Eigentlich sollte die Rowohlt-Autorin Jasmina Kuhnke als Überraschungsgast auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse aus ihrem Debütroman "Schwarzes Herz" lesen; doch Kuhnke sagte ihren Auftritt ab. Grund ist die Anwesenheit des rechten Jungeuropa-Verlags, der unweit des "Blauen Sofas" positioniert wurde und dessen Verleger Philip Stein als Aktivist im Kontext der "Neuen Rechten" bekannt ist. Wie tolerant sollten wir gegenüber den Intoleranten sein?
"Eigentlich", so twitterte Jasmina Kuhnke am Montag nachmittag, "müsste ich jetzt glücklich und aufgeregt sein, so einen Tag vor meiner ersten Buchveröffentlichung – ich bin aber alles andere als glücklich oder gar voller Vorfreude, weil ich meinen einzigen und lange geplanten Live Auftritt (...) absagen muss!"
Keine Bühne für rechte Verlage!
Kuhnke war als Überraschungsgast auf der diesjährigen Buchmesse geplant, um dort ihren Debüt-Roman "Schwarzes Herz" vorzustellen, sagte den Auftritt aber aufgrund der Anwesenheit des neu-rechten "Jungeuropa"-Verlages ab. Die Autorin steht unter besonderen Schutzmaßnahmen. Im Frühjahr 2021 hatten Rechtsextreme ihre Adresse veröffentlicht und dazu aufgefordert, sie zu "massakrieren". Kuhnke zog mit ihrer Familie um.
Nach der Bekanntgabe der Absage, solidarisierten sich verschiedenste Akteure mit Kuhnke. So forderte die Bildungsstätte Anne Frank die Frankfurter Buchmesse, die deutsche Buchbranche und die Zivilgesellschaft dazu auf, sich deutlich gegen rechts zu positionieren. "Es ist ein Desaster für unsere offene Debattenkultur, wenn sich Betroffene von Rassismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit von der Frankfurter Buchmesse als der größten Debattenmesse des Landes zurückziehen, weil sie sich dort nicht sicher fühlen." wird der Direktor der Bildungsstätte, Meran Mendel, in einer Stellungnahme zitiert. Michael Müller von der Linken-Fraktion im Frankfurter Römer sagte: "Die Frankfurter Buchmesse darf diesen Verlagen keine Bühne bieten, auch nicht in der hinterletzten Ecke."
Wahrung der Meinungsfreiheit
Die Veranstalter verteidigten sich daraufhin. Die Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut, betonte Buchmessen-Direktor Jürgen Boos. Man müsste leider auch Meinungen oder die Präsenz von Menschen aushalten, die man nicht unbedingt gerne auf der Veranstaltung hätte. Der Aktivist Raul Krauthausen warnte dagegen vor zu viel Toleranz gegenüber den Intoleranten.
"Ist das diese Cancel Culture, von der ALLE sprechen?"
In der Stellungsnahme der Autorin heißt es: "Ich rede nicht mit Nazis. Ich höre nazis nicht zu. Ich lese keine Bücher von Nazis". Von ihrer persönlichen Betroffenheit abgesehen, empfinde sie es als untragbar, Nazis Raum zu bieten.
Unter der Überschrift "Ist das diese Cancel Culture, von der ALLE sprechen?" verweist Kuhnke auf die Pressemitteilung der Buchmesse, in der die Verantwortlichen auf die Verpflichtung zur Meinungsfreiheit rekurrieren, und erinnert daran, dass Rassismus und Antisemitismus keine Meinungen seien.