Es sind Morde, über die kaum jemand spricht. Über 100 Frauen werden in Deutschland jährlich von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Die Journalistinnen Laura Backes und Margherita Bettoni haben für ihr Buch "Alle drei Tage" mit Experten gesprochen, die die Motive männlicher Gewalttäter untersuchen und den Tathergang rekonstruieren. Und mit Frauen, die überlebt haben.
Alle drei Tage wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner umgebracht. Diese Morde hatte die südafrikanische Soziologin Diana Russel bereits in den 90er Jahren als femicide bezeichnet. Die deutsche Bezeichnung Femizid, geht auf die Soziologin zurück. Von Beziehungstaten und Ehrenmorde unterscheidet sich ein Femizid insofern, als es sich hierbei um ein gesamtgesellschaftliches, tief verwurzeltes Problem handelt: Es sei explizit "Mord an Frauen, weil sie Frauen sind", schreibt Russel. Und auch wenn wir Femizide im Nachhinein häufig als das Ergebnis einer Familientragödie oder eines aus dem Ruder geratenen Beziehungsstreites verharmlosen wollen, handele es sich diesen Tat nicht um eine persönliche Streitigkeit, die eskaliert.
Der männliche Anspruch auf Besitz
Die Journalistinnen Laura Backes und Margherita Bettoni schließen mit ihrem Buch "Alle drei Tage" an die Soziologin Diana Russel an und zeigen, wie tief das Männlich-Weiblich-Gefälle und die Vorstellung einer strikten Hierarchie in uns verankert sind. Oft gehe dem Femizid die männliche Vorstellungen voraus, die Frau wäre ein "Eigentum". Auch Frauen töten ihre Männer, so die Autorinnen, allerdings wesentlich seltener und aus anderen Motiven; etwa dann, wenn sie versuchen, sich aus einer gewaltsamen Beziehung zu befreien.
In insgesamt sieben Kapiteln gehen die Autorinnen auf Themen wie Präventionsarbeit zur Tatvermeidung, Verharmlosungen der Tat selbst, sowie auf juristische Aspekte ein. Sie liefern Zahlen und Statistiken, nennen Studien, sprechen mit ExpertenInnen und Frauen, die Femizide überlebt haben. Insbesondere die Berichte der Überlebenden geben einen schockierenden Einblick in die Gewalttaten.
Nicht spontan sondern "reflektiert, geplant und entschlossen"
Doch auch die Berichte der britische Kriminologin Jane Monckton-Smith sind erschreckend. Nachdem sie mehrere hundert Femizide untersuchte, kam Smith zu dem Ergebnis, dass die Täter nicht - wie oft angenommen - spontan und impulsiv handelten, sondern "reflektiert, geplant und entschlossen". Aus ihren Untersuchungen hat sie ein Modell abgeleitet, welches aufzeigt, wie sich eventuell spätere Femizide in einem früheren Beziehungsstadium ankündigen. Dazu gehört nicht nur die Gewaltbereitschaft der Männer, sondern auch ein kontrollierendes Verhalten.
Am Ende ist es ein erster wichtiger Schritt, überhaupt eine Diskussion anzustoßen, die sich mit dem in Deutschland bisher recht unpopulären Thema Femizid auseinandersetzt. Denn Gewalt gegen Frauen ist ein systemimmanentes Phänomenen, welches man, will man es vehementer bekämpfen, zunächst ins Bewusstsein heben muss.
Laura Backes und Margherita Bettoni: "Alle drei Tage. Warum Männer Frauen töten und was wir dagegen tun müssen"; DVA, 2021, 208 Seiten, 20 Euro