Der gute Tardy macht seinem Namen alle Ehre! Mit der für ihn seit jeher üblichen Verspätung erscheint der noch nicht einmal 100jährige Teenie-Geist zum Bewerbungsgespräch. Dabei geht es um ein Vorstellungsgespräch der Extraklasse: Die drei weltbekannten Weihnachtsgeister aus dem Charles-Dickens-Klassiker haben die Nase voll vom Sünder-Bekehrern und wollen endlich in Rente gehen. Das ist zumindest der grundsätzliche Plan in dem neu erschienenen Roman von Haike Hausdorf „Die Geiser der Weihnacht gehen in Rente“. Doch auch bei Geistern kommt oft alles ganz anders, als sie denken!
Die Weihnachts-Geister sind sich einig: Die Noch-Sterblichen kann „geist“ (anstelle von „man“!) unmöglich sich selbst überlassen. Daher mustern die drei renommierten Unsterblichen jetzt mit Argusaugen die zehn jugendlichen Geister, die sich um ihre Jobs bewerben. Und ob die neuen Gespenster Tardy, Pretty, Trouble oder Grumble heißen: Der Name ist bei jedem Programm. Nomen est omen („der Name ist ein Zeichen“) – wie die römischen Geister sagen würden. 😊
Die Bewerbung wird mit einer großen Vorstellungsrunde eröffnet: Da viele Anwärter versuchen, sich im besten Licht zu präsentieren, entflammen umgehend Rivalitätskämpfe zwischen den Unsterblichen, die auch in ihrem vergeistigten Zustand über ein Super-Ego verfügen. Andere, wie der schüchterne weibliche Geist Shy würden sich lieber gar nicht vorstellen.
Ein besonders schläfriger Geist
Der pummelige Tardy ist nur aus einem Grund mit von der Partie: Seine Mutter ist genervt davon, dass er ständig mehr oder weniger schlafend auf dem häuslichen Dachboden herumhängt. Und so passiert ihm gleich der nächste Fauxpas: Mitten im Bewerbungsgespräch döst er ein und fliegt träumend in dem Kellerraum des Towers herum, in dem die konspirative Sitzung stattfindet. Die drei Geister der Weihnacht sind „not amused“.🙃
Da keiner der Kandidaten auf den ersten Blick überzeugen kann, beschließen die drei Alt-Geister eine Probezeit, in der sie der quirligen Neu-Geister-Bande einmal ein wenig auf die verbliebenen Zähne fühlen wollen. Die Zehnerbande wird aufgeteilt und den drei kampferprobten Ausbildern zugewiesen. Unter Anleitung sollen die Neuen in der Vorweihnachtszeit versuchen, ein paar besonders fehlgeleitete Sterbliche zur Einsicht zu bekehren.
Die neue Geisterschar im Einsatz
Familie Müller etwa ist ein erstes Einsatzgebiet für einen der neugebildeten Geisterkampftrupps: Bei den Müllers hängt der Haussegen mächtig schief, da die 17jährige Tochter des Hauses ein uneheliches Kind erwartet und der erboste Vater sie zu einer Abtreibung zwingen will. Doch das einst so gehorsame Töchterchen ist strikt dagegen. Der Familiendespot ist der erste Fall für den schläfrigen Tardy, den notorischen Dauer-Nörgler Grumble und den schottischen Kilt-Träger-Geist Proud. Der Einsatz der Neuen ist jedoch von keinem besonderen Erfolg gekrönt: Das aufgeschreckte Familienoberhaupt will aufgrund der nächtlichen Ruhestörung die Polizei rufen und der Vortrag des grummelnden Grumble über die Probleme der Überbevölkerung verhilft dieser nächtlichen Episode natürlich erst Recht nicht zum gewünschten Ergebnis!
Auch das mobile Geisterkommando, das ausgesandt wurde, den englischen Premierminister zu bekehren, muss unverrichteter Dinge wieder abziehen: Der Regierungschef entpuppt sich - auch bei weiteren Besuchen - als beratungsresistenter Workoholic, den man nachts eher am Schreibtisch anstatt im Bett erwischt.
Geister-Ausbildung mit List und System
Die drei gestandenen Weihnachtsgeister ziehen sich dezent gefrustet zu einer weiteren Beratungsrunde zurück, denn mit diesen Azubi-Gespenstern ist noch kein sterblicher Sturkopf zu bekehren. Die listigen Altgeister stellen die Teams neu auf, damit sich die Anwärter durch ihre unterschiedlichen Eigenarten erstmal gegenseitig therapieren können: So bekommt die verhuschte Shy die stets kampfbereite Großstatt-Amazone mit der Punkfrisur zur Seite gestellt, die sich stolz Stubborn nennt. In der Hoffnung, dass sich diese beiden Damen gegenseitig neutralisieren!🙃
Es folgen chaotischeTage mit den völlig unterschiedlichen Weihnachts-Geist-Anwärtern, in denen diese versuchen müssen, sich ihren persönlichen, lange gepflegten Geister-Problemen zu stellen, um später erfolgreich die irregeleiteten Sterblichen wieder auf den richtigen Kurs bringen zu können. Und zur Zeit der Wintersonnenwende kommt für die Lehrlings-Gespenster die alles entscheidende Bewerbungsrunde: Welche drei Kandidaten sollen die drei renommierten Weihnachtsgeister in Zukunft ersetzen? Während die bestens gelaunten drei Alt-Gespenster ihren ersten freien Tag nach mehr als 170 Jahren mit einer Fahrt auf dem Londoner Riesenrad der Superlative feiern wollen, schlägt für die Jung-Geister der Tag der Entscheidung...
Klassiker in spe
Haike Hausdorf hat mit dieser Fortsetzung der weltbekannten Weihnachtsgeschichte einen Roman geschrieben, der das Zeug zum Hit der diesjährigen Weihnacht und zum Klassiker in spe hat. Ihre zehnköpfige Azubi-Geisterschar, bei der jeder seine ganz speziellen Eigenarten hat, erobert das Herz der Leser - auch der notorisch Fehlgeleiteten unter uns Sterblichen. Denn die Autorin Haike Hausdorf erschuf uns Geister, die begeistern! Und eine Geschichte, die eine neue turbulente Spezial-Mischung aus Spaß und Phantasie darstellt, die jetzt unter dem Genre-Namen „Funtasy“ läuft.
Die klassisch prägnante Dreiteilung mit den drei Läuterungsschritten durch den Geist der vergangen, gegenwärtigen und zukünftigen Weihnacht aus dem Dickens-Klassiker wird hier abgeändert: Die Geister selbst bekommen in der Geschichte von Haike Hausdorf Raum zur Entfaltung und die Notwendigkeit der Weihnachtsgeister wird gleich am Beispiel vieler neumodischer Sünder demonstriert, die ihre Mitmenschen mit den Waffen der modernen Welt terrorisieren.
Unbedingt lesen!
Heike Hausdorfs neue Weihnachtsgeschichte überzeugt durch eine sympathische Protagonisten-Schar sowie durch den übersprudelnden Einfallsreichtum und den ständig präsenten Wortwitz der Autorin.
Fazit: Es gibt einen Roman, den sie in dieser Weihnachtszeit unbedingt lesen sollten: diesen! Und den vor über 100 Jahren geschriebenen ersten Teil „Eine Weihnachtsgeschichte“ von Charles Dickens gerne gleich ein weiteres Mal dazu!
Die Autorin
Die 1973 im westfälischen Münster geborene Schriftstellerin Haike Hausdorf stellen wir Ihnen hier im Lesering in Kürze mit einem Interview vor.
Haike Hausdorf: Die Geister der Weihnacht gehen in Rente, erschienen im November 2020 im Ashera Verlag, empfohlen für Jugendliche ab 14 Jahren, 276 Seiten, 12,90 Euro