Longlist Deutscher Buchpreis 2021: Henning Ahrens - "Mitgift"

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In Henning Ahrens für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman "Mitgift" geht es um die Zerwürfnisse des 20. Jahrhunderts. Gezeigt werden diese am Beispiel einer ganz gewöhnlichen Bauernfamilie. Bild: Klett-Cotta

In dieser Serie stellen wir alle Romane vor, die auf der Longlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises stehen. Beginnen wollen wir mit Henning Ahrens Buch "Mitgift", in welchem es um die Zerwürfnisse und die Tyrannei des 20. Jahrhunderts geht.

In seinem Roman "Mitgift" erzählt Henning Ahrens von der Gewalt des Krieges. Eine Gewalt, die weit über die Kämpfe auf den Schlachtfeldern hinausgeht, und nicht in jenem Augenblick endet, wo die Waffen niedergelegt werden. Im Mittelpunkt des Buches steht der Großbauer Wilhelm Leeb, der als SA-Mann Karriere bei den Nazis machte und nun, als Kriegsheimkehrer, seine ideologische Überzeugung und innere Kälte gewaltvoll auf die eigene Familie, vor allem auf den ältesten Sohne, projiziert.

Furchtbare Vater-Sohn Beziehung

Dies ist der Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte, die der Verlag (Klett-Cotta) als epische Familiensaga ankündigt: Eine von Gewalt durchsetzte Vater-Sohn-Beziehung, die gewissermaßen den Zerwürfnissen des 20. Jahrhunderts zum Opfer fiel. Der Vater, ein Großbauer namens Henning Ahrens, war während des Zweiten Weltkriegs als "Landwirtschaftsführer" in der Ukraine stationiert. Er zog ohne Zwang in den Krieg, seinem ideologisch untermauerten Pflichtgefühl gehorchend, mehr oder weniger aus freien Stücken also. Als Landwirt hätte er ebensogut weiterhin seinen Hof bewirtschaften können.

Dieser Karrierewille, die Lust am Herrischen und an Befehlsstrukturen, wird sich im Laufe des Romans vor allem auf den ältesten Sohn, der ebenfalls Wilhelm heißt, auswirken. Frühzeitig schon, wird der Junge von seinem Vater herumgeschubst und schikaniert, als schwach und duckmäuserisch in die Ecke gestellt. Auch seine Ehefrau, Käthe Kruse, verachtet der SA-Mann offensichtlich und ausdrücklich.

Das Regime im eigenen Haus

Das brutale Verhältnis zwischen dem herrischen Vater und seinem sensiblen Sohn spitzt sich immer dramatischer zu. Vater Wilhelm kehrt nach Kriegsende - und nach vier quälenden Jahren in Gefangenschaft - auf seinen Hof zurück. Verhärteter noch als zuvor, von Pein und Erniedrigung zurecht geschlagen, wortkarg und tyrannisch, wie es viele NS-Heimkehrer auch nach Kriegsende waren, beginnt er sogleich damit, die eigene Familie zu kommandieren. Ordnung, Pflicht und Strenge stehen auf dem Plan! Als sein Sohn Wilhelm am Küchentisch Einspruch zu erheben versucht - "Wir haben gut gewirtschaftet, Vater" - unterbricht der Tyrann sogleich mit wütender Selbstverständlichkeit: "Ich bin nach all der Zeit nicht heimgekehrt, um mir Vorträge anzuhören, Wilhelm..."

Fazit

Henning Ahren zeichnet in seinem Roman "Mitgift" das Bild einer untergehenden Familie. Die historischen Umbrüchen, die Tyrannei des 20. Jahrhunderts werden hier am Beispiel einer gewöhnlichen Bauernfamilie aufgezeigt. "Mitgift" erinnert, besonders aufgrund der stark herausgearbeiteten Vater-Sohn Beziehung, stellenweise an Siegfried Lenz´ "Deutschstunde". Ein Roman, der spürbar macht, dass Kriege und Regime nicht mit deren Beendigung bzw. Sturz enden.


Henning Ahrens: "Mitgift"; Klett-Cotta, 2021, 352 Seiten, 22 Euro







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