsamen Zerfall einer Ehe inmitten von Tropenhitze und Verwesungsgeruch
„Die Richtige“ von Martin Mosebach: Kunst, Kontrolle und die Macht des Blicks
„Das Band, das uns hält“ – Kent Harufs stilles Meisterwerk über Pflicht, Verzicht und stille Größe
Magie für junge Leser– Die 27. Erfurter Kinderbuchtage stehen vor der Tür
„Die Möglichkeit von Glück“ – Anne Rabes kraftvolles Debüt über Schweigen, Schuld und Aufbruch
Für Polina – Takis Würgers melancholische Rückkehr zu den Ursprüngen
„Nightfall“ von Penelope Douglas – Wenn Dunkelheit Verlangen weckt
„Bound by Flames“ von Liane Mars – Wenn Magie auf Leidenschaft trifft
„Letztes Kapitel: Mord“ von Maxime Girardeau – Ein raffinierter Thriller mit literarischer Note
Drachen, Drama, Desaster: Denis Scheck rechnet mit den Bestsellern ab
Benedict Pappelbaum
Rezensionen
Good Girl von Aria Aber – eine Geschichte aus dem Off der Gesellschaft
Guadalupe Nettel: Die Tochter
„Größtenteils heldenhaft“ von Anna Burns – Wenn Geschichte leise Helden findet
Ein grünes Licht im Rückspiegel – „Der große Gatsby“ 100 Jahre später
"Neanderthal" von Jens Lubbadeh – Zwischen Wissenschaft, Spannung und ethischen Abgründen
