Nena Schinks "Plädoyer für Freiheit" Nena ist NICHT grün

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Nena ist NICHT grün Nena ist NICHT grün Nena Schinks "Plädoyer für Freiheit" ist eine regelrechte Verstümmelung des Freiheitsbegriffes. Nicht weil sie nicht die Grünen wählen will, sondern weil sie Freiheit auf den Status quo begrenzt. Als Politikerin müsste sie sagen: "Ausbeutung wird es mit mir geben" Bild: FinanzBuch Verlag

Nena Schink ist Bestsellerautorin, Influencerin ihres eigenen Lebens und Privatschul-Absolventin. Mit Büchern wie "UNFOLLOW" oder "Pretty Happy" hat die 27-Jährige bewiesen, dass sie einen guten Blick für die Oberfläche hat. Ihr aktuelles Buch trägt den Titel "Ich bin nicht Grün", soll ein "Plädoyer für Freiheit" sein und evoziert zunächst einmal die Frage: "Na und?"

Nena ist nicht grün. Nena ist für Freiheit. Nena ist glücklich und ein bisschen genervt. Wenn Nena von Freiheit spricht, meint sie mit ziemlicher Sicherheit die Wahlfreiheit; ihr flammendes, aufbegehrendes "Ja" gilt den Fragen "iOS oder Android?", "Lake Taupo oder Santorin?"; "arm oder reich?"... Ja, Nena scheint von der Idee der Wahlfreiheit als die einzig wahre und richtige so sehr in den Griff genommen, dass sie annimmt, man müsse schlicht und ergreifend die richtige Wahl treffen um glücklich zu sein: reich statt arm wählen, gut statt böse, fesche Innenstadt statt ranziger Problembezirk. Zu jeder Gelegenheit ganz einfach die richtige Entscheidung treffen. Vorgeburtlich bereits. Als kraftvolles Beispiel geht Nena selbst voran; und wir alle können sehen wie gut das funktioniert hat: Privatschule, Influencerin, Bestseller-Autorin, zack!

Nicht grün aber grausam

Man muss Nena Schinks aktuelles Buch "Ich bin nicht grün" vor eben diesem Hintergrund besprechen, will man der neoliberalen Ideologie nicht den Freiheitsbegriff überlassen. Schink plädiert in einem Vorabdruck ihres Buches "Ich bin nicht grün" tatsächlich dafür, dass wir die sogenannte "soziale Schere" brauchen, also - weil systemimmanent - für die weitere Spaltung zwischen Arm und Reich. Von dieser ebenso inhumanen wie bequemen Position aus schießt sie gezielt gegen PolitikerInnen der Linken und der Grünen, stört sich an Formulierungen wie "schamloser Reichtum" (Robert Habek) und lehnt eine Reformierung des Harz-IV-Systems grundlegend ab (vielleicht als letzter Mensch auf der Welt, wer weiß).

Was hierbei vor allem auffällt, ist die erschreckende Utopielosigkeit mit der Schink argumentiert. Es scheint ihr nicht möglich (oder zu unbequem) zu sein, zu verstehen, dass der Begriff der Lohnarbeit früher oder später von dem Begriff der Arbeit getrennt werden muss, und dass es ausgerechnet ihre Besserverdienenden sind, die ihre Jobs stellen- und reihenweise verlieren werden, da sich der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei schlecht bezahlten Jobs schlicht nicht rentieren wird. Wo mehr Jobs wegfallen, mehr Menschen arbeitslos werden, will Frau Schink Sanktionen. Wenn also künftig der Versicherungsvertreter, von einer einfachen K.I. ersetzt, den Erzieher-Job ablehnt, wird Stütze gestrichen. Herrlich.

Heut mach ich mir Gedanken

Bequem argumentiert Schink vom Status Quo aus, getrieben von einem reaktionären leise hauchenden "immer weiter so" (Die unsichtbare Hand des Marktes?). In ihrer Vorstellung schieben junge Menschen mit großen Genuss überstünden, arbeiten hart und tummeln sich in Weiterbildungen, um sich endlich den entspannenden Urlaub mit den Freunden zu verdienen. Marx lässt grüßen.

Zusammengefasst besteht Nena Schinks Freiheit also darin, Mehrarbeit zu leisten (sich faktisch ausbeuten zu lassen) um überflüssigen Blödsinn zu kaufen und in den Urlaub zu fliegen. Man möchte mit Wolfgang Neuss antworten: "Heut' mach ich mir kein Abendbrot, heut' mach ich mir Gedanken".

Der Status quo

Dieser Status Quo ist hier so maßgebend, dass sich alle Forderungen und Träume Nenas, sollte man auch nur einen Augenblick lang an den guten alten Deutschen Arbeitsethos zweifeln, augenblicklich in Luft auflösen. Hier spricht eine Privilegierte, die sich aufgrund ihrer Privilegien darüber echauffieren kann, dass Privilegierte ständig auf ihre Privilegien reduziert werden. Das ist nicht nur falsch - ich könnte eine ganze Liste von privilegierten WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen aufzählen, bei denen nicht auf ihre Privilegien sonder auf ihr Werk geschaut wird - sondern, auch hier wieder, unendlich bequem. Eine denkfaule Ausrede. Ich meine, man muss ja nicht gleich Grün oder Links wählen, um wenigstens einen kurzen Blick in die Zukunft zu werfen.

Abgesehen davon ist es für die auf uns zukommenden Entwicklungen und die mit ihnen zwingend einhergehenden Veränderungen vollkommen unerheblich, ob wir eine Grün-Schwarze oder Schwarz-Blaue oder Rot-Rot-Grüne Regierung haben werden. Unbestreitbar ist, dass wir weltweit vor großen Umbrüchen stehen, so dass zukunftsgerichtetes Handeln notwendig ist. Es ist - und vielleicht ist dies die große Angst, die zu diesem unerheblichen Buch geführt hat - nicht so, das wir die Wahl hätten. "Ich bin nicht grün: Ein Plädoyer für Freiheit" jedenfalls, ist bereits jetzt antiquiert. So oder so.


"Nena Schink: Ich bin nicht grün: Ein Plädoyer für Freiheit"; FinanzBuch Verlag, 2021, 192 Seiten, 18 Euro



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