Yvonne Kuschel Übermannt

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Ich kam spät, aber das war nichts Ungewöhnliches, ich mag es, in letzter Minute zu kommen. Der Raum war gut gefüllt mit Menschen, alle standen herum, die Hände in den Jackentaschen vergraben. Natürlich standen sie! Was denn sonst, im Steh-Kino! Das Licht war gedämpft, so als könnte hier gleich eine Party stattfinden, aber dafür fehlten die üblichen Stehtische und auch die musikalische Untermalung.

Kein Frühling in Sicht? Auf der Fensterbank fühlen sich nicht nur Blumentöpfe wohl. Illustration © Yvonne Kuschel

Unter den Anwesenden erkannte ich einen früheren Kollegen, er mich im selben Augenblick auch. Fast sprang er mich an, kam ganz nah, was sonst (mir gegenüber) nicht seine Art war, und erzählte, wie glücklich ich ihn mit dem Geschenk der beiden Pflanzen gemacht hätte... Dass er jetzt versteht, wovon ich damals sprach, als ich behauptete, Fensterbankgärtnern mache mich glücklich... fast süchtig. Er schien einen Moment lang wie aufgelöst zu sein und ich dachte, in diesem Augenblick könnte ich ihm sicher irgendeine Versicherung verkaufen, oder eine Religion.

Doch dann ging das Licht aus, der Film begann und der Mann verschwand.

Am nächsten Tag war ich im Gartencenter und da war er wieder! Tat aber, als würde er mich dieses mal gar nicht sehen und verschwand schnell hinter einem mit Gummibäumen vollgestellten Tisch. Als würde er sich schämen, seines gestrigen Gefühlsausbruches wegen.

Kaum zehn Minuten später sah ich ihn vor einem Regal voller filigraner zartgrüner Pflänzchen knien. Aus der Entfernung konnte ich nicht erkennen, was für welche es waren, die ihm so anbetungswürdig erschienen. Von Oleanderbüschen halb verdeckt, beobachtete ich wie er drei davon vorsichtig in seinen Wagen stellte. Als er weiter gegangen war, pirschte ich mich neugierig an das Regal heran. Was ich sah, berührte mein Gärtnerinnenherz tief: Tränende Herzen standen da, in weiß, zart rosa und pink. Hatte er vor, einen Garten anzulegen?

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