Der Politiker und Jurist Jürgen Todenhöfer wird nicht müde. Viele Jahre reiste er durch Afghanistan, Irak, Jemen und Syrien, wurde Zeuge von mehr als zehn Kriegen, verarbeitete seine Erfahrungen in Büchern und schrieb damit Bestseller. Im vergangenen Jahr trat er, nach 50 Jahren Mitgliedschaft, aus der CDU aus und gründete eine eigene Partei. In seinem neuen, selbst herausgegebenen Buch „Der Aufstand des Anstands“ positioniert sich das „Team Todenhöfer“.
„Der Aufstand des Anstands“ - Bereits der Titel dieses Buches macht deutlich, dass das - aus Sicht des Autors - gesellschaftlich Notwendige längst innerhalb der Gesellschaft vorhanden ist. Es schlummert eben nur, und muss wachgerufen werden. Jürgen Todenhöfer, Politiker, Jurist und Autor, hatte im vergangenen Jahr einen solchen Weckruf gestartet. Zu seinem achtzigsten Geburtstag verließ er die CDU und gründete eine eigene Partei. Das „Team Todenhöfer“ setzt sich unter anderem für ein Ende der Auslandseinsätze der Bundeswehr ein und fordert den Stopp von Waffenexporten. In „Der Aufstand des Anstands“ verdeutlicht Todenhöfer seine Ziele und Ideale noch einmal nachdrücklich. Insbesondere der erste Teil des Buches zeigt die politischen Ziele der Partei auf.
Was wir wollten ...
Die besagten Ziele sind dabei klar und nachvollziehbar, schweben sie uns doch im Grunde seit Jahrzehnten bereits vor Augen. Nur umgesetzt haben wir sie eher inkonsequent. Es sind Grundversprechen wie Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, und Zivilisation. Nun ist es nicht so, dass uns diese Ideale fremd wären. Wir gehen ja mit ihnen um, hören sie immer wieder, benutzen sie um unsere Ziele zu erreichen. „In den meisten Teilen der Welt“, so Todenhöfer in einem Interview mit Buchreport, „haben wir sie als Waffe zur brutalen Bekämpfung anderer Kulturen missbraucht.“
Todenhöfers hier dargestellter Plan für ein besseres Deutschland ist ein radikal humanistischer, der, wie im zweiten Teil des Buches deutlich wird, nicht nur auf seine Erfahrungen in Politik und Wirtschaft gründet. Es sind auch die Reisen rund um den Globus, die Begegnungen mit anderen Kulturen und der Blick in die grässliche Grimasse des Krieges, die diesen Aufruf zum Aufstand formen. Es sind dieselben Erfahrungen, die Todenhöfer auch dazu trieben, selbst finanzierte Hilfsprojekten ins Leben zu rufen, die sich an vereinsamte alte Menschen, unheilbar Kranke und kriegsversehrte Kinder richten. So hat er nach eigenen Angaben einen Großteil seines Vermögens verschenkt, um Waisenhäuser und Prothesen bauen zu lassen.
Gegen Ende blickt Todenhöfer – wohl etwas strategisch - auf die bisherigen Fehler in seinem Leben. Dabei geht es weniger um Schuld und Reue als darum, die Verfehlungen selbst als Momente innerhalb eines Lernprozesses zu verstehen, das Leben als Übung hin zum Besseren. Dieser letzte Teil des Buches ist wohl der entscheidende Clou, zeigt er doch, dass Revolutionen nicht unbedingt gelingen, durchaus aber passieren müssen, und das es keinen Fortschritt gibt, der nicht auch das Scheitern mit einschließen.
Jürgen Todenhöfer, „Der Aufstand des Anstands: Mein Plan für Deutschland“; Books on Demand, 2021, 156 Seiten, 9,99 Euro