Der junge Räuber Hauke Rabauke duscht im flotten Adamskostüm unter einem eisigen Wasserfall, singt selbstgedichtete Lieder und träumt von der schönen Bäckerstochter Rosalie und dem Tortenwettbewerb, den er gewinnen will. Da dröhnt plötzlich eine laute Stimme durch den friedlichen Wald: Seine wirklich furchterregende Mutter, die jahrelang als Piratin unterwegs war, ist zurückgekehrt! Mit dem Kinderbuch „Hauke Rabauke: Der Backwettbewerb“ von Ines Gölß startet unsere fünfteilige Reihe mit Sommerferien-Buchtipps für Kinder – aus und über Österreich und Südtirol.
Rückkehr einer Räuberfrau
Den jungen Räuber Hauke, der sich in seinem bisherigen Leben als Romanfigur in einem ersten Band gut behaupten konnte, seinen Räuberjob (fast!) an den Nagel gehängt hat und inzwischen einem respektablen Beruf als Kuchenbäcker nachgeht, trifft fast der Schlag, als auf einmal seine Räubermutter wieder vor seiner Tür steht und lauthals Einlass in sein Haus und Leben fordert. In den letzten Jahren war sie eher als Rabenmutter aktiv, die in trauter Gemeinsamkeit mit ihrem geliebten Piratenkapitän auf den Weltmeeren mit Entern, Raufen und Plündern tagesfüllend beschäftigt war. Hauke hätte seine Mutter kaum wiedererkannt, denn sie ist einen ganzen Kopf größer als er und sieht eher aus wie ein wildes Mannsbild als wie eine Dame. Und der junge Räuber ist überhaupt nicht begeistert darüber, dass sie nun wieder bei ihm wohnen möchte!
Wie konnte der Sohn bloß Bäcker werden?
Doch seine mangelnde spontane Freude ist nichts im Vergleich zu dem Entsetzen, das seine Mutter packt, als sie merkt, was im Leben ihres einzigen Räubersohnes in den Jahren ihrer Abwesenheit so alles schiefgelaufen ist. Nicht nur, dass er den ehrenwerten Familienjob geschmissen hat und als "ganz gewöhnlicher" Bäcker arbeitet. Nein, als Mitbewohner im Räuberhaus muss sie auch noch einen pensionierten Kommissar entdecken. Völlig aus der Reihe geschlagen, das arme Kind! Aber nun will sich die Räubermutter mit geballter Kraft dafür einsetzen, dass sich das Leben ihres Kindes doch noch richtig entwickelt. Diese Mutter mit dem Namen Hildemut erklärt die Erziehung ihres merkwürdigen Sohnes zum ordentlichen Räuber zur Chef(-in!)sache.
Gesucht: das ultimative Tortenrezept!
Ein Anliegen, dass Hauke überhaupt nicht gefällt, denn er hat längst eigene Pläne und ein ganz klares Ziel vor Augen. Er will den lokalen Backwettbewerb gewinnen, bei dem er für die Bäckerei Leckerschleck antritt, die dem Vater von Rosalie gehört. Denn als Gewinner darf er die schöne Bäckerstochter, in die er seit Jahren verliebt ist, endlich heiraten. Nur eins fehlt ihm noch zu seinem Glück, und das ist nicht etwa seine treulose, rauflustige Räubermutter, sondern ein Rezept für die Gewinnertorte.
Eine extrem gefräßige Mutter
Doch vor Haukes hehrem Ziel türmen sich nun völlig unerwartete Hürden auf: Als Hauke nachts wie gewohnt seine Kuchen für die Bäckerei zubereitet, lockt der Geruch seine gefräßige Mutter an, die sogleich alle 36 Kuchen verschlingt und gerne mehr davon hätte. Hauke muss seine wilde Mutter als Lehrling einsetzen, um die versprochenen Backwaren pünktlich liefern zu können.
Das Treffen der Giganten
Zu seinem Verdruss begleitet ihn seine Frau Mutter am nächsten Morgen, weil sie dem strengen Bäckermeister ordentlich die Leviten lesen will. Hauke, der Rabauke, hat keine Ahnung, wie er dieses Aufeinandertreffen der Giganten verhindern soll, doch die Angelegenheit läuft sowieso komplett aus dem Ruder, denn: Der brave Bäckersmann verliebt sich auf der Stelle in die ungewöhnliche Räuberfrau. Komplikationen über Komplikationen! Doch Hauke kämpft eisern weiter dafür, dass seine Lebensträume wahr werden - auch als seine Mutter überall steckbrieflich gesucht wird....
Uriges Buch-Kleinod
Ines Gölß ist mit diesem zweiten Buch über ihre liebenswerte Räuberfigur Hauke Rabauke ein durch und durch stimmiges erzählerisches Kleinod geglückt. Die gesamte Story, urige Romanfiguren, ein spannender Erzählstil, viele lustige Ideen sowie jede Menge Wortwitz sorgen bei den Kindern ab 8 Jahren für viel Spaß beim Selberlesen.
Angriff auf Klischees
Gelungen ist in diesem Buch auch das Spiel mit Vorurteilen, Klischees und sozialen Rollenbildern: Denn hier ist die gute Hildemut die Wilde, während die Männer sich zum Kaffeeklatsch treffen und brav das Mittagessen kochen, dass die Räuberfrau dann schmatzend und ohne Dankesbekundungen umgehend verschlingt. Lustig parodiert wird hier auch der Erziehungsansatz, Kinder in bestimmte Bahnen zu lenken, die den elterlichen Vorstellungen entsprechen.
Fazit: Eine wunderbare Schmunzel-Räuberpistole, die zum Selberlesen gedacht ist, jedoch auch beim Vorlesen für großes Lesevergnügen bei Groß und Klein sorgen wird! Die vorgelesene Geschichte sowie das herrliche Rezept für die einzig wahren Räuberkuchen dürften auch schon gestandenen Fünfjährigen gefallen. Räuber-Ehrenwort! 😎
Die Autorin
Die in der Oberpfalz geborene Autorin Ines Gölß hat auch diese zweite „Held-Räuber-Geschichte“ nicht nur geschrieben, sondern zugleich mit vielen lustigen Zeichnungen selber illustriert. Denn wer weiß schon besser, wie die Figuren aussehen sollen als die Schriftstellerin persönlich!. Ines Gölß lebt mit ihrem Mann, fünf Kindern, einem Hund und fünf Hühnern in Waldvierteil in Österreich. „Jeder ist richtig so wie er ist“ ist der Grundgedanke all ihrer Kinderbücher.
Ines Gölß: Hauke Rabauke – Der Backwettbewerb, erschienen 2021 im Kelebek Verlag, empfohlen für Kinder ab 8-12 Jahren, 120 Seiten, 8,90 Euro (Taschenbuch)
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Ein Interview mit der Schriftstellerin findet Ihr unter dem Link: /Wo-Einhorn-und-Rauber-sich-treffen/