Longlist Deutscher Buchpreis 2021: Ferdinand Schmalz - "Mein Lieblingstier heißt Winter"

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Ferdinand Schmalz beschäftigt sich in seinem für den Deutschen Buchpreis nominierten Debütroman "Mein Lieblingstier heißt Winter" auf skurrile Weise mit der Frage danach, was der Tod für eine Bedeutung für die mit ihm Lebenden hat. Bild: S. Fischer

2017 hatte der österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz mit seinem Text "Mein Lieblingstier heißt Winter"den Bachmannpreis für sich entscheiden können. Nun steht die damals noch weitestgehend offen gebliebene Geschichte - zum Roman ausgearbeitet - auf der Longlist des Deutschen Buchpreises. Im Zentrum dieses morbiden Romans wird die Frage danach verhandelt, wie wir mit dem Tod umgehen.

1983 fragte Rainald Goetz in seinem äußert dramatisch vorgetragenen Bachmann-Preis-Text noch: "Wie geht das scheiß Leben?" 2017, 34 Jahre später, scheinen wir das mit dem "scheiß" Leben entweder endgültig aufgeben oder teilweise verstanden zu haben. Wahrscheinlich beides zugleich. Jedenfalls fragte der österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz im Jahr 2017 nicht mehr nach dem richtigen Leben, sondern danach, wie man am besten abtritt. Sein Text "Mein Lieblingstier heißt Winter", in dem ein Mann einem Tiefkühlkost-Lieferanten das Versprechen abringt, dieser solle doch bitte die gefrorene Leiche des Mannes auf eine Waldlichtung verfrachten, konnte die Jury überzeugen. Schmalz gewann den Preis. Jetzt hat er den Text zu einem Roman ausgearbeitet, der auf der Longlist des Deutschen Buchpreises steht.

Wie und wo am besten sterben?

Das Morbide, das Zähe, das spielt natürlich in Wien. In dieser "mittelgroßen Stadt an der Donau", hat sich ein zunächst eigenartig erscheinender Club aus fünf Herren gebildet, die im Kreise darüber nachdenken, wie sie am besten aus dem Leben scheiden könnten. Einer von ihnen ist der Doktor Schauer, dessen Krebs sich spürbar durch den Körper frisst. Um selbst über sein Ende zu entscheiden, beschließt Schauer zunächst, Schlaftabletten einzuwerfen und sich in die Gefriertruhe zu legen. Das Problem: Er würde ewig im eigenen Keller liegen und womöglich von seiner Tochter gefunden werden. Ein scheußlicher Anblick, den er dem Kind ersparen möchte.

Schauers nächster Einfall klingt vielversprechend: Er ringt dem Tiefkühlkostvertreter Franz Schlicht - der ihn seit Jahren mit Fleischwaren beliefert - ein Versprechen ab. Schlicht soll die Leiche, einige Tage nach dem Selbstmord, mit seinem Kühltransporter abholen, und sie anschließend an einer bestimmten Stelle in Wien abliefern, wo die Leiche dann auftauen und von Passanten gefunden werden kann. Schlicht sagt zu. Als er aber einige Tage später die Leiche wie abgemacht aus dem Keller holen will, fehlt von ihr jede Spur.

Krimi-Aspekte

Etwa an dieser Stelle endete Ferdinand Schmalz´ Bachmann-Lesung. Im Roman baut er die Geschichte, die er bereits damals als Ausgangspunkt eines längeren Prosawerks betrachtete, weiter aus. Es folgt eine wirre Kriminalparodie, eine Suche nach der Leiche, die auf groteske und irrwitzige Weise durch die Wiener Gesellschaft führt. Wir werden mit Gestalten konfrontiert, die auf zuweilen absurder Weise für philosophische Gedankenspielchen herhalten müssen. Zentral geht es dabei um die Frage, wie das Sterben geht; wie wir Leben sollen in einer Welt, in der der Tod immer anwesend, immer gegenwärtig ist.

Ferdinand Schmalz hat mit "Mein Lieblingstier heißt Winter" einen Roman geschrieben, der eine hohe Pointen-Dichte aufweist, immer wieder auf parodistische Weise gegen das Österreichische schießt und dabei spüren lässt, dass der Autor ein gewisses Gespür für Dramaturgie besitzt. Zunächst verwirrend und auf Dauer dann anstrengend kann die doch sehr affektierte Syntax des Textes erscheinen:

"Und in ihm drinnen ein Denken, das wächst wie Eiskristalle bei jedem Schritt, den er jetzt tut. Und öffnet er die Tür zum kalten Herzstück dieses Raums. Darin nur nichts. Kein kalter Schauer. Nur kalte Luft, die ihm entgegenstürzt."

Gewissermaßen ist in diesem affektierten Erscheinen des Textes jedoch bereits angelegt, was der Roman dann auch inhaltlich wiederzugeben versucht: Das mondän Verzerrte, was selbst im Ableben noch Effekte sehen will. Es ist einfach ur-komisch, so über den Tod zu sprechen und zu schreiben.


Ferdinand Schmalz: "Mein Lieblingstier heißt Winter"; S. Fischer Verlag, 2021, 192 Seiten, 22 Euro

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