An einem eisigen kanadischen Wintermorgen im Jahre 1768 ist der achtjährige Christian Treitz auf der Jagd – angetrieben durch Hunger und ausgerüstet lediglich mit einem Holzknüppel. In dem neuen Kinderbuch aus dem Dresdner MONS-Verlag „Das Geschenk des Akadiers“ von Diane Carmel Léger mit Bildern von Tamara Thiébaux-Heikalo geht es um das Schicksal deutscher Auswandererfamilien im 18. Jahrhundert, die bei ihrer Ankunft in der neuen Heimat in Neubraunschweig über zu wenig Vorräte verfügen und unter Entbehrungen und Krankheiten leiden. Doch sie erhalten ausgerechnet Hilfsangebote von den Menschen, die sie eigentlich als ihre Feinde ansehen. Wem können die Siedler trauen, in diesem rauen, unbekannten Land?
Kleiner Jäger mit Magenknurren
Dem kleinen Jägersmann knurrt der Magen so laut, dass er Angst hat, die wilden Tiere mit diesen aufdringlichen Grummel-Tönen eher zu verscheuchen als aufzuspüren. Doch als sich Christian verzagt und durchgefroren schließlich ohne Nahrung für die Familie auf den Rückweg macht, erscheint plötzlich eine bärenähnliche, große Gestalt am Waldrand. Der Junge bereut, dass er für seine Pirsch nicht doch die Muskete seines Vaters gemopst hat.
Aber dann bemerkt er, dass der „Bär“ mit Pfeil und Bogen ausgerüstet ist. Merkwürdig! Vorsichtig folgt der Junge dem Bärenmann zu einem kleinen verlassenen Friedhof. Dort enttarnt ein furchtbarer Hustenanfall den kleinen Späher. Der Unbekannte entdeckt das Kind und handelt völlig unerwartet: Er füttert es mit Ahornzucker und bietet seine Hilfe an, als er hört, dass die Saatkartoffeln der Familie Treitz verfault sind. Doch das verheißungsvolle Gespräch wird durch das Erscheinen von Christians großen Bruder unterbrochen, der den Fremden mit einem Gewehr bedroht und verjagt.
Die Tipps des Bärenmannes
Die Begegnung geht dem kleinen Christian jedoch nicht aus dem Sinn und einige Zeit später entdeckt er tatsächlich einen Beutel mit den versprochenen, gekeimten Kartoffeln, die der Familie das Planzen doch noch ermöglichen. Im Laufe der Zeit findet der „Bärenmann“ noch viele weitere Möglichkeiten, dem Jungen und seiner Familie zu helfen. Die Ratschläge des Akadiers und Tipps helfen den unterernährten Farmer-Familien beim Überleben in der gnadenlosen Wildnis.
Doch die erwachsenen Auswanderer bleiben misstrauisch, denn Christians neuer Freund gehört zu den Akadiern, Auswanderern aus Frankreich, die 1604 im Nordosten Nordamerikas eine eigene Kolonie gegründet hatten. Die englische Kolonial-Regierung hatte 1755 die Akadier vertreiben und ihre Häuser niederbrennen lassen. Die deutschen Siedler haben sich in diesem ehemals akademischen Gebiet angesiedelt und fürchten nun, dass die Akadier ihre alten Ländereien zurückerobern wollen.
Der Geist der Weihnacht
In der Weihnachtszeit macht sich der Akadier auf eine Tour durch den Schnee, um der Familie Treitz ein Geschenk vorbeizubringen. Und endlich bedankt sich die Familie bei ihrem Helfer und serviert dem Gast ihre traditionellen Kartoffel-Knödel. Wird es der Familie gelingen, im Geiste der Weihnacht zu handeln und ihre Angst vor den geheimnisvollen Akadiern zu besiegen?
Eine außergewöhnliche Freundschaft
Der kanadischen Autorin Diane Carmel Léger ist mit dieser Erzählung gelungen, die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft kindgerecht, warmherzig und einfühlsam zu beschreiben. Zugleich liefert ihr Kinderbuch einen spannenden Einblick in die Geschichte Kanadas, das diesmal der Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse (20. bis 24. Oktober 2021) ist, bei der „Das Geschenk des Akadiers“ zu den vorgestellten neuen Titeln gehört. Die Geschichte berichtet vom Sieg der Freundlichkeit über die Feindseligkeit und davon, wie bereichernd es ist, wenn unterschiedliche Völker einander unvoreingenommen helfen und voneinander lernen.
Das Geheimrezept
Malerisch ausgeschmückt wird das lebenskluge Buch durch die zauberhaften Aquarelle der Künstlerin Tamara Thiébaux-Heikalo. Eine historische Anbindung bekommt die Erzählung durch erläuternde Texte zur Geschichte Akadiens und durch Berichte über das Schicksal der deutschen Siedler. Zum Schluss gibt es als ganz besonders Highlicht noch das Rezept für die berühmten Kartoffelknödel "halb und halb", die in Kanada „Poutine rapée“ genannt werden und dort längst zu den traditionellen Weihnachtsgerichten zählen.
Die Autorin
Diane Carmel Léger wuchs in Memramcook, einem Dorf in der kanadischen Provinz New Brunswick auf. Sie unterrichtete Französisch in Victoria in Britisch-Kolumbien. Ihr erstes Buch, in das sie ihre Faszination für die Geschichte der Akadier einfließen ließ, wurde mit dem Hackmatack-Preis ausgezeichnet. Diane Carmel Léger ist inzwischen in ihre Heimat zurückgekehrt, um sich dort ganz dem Schreiben widmen zu können. Sie ist eine der ausgewählten Autorinnen der kanadischen Ehrendelegation auf der Frankfurter Buchmesse 2021.
Die Illustratorin
Tamara Thiébaux-Heikalo arbeitet seit mehr als 30 Jahren als Illustratorin und Grafikdesignerin und hat sich auf das Bebildern von Kinderbüchern spezialisiert.
Diane Carmel Léger, Tamara Thiébaux-Heikalo: Das Geschenk des Akadiers - Die Geschichte des Kartoffelknödels in Kanada, erschienen 2021 im Mons Verlag, empfohlen für Kinder ab 3 Jahren, 56 Seiten, 24,00 Euro
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