Der Philosoph und Publizist Richard David Precht hat sich im Bezug auf die Corona-Regelungen und dem derzeitig herrschenden Ausstiegs-Chaos zu Wort gemeldet. In einem Gespräch mit der "Rheinischen Post" verweist er ein weiteres Mal auf den Klimawandel, dessen Folgen unsere jetzigen Probleme - sollten wir nicht schnell handeln - bei weitem übertreffen werden.
Lange Zeit war es still um Deutschlands wohl bekanntesten öffentlichen Intellektuellen. Jetzt sprach der Philosoph Richard David Precht mit der Rheinischen Post über die uns gegenwärtig umtreibende Corona-Krise. Wer Precht kennt, dürfte von dem Ausgang des Gespräches wenig überrascht sein. Der Philosoph übte scharfe Kritik an die Umsetzung der Corona-Maßnahmen, die ihm "im gegenwärtigen Zeitpunk zu weit gehen". Natürlich sei der "Akt der Solidarität gegenüber älteren und schwächeren Menschen der Gesellschaft" zu begrüßen, nur dürfe daraus nicht folgen, dass wir künftig bei jeder drohenden Gefahr mal eben die "Freiheitsrechte beschränken und drastische Maßnahmen einführen" Dieser Eingriff in die Grundrechte müsse eine "radikale Ausnahme" bleiben, so Precht. Zudem dränge sich der "Eindruck eines chaotischen Ausstiegs" auf.
"Niedliche" Maßnahmen
Schnell wird klar: Es geht Precht nicht so sehr um die Ausstiegs-Diskussion, die derzeit im Land wütet und sowohl Beführworter als auch Gegner hervorbringt. Vielmehr bezieht er sich auf die Probleme, die kommen werden, sollten wir nicht schleunigst damit beginnen, den Klimawandel zentral in den Blick zu nehmen. Denn die damit einhergehenden Herausforderungen seien wesentlich größer als die, die uns Corona beschert.
"Ich möchte mir nicht ausmalen, was passiert, wenn sich Hunderte Millionen Flüchtlinge wegen Hitze- und Dürreperioden in ihren Ländern auf den Weg machten, wenn Millionenstädte von Überflutung bedroht sind, wenn Tropenkrankheiten nach Deutschland kommen und die globale Wirtschaft völlig einbricht."
Er projiziert das Bild, welches sich jetzt gegenwärtig innerhalb der Gesellschaft auftut, auf die Zukunft. Welche Maßnahmen stehen uns bevor, wenn jetzt schon, in der vergleichsweise harmlosen Corona-Krise, so rigoros gehandelt wurde? Die jetzigen Maßnahmen seien "niedlich gegen das, was die Politik uns in wenigen Jahrzehnten vorschreiben und zumuten wird", so der Philosoph.
Online-Abgaben für Internet-Giganten
Zudem fordert Precht eine höhere Besteuerung von Internet-Unternehmen wie Amazon oder Google, die als die wenigen Profiteure aus dieser Krise herausgehen, während die Einzelhandel-Landschaft eine Dürre droht. Diese Internet-Giganten sollten künftig mehr Steuern zahlen als andere Unternehmen, fordert Precht. "Deshalb fordere ich, dass sie mit einem höheren Mehrwertsteuersatz bedacht werden - einer Online-Abgabe, die ab einer bestimmten Umsatzgröße fällig wird."
Richard David Precht
zählt zu den führenden Intellektuellen im deutschsprachigen Bereich. Er ist mehrfacher Bestseller-Autor. Bekannt wurde er mit seiner philosophischen Einführung "Wer bin ich und wenn ja wie viele". In seinem Buch "Jäger, Hirten, Kritiker: Eine Utopie für die digitale Gesellschaft" entwirft er das Bild einer wünschenswerten Zukunft im Digital-Zeitalter, und geht dabei sowohl auf die drohenden Gefahren wie Massenarbeitlosigkeit, Klimawandel und der Diktatur der Digitalkonzerne, als auch auf Lösungsvorschläge und gesellschaftliche Variationen ein.